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Ausstattung in deutschen Schulen500 Millionen für Laptops und PCs

Union und SPD wollen viel Geld für die Anschaffung von Hardware für Lehrer:innen investieren. Das ist für den Unterricht in Coronazeiten bitter nötig.

Zumindest die Kabel sind schon da: Eine Grundschule in Sachsen Foto: Daniel Schäfer/imago

Berlin taz | Bundesweit sollen 800.000 Lehrer:innen künftig auf Dienstcomputer und -laptops zurückgreifen können. Eine entsprechende digitale Bildungsoffensive hat der Koalitionsausschuss in der Nacht zu Mittwoch beschlossen. Insgesamt will die Große Koalition dafür 500 Mil­lio­nen Euro ausgeben, die freilich nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern von der EU aus deren Coronafonds fließen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU), die den Beschluss am Mittwoch vorstellte, verwies darauf, dass die Regierung nun insgesamt 6,5 Milliarden Euro für die Digitalisierung der Schulen bereitstelle, und kündigte an: „Wir werden das Tempo bei der Digitalisierung anziehen.“

Das ist auch nötig. Bis zur pandemiebedingten flächendeckenden Schließung von Schulen bummelte Deutschland bei der Digitalisierung anderen Ländern hinterher. 2018 arbeitete hierzulande nur jede sechste Schüler:in im Unterricht mit digitalen Geräten – in Dänemark waren es zu diesem Zeitpunkt schon über 90 Prozent.

Die Schließung der Schulen und der daraufhin einsetzende Fernunterricht wirkten dann wie ein Beschleuniger und brachten auch die Politik in Bewegung. Im Juli unterzeichnete Karliczek eine Vereinbarung mit den Ländern über ebenfalls 500 Millionen Euro, mit denen Schulen in großem Umfang Laptops anschaffen und sie Schüler:innen zum Verleih anbieten können. Nun kommen also die Lehrer:innen dran. Weil das Geld aus dem EU-Haushalt stammt, muss diesmal aber Brüssel eingebunden werden.

„Es war überfällig, dass Lehrer:innen endlich geeignete Arbeitsmittel bekommen“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Margit Stumpp, der taz. Allerdings sei es damit nicht getan. „Digitalisierung braucht Ressourcen über die Hardware hinaus.“ Sie fordert, dass Lehrkräfte auch entlastet werden müssten, um Zeit zu haben, sich das für einen digitalen Unterricht notwendige technische und pädagogische Wissen anzueignen. Im Moment sei das noch nicht in den Arbeitszeiten verankert.

Kein Personal für Wartung und Infrastruktur

Der Beschluss sei überfällig gewesen, meint auch die bildungspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Birke Bull-Bischoff. Das sei allerdings weniger das Verdienst der Bildungsministerin oder der Koalition. „Jeder Schritt in puncto digitalen Lernens und Bildungsgerechtigkeit muss ihnen abgerungen werden.“

Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Katja Suding hält die geplanten Maßnahmen für die Digitalisierung des Unterrichts für unerlässlich. Nun müsse die Bundesbildungsministerin „auch endlich die bürokratischen Hürden im Digitalpakt abbauen und dafür sorgen, dass die Milliarden endlich bei den Schulen ankommen.“

Das Geld aus dem milliardenschweren Digitalpakt, den Bund und Länder bereits im letzten Jahr geschlossen haben, läuft zäh ab. Ein Grund dafür ist, dass jede Schule, zuvor ein sogenanntens Medienentwicklungskonzept vorlegen muss. Das muss aber erst mal jemand schreiben. Zudem beantragen nicht die Schulen selbst Geld, sondern die Schulträger, also zumeist die Kommunen. Auch in den Gemeindestuben ist Personal knapp.

Die SPD dringt zudem seit Längerem darauf, dass die Schulen auch Personal für die Wartung der Geräte und der Infrastruktur erhalten. Von solchen Systemadministratoren ist in den Beschlüssen des Koalitionsausschusses jedoch nicht die Rede.

Als weiteren Baustein der Digitalisierungsoffensive einigte sich die Groko auf eine bundesweite Bildungsplattform. Auf dieser sollen nicht nur Lerninhalte, sondern auch Prüfungsnachweise abrufbar sein. Und das natürlich sicher und kompatibel mit allen bereits existierenden Lernplattformen. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) lobt das Vorhaben, jedoch mit gedämpfter Euphorie: Die Entwicklung der Plattform sei technisch ein enorm anspruchsvolles Projekt, das zudem kein Einfallstor für Microsoft oder Apple an Schulen werden dürfe, so die Gewerkschaft.

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11 Kommentare

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  • Klar, dass die Laptops alle mit Windows10 und nicht mit Linux Mint ausgestattet werden - denn das würde ja weniegr zum BIP beitragen.

  • Hmm, in föderalistischer Umgebung viele tausende Laptops virenfrei halten, Sicherheitsupdates installieren, Pornofilter, Datenschutz, Datenverkehr verschlüsseln, Phishing-sicher machen, regelmässige Awareness-Trainings, etc. etc. Nach drei Jahren sind die Geräte veraltet Vielleicht auch noch nebenbei zum privaten Gebrauch? Ein Sicherheitsalbtraum. Da braucht es Professionals und die sind nicht billig. Die Guten wollen nicht für eine Behörde arbeiten, die weniger Guten schaufeln ein finanzielles Millionengrab, externe Dienstleister finden attraktivere Kunden. 90% Fail-Prognose, 10 Jahre zu spät. Leider.

    • @Expat:

      Dazu kommt ja auch noch, förderales System, das wird also von 16 unterschiedlichen Kultusministerien gemacht, die sich schon aus Tradition nicht auf einen Standard einigen, wahrscheinlich werden auch verschiedene Systeme nicht miteinander kompatibel sein.

      Polizei 2020 ist auch so ein Projekt, da wären die meisten Leute in der Privatwirtschaft schon vor Jahren gefeuert worden, wenn es so laufen würde wie da.

      www.heise.de/newst...-2030-4504042.html

      Das ist Inkompetenz auf so hohem Niveau, unfassbar.

  • 1G
    15888 (Profil gelöscht)

    Ist das nicht ein ökologischer Wahnsinn? Es hat doch bestimmt schon praktisch jeder Lehrer einen Computer oder Laptop (der bei beruflicher Nutzung ja bestimmt auch steuerlich abgesetzt werden kann). Wenn jetzt jedem Lehrer nochmal ein Laptop gekauft wird, haben am Ende alle zwei. Wie kann man das ökologisch rechtfertigen? Die ausufernde Produktion von Elektronikartikeln ist genauso ein Teil unserer weltweiten Umweltprobleme wie die exzessive Nutzung von Energie.

  • Hallo zusammen,



    in einem Punkt sehe ich die Förderung übers Ziel hinaus schiessen.



    Ich bin selber Lehrer und habe nicht ansatzweise Not, mich mit PC oder Laptop zu versorgen.



    Zudem steht zu befürchten, dass bei Bereitstellung von LehrerInnenlaptops Dienstgeschäfte nur über diese Abgewickelt werden dürfen - um Datenschutz einfach gewährleisten zu können.



    Für mich kann das Geld besser in Schulausstattung investiert werden. Beamer, Rechner, interaktive Whiteboards, Wlan...

    Schönen Gruß,

    • @JonasJonasII Ruwwe:

      Ich hatte mal einen Lehrer der fachlich wohl recht gut war und seine Materie liebte, aber war einfach nicht in der Lage sein Wissen in einer für Siebtklässler verständlichen Weise zu vermitteln und es interessierte ihn auch nicht. Der Notendurchschnitt der ganzen Klasse sackte in dem Fach gegenüber dem Vorjahr heftig ab.



      Und ich hatte einen anderen Lehrer der einen beachtlichen Ehrgeiz hatte, dass es auch noch der*die letzte Begriffstutzige von uns verstand und zudem ein enormes Talent komplizierte Dinge einfach erklären zu können. Kein*e einzige*r von uns fiel durch die Prüfung.



      Der erste hätte es auch mit interaktivem Whiteboard nicht gekonnt, der zweite brauchte es nicht. Die wichtigste "Schulausstattung" sind immer noch die Lehrer*innen, dort sollte man investieren.

      • @Ingo Bernable:

        Dem kann ich nur voll zustimmen! LehrerInnen haben den größten Einfluss auf die Unterrichtsqualität. Danach kommt lange garnichts.

        Wenn aber zweckgebundene Gelder wie etwa die aus dem Digitalpakt eingesetzt werden sollen, dann werden davon keine Stellen geschaffen. Aber sie sollten wenigstens nicht beim Lehrer daheim, sondern in der Schule eingesetzt werden. Finde ich.

  • "Von solchen Systemadministratoren ist in den Beschlüssen des Koalitionsausschusses jedoch nicht die Rede."

    Ohne die und noch einige weitere Punkte, ist das zum scheitern verurteilt und man investiert praktisch in Elektroschrott.

    • @Sven Günther:

      Ich wollte genau diesbzgl. soeben einen Kommentar schreiben. Sie haben mehr als Recht! Mit Verteilung von Laptops an Lehrer und Schüler sowie der Installation von ein paar Smartboards an den Klassenzimmer-Wänden ist wahrlich noch lange nicht alles "geregelt"! Unterm Strich sind die 500 Mio. ein Oberwitz! Ich muss aber "Ingo Bernable" weiter unter widersprechen. Eine "digitale" Fort-/Weiterbildung - speziell älterer Lehrkräfte - ist dringend notwendig. Das gleiche betrifft allerdings auch viele ältere Mitarbeiter in Firmen und Betrieben, für die webex, zoom und skype in der "Homeoffice-corona-Zeit" absolutes Neuland bedeuten...

      • @DerGermane:

        Es gibt hierzulande über 750.000 Lehrkräfte, wollen sie denen ernsthaft allen steuerfinanzierte Weiterbildungen zu Fragen wie "Wie bediene ich Skype?" angedeihen lassen? Das ist erstens ein relativ triviales Tool und auch von einer schon etwas älteren Lehrkraft würde ich erwaten sich so etwas in Eigenregie aneignen zu können wenn es nötig ist. Zweitens ist das derzeitig Homeschooling ein pandemiebdingter Ausnahmezustand, der in einigen Monaten wider obsolet geworden sein wird. Ein Ausnahmezustand sollte aber nicht der Maßstab sein an dem man das gesamte System ausrichtet.

    • @Sven Günther:

      Genau davon würde ich auch ausgehen. Wenn man, was sehr knapp bemessen sein dürfte, davon ausgeht, dass es je Schule einen Admin braucht, würden sich allein schon die Personalkosten für diese auf knapp 2 Mrd. jährlich belaufen, ganz abgesehen mal davon, dass die auf dem Arbeitsmarkt gar nicht in der benötigten Menge verfügbar sind. Und die Milliarden die man jetzt in Hardware investiert fallen in spätestens fünf Jahren wieder an wenn auch die letzten Geräte die den Schulalltag bis dahin überdauert haben technisch veraltet sind.



      Ich bin wirklich IT-affin, halte die "Digitalisierung" der Schulen und die Idee, dass Lernen nur noch mit Laptop möglich sei für einen ziemlichen Holzweg. Die tatsächlichen Vorteile gegenüber anderen - und ja, auch analogen - Medien sind marginal, die Kosten und Probleme die damit verbunden sind aber immens. Das Ganze wird ein Fehlschlag mit Ansage und spätestens ein paar Monate nachdem die Geräte verteilt sind wird darüber lammentiert werden, dass nichts (mehr) läuft und dass das vom deutschen Bildungssystem ja auch nicht anders zu erwarten sei, dabei war eben schon die Zielsetzung falsch und unrealistisch.



      Das Geld wäre in mehr und besser ausgebildeten Lehrkräften besser angelegt.