DOROTHEA HAHN ÜBER DIE WIEDERHOLTEN MASSENMORDE IN DEN USA: Kuschen vor der Waffenlobby
Der letzte Massenmord in einem Kino in Aurora im Bundesstaat Colorado ist noch nicht aus den Schlagzeilen verschwunden, da folgt schon der nächste. Dieses Mal hat ein weißer Rassist in einem Sikh-Tempel gewütet. Alle sechs Menschen, die er ermordet hat, bevor er selber von einem Polizisten erschossen wurde, waren Angehörige einer Minderheit.
Es ist kein Zufall, dass Verbrechen, wie die von Aurora und Oak Creek in den offiziellen Reaktionen heißen: „Tragödie“. Als handele es sich um antikes Theater. Als könne das Land nichts gegen die mörderische Routine in seinen Einkaufszentren, Kinos und Tempeln unternehmen.
Natürlich ist jeder Verbrecher anders. Der Mörder im Sikh-Tempel war ein notorischer Neonazi. Ein Star in der rassistischen Skinhead-Musikszene. Der seinen Hass auf anders aussehende Menschen auf seinen Körper tätowiert und in seine Lieder getextet hat. Und der bis vor wenigen Jahren als „psychologischer Experte“ in der US-Armee dienen konnte.
Nach jedem neuen Massenmord schnellen die Schusswaffenverkäufe in die Höhe. Und die Sprecher der Schusswaffenlobby (National Rifle Association) sowie die ihnen gefügigen Politiker beider Parteien verhöhnen die Opfer posthum. Erstere tun es, in dem sie behaupten, die Opfer hätten überleben können, wenn sie bewaffnet gewesen wären. Und Letztere verweigern jede Diskussion über die Frage, wieso ein Zivilist in den USA eine Schusswaffe braucht.
Die Spitzenpolitiker in Washington kuschen vor der Rüstungslobby. Weder der demokratische Präsident und schon gar nicht sein republikanischer Herausforderer verlangt eine radikale Kontrolle von Schusswaffen. Schon gar nicht wagen sie es, das längst obsolet gewordene 221 Jahre alte Recht auf persönliche Bewaffnung infrage zu stellen, das aus einer Zeit stammt, als Musketen nach jedem Schuss neu geladen werden mussten. Diese politische Feigheit ist die andere Facette der mörderischen Routine in den USA.
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