Kinder hungern wegen Corona: Menschenunrecht
Wenn die Wirtschaft in ärmeren Ländern wegen der Corona-Pandemie einbricht, leiden Kinder am meisten. Dabei könnte man ihnen leicht helfen.
Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf Foto: Andreas Arnold/dpa
An Corona sterben vor allem ältere Menschen, heißt es. Doch das ist falsch: Die Opfer der indirekten Folgen der Pandemie sind vor allem Kinder. Würden sie ebenso gezählt und in täglichen Statistiken dauerpubliziert werden wie die an Covid-19 Verstorbenen, die Industrieländer würden auf die Pandemie anders reagieren. Sie würden ihre Hilfspakete anders schnüren, wir alle würden unser Aufregungsbudget anders einteilen.
Das Problem kurz umrissen: Wenn die Wirtschaft einbricht, fehlt es armen Menschen in Entwicklungsländern schnell am Lebensnotwendigen. Hinzu kommen die Einschränkungen der Pandemie, Ärzte sind nicht mehr vor Ort, Impfprogramme gegen Masern, Hepatitis, Typhus und andere Krankheiten bleiben aus. In Entwicklungsländern leben besonders viele junge, mangelernährte Menschen, für sie ist nicht Covid-19 eine tödliche Gefahr, sondern Durchfall. Wie viele indirekte Opfer die Pandemie fordern wird? Die Hochrechnungen schwanken. Mindestens 111.000 Kinder, es könnten auch viel mehr sein. Hinzu kommen die, die wegen Mangelernährung in der kommenden Zeit ihr Leben lang gezeichnet sein werden.
Es ist noch nicht einmal platt, zur EU zu sagen: Für eure Wirtschaft habt ihr Billionen – und die Armen lasst ihr sterben. Deutschland hat drei Milliarden Euro für Entwicklungsländer eingeplant, IWF und G20 ein Schuldenmoratorium für arme Länder – das war es dann. Geradezu lächerlich im Vergleich zu dem Leid, das dort droht; eine Schande. Mit Geld allein ist es ohnehin nicht getan: In den Ländern fehlt es an medizinischer Schutzausrüstung, an Personal, Logistik.
Die Entwicklungsagentur UNDP schlug kürzlich vor, ein temporäres Grundeinkommen für 2,7 Milliarden Menschen einzuführen. Kostenpunkt wären 170 Milliarden Euro im Monat. Die würden unmittelbar in den Konsum fließen und die Weltwirtschaft ankurbeln: Es gibt absolut keinen Grund, nicht mal einen ökonomischen, nicht zu derartigen Maßnahmen zu greifen. Außer vielleicht: Sind nur Menschen in Entwicklungsländern. Nicht sichtbar. Uninteressant.
Kinder hungern wegen Corona: Menschenunrecht
Wenn die Wirtschaft in ärmeren Ländern wegen der Corona-Pandemie einbricht, leiden Kinder am meisten. Dabei könnte man ihnen leicht helfen.
Millionen Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf Foto: Andreas Arnold/dpa
An Corona sterben vor allem ältere Menschen, heißt es. Doch das ist falsch: Die Opfer der indirekten Folgen der Pandemie sind vor allem Kinder. Würden sie ebenso gezählt und in täglichen Statistiken dauerpubliziert werden wie die an Covid-19 Verstorbenen, die Industrieländer würden auf die Pandemie anders reagieren. Sie würden ihre Hilfspakete anders schnüren, wir alle würden unser Aufregungsbudget anders einteilen.
Das Problem kurz umrissen: Wenn die Wirtschaft einbricht, fehlt es armen Menschen in Entwicklungsländern schnell am Lebensnotwendigen. Hinzu kommen die Einschränkungen der Pandemie, Ärzte sind nicht mehr vor Ort, Impfprogramme gegen Masern, Hepatitis, Typhus und andere Krankheiten bleiben aus. In Entwicklungsländern leben besonders viele junge, mangelernährte Menschen, für sie ist nicht Covid-19 eine tödliche Gefahr, sondern Durchfall. Wie viele indirekte Opfer die Pandemie fordern wird? Die Hochrechnungen schwanken. Mindestens 111.000 Kinder, es könnten auch viel mehr sein. Hinzu kommen die, die wegen Mangelernährung in der kommenden Zeit ihr Leben lang gezeichnet sein werden.
Es ist noch nicht einmal platt, zur EU zu sagen: Für eure Wirtschaft habt ihr Billionen – und die Armen lasst ihr sterben. Deutschland hat drei Milliarden Euro für Entwicklungsländer eingeplant, IWF und G20 ein Schuldenmoratorium für arme Länder – das war es dann. Geradezu lächerlich im Vergleich zu dem Leid, das dort droht; eine Schande. Mit Geld allein ist es ohnehin nicht getan: In den Ländern fehlt es an medizinischer Schutzausrüstung, an Personal, Logistik.
Die Entwicklungsagentur UNDP schlug kürzlich vor, ein temporäres Grundeinkommen für 2,7 Milliarden Menschen einzuführen. Kostenpunkt wären 170 Milliarden Euro im Monat. Die würden unmittelbar in den Konsum fließen und die Weltwirtschaft ankurbeln: Es gibt absolut keinen Grund, nicht mal einen ökonomischen, nicht zu derartigen Maßnahmen zu greifen. Außer vielleicht: Sind nur Menschen in Entwicklungsländern. Nicht sichtbar. Uninteressant.
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Schwerpunkt Coronavirus
Kommentar von
Ingo Arzt
ehem. Wirtschaftsredakteur
Beschäftigte sich für die taz mit der Corona-Pandemie und Impfstoffen, Klimawandel und Energie- und Finanzmärkten. Seit Mitte 2021 nicht mehr bei der taz.
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