piwik no script img

Alke Wierth fragt sich, wo die Blumen sindKein Gras mehr in der Hasenheide

Da sei „das beste Gras von Berlin“, soll Franziska Giffey, heutige Bundesfamilienministerin und einstige Bürgermeisterin von Neukölln, mal über die Hasenheide gesagt haben. Verifizieren lässt sich das, jedenfalls per Internetrecherche, nicht, definitiv aber wird das Zitat in Kürze sowieso falsch sein. Und zwar deshalb, weil es in der Hasenheide bald überhaupt kein Gras mehr geben wird.

Um das zu wissen, muss man sich nur die Bilder Tausender nachts Feiernder in dem Park an der Grenze von Neukölln und Kreuzberg in der RBB-„Abendschau“ anschauen – und tags darauf ihre Hinterlassenschaften in Augenschein nehmen.

Es ist ein Bild des Jammers, wie sonntagvormittags Eltern mit kleinen Kindern und vollgepackten Kühltaschen durch Scherben und Müll stiefeln, um ihre Picknickdecken auf zertrampelten braunen Flächen auszubreiten, auf denen an Gras nur noch wenige kleine graugrüne Büschel erinnern. Und wie sie ihre Kinder dann möglichst auf diesen Decken festhalten, damit sie nicht in Scherben treten oder mal probieren, wie die Reste in den liegen gebliebenen Flaschen schmecken, die nicht zerdeppert oder von Pfandsammlern mitgenommen wurden.

Nachtleben als Mythos

Es ist klar: Der junge Mensch muss feiern, zumal in Berlin, das ist quasi zeitgleich Bedürfnis und Verpflichtung, und da beides im Leben ja selten zusammenkommt, ist das auch richtig und gut so. Und es ist ja, auch das ist klar, ein Elend für die jungen Leute, dass das mythenumrankte Berliner Nachtleben seit Monaten nur noch als Mythos existiert. Und es ist ja eigentlich auch toll, dass den jungen Menschen da gleich etwas einfällt, um neue, eigene Berliner Mythen zu generieren.

Aber. Jetzt gibt’s eben ein Aber, das heißt, eigentlich sogar zwei. Das erste Aber ist natürlich bedingt durch Corona und die Ansteckungsgefahr bei solchen Raves: Aber tragt dann eben wenigstens tagsüber eure Masken, dann geht das schon o. k. Zweites Aber: Aber die Parks hat der feierbedürftige junge Mensch, anders als die Clubs, eben nicht für sich alleine, und das angesichts eingeschränkter Reisemöglichkeiten diesen Sommer noch weniger als sonst.

Deshalb: Feiert! Vernichtet ruhig Gras dabei, das wächst ja irgendwann grüner und frischer nach. Aber nehmt am Ende wenigstens euren Müll mit. Denn die Parks gehören nicht euch allein. Wir müssen sie uns teilen, alle. Geht nicht anders.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen