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Radioaktivität in SkandinavienMan schaut nach Russland

Wo ist die Quelle? Ein niederländisches Institut vermutet den Ursprung der erhöhten Radioaktivität in Nordeuropa in Russland.

Leckt irgendwo ein Atomkraftwerk? In Nordeuropa wird erhöhte radioaktive Strahlung gemessen Foto: Claudia Thaler/dpa

Stockholm taz | „Cäsium-134, Cäsium-137, Cobalt-60 und Ruthenium-103: Das ist eine Kombination, die wir normalerweise nicht messen“, sagt Pernilla Sopher von der schwedischen Strahlenschutzbehörde „Strålsäkerhetsmyndigheten“ (SSM). Sie deute auf einen „kerntechnischen Betrieb als Quelle“ hin, also vermutlich ein Atomkraftwerk.

Gleich mehrere Messstationen in den nordischen Ländern haben in den vergangenen Tagen diese radioaktiven Substanzen registriert. Erst war es nur Jod-131, das am 7. und 8. Juni von Stationen in Nordnorwegen und auf Spitzbergen gemessen worden war, zehn Tage später die „unübliche Kombination“ in Stockholm und Helsinki. Laut SSM stellten diese erhöhten Werte aber „weder für die menschliche Gesundheit noch für die Natur eine Gefahr dar“. Sopher: „Wir wissen nicht, aus welchem Land das kommt.“

Die in Wien ansässige „Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization“ spricht von einer „zivilen Quelle“ und veröffentlichte am Freitag in ihrem Twitter-Account eine Karte, in welchem Bereich sie die vermutet: das südliche Skandinavien und Nordwestrussland. Da weder schwedische noch finnische AKWs in den letzten Wochen einen Zwischenfall gemeldet hatten, bei dem mehr als die im Normalbetrieb übliche Strahlenmenge freigesetzt worden war, richtet sich die Aufmerksamkeit auf Russland.

Das niederländische Institut für öffentliche Gesundheit und Umwelt (RIVM) legte sich nach einer Analyse der Messdaten mittlerweile auf Westrussland als vermutliche Quelle fest, wobei allerdings „ein bestimmter Quellort nicht identifiziert werden konnte“. Die Wissenschaftler meinen, die Zusammensetzung der Nuklide deuten auf eine Beschädigung eines Brennelements in einem Atomkraftwerk.

Es gab schon mal einen Zwischenfall 2017

Sie verwiesen auf vergleichbare Messdaten im Herbst 2017. Seinerzeit war ebenfalls in mehreren europäischen Ländern eine erhöhte radioaktive Belastung der Luft gemessen worden. Wie sich später herausstellte, hatte es einen Zwischenfall in der im Südural gelegenen Atomfabrik Majak gegeben.

Der russische Atomkonzern Rosenergoatom bestreitet laut russischer Nachrichtenagentur Interfax dieses Mal einen ähnlichen Vorfall: In keinen seiner nordwestrussischen AKWs, weder in Kola noch in Leningrad, sei es zu einem Unfall gekommen.

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