Krimi „Das Böse unter der Sonne“: Kein Film für Ungeduldige
Von Agatha Christie erfunden, von Peter Ustinov gespielt: Detektiv Hercule Poirot. In dem Krimi von 1974 führen ihn seine Ermittlungen an die Adria.
Aufgeblasen, eitel, überspannt ist dieser belgische Detektiv Hercule Poirot, doch in puncto Scharfsinn unübertroffen. In „Mord im Orient-Express“ (1974) hatte Albert Finney der von Agatha Christie erdachten Figur sein Gesicht geliehen. Ab „Tod auf dem Nil“ (1978) gehörte die Rolle Peter Ustinov, der Poirot noch zweimal im Kino und dreimal fürs Fernsehen verkörpern sollte.
In „Das Böse unter der Sonne“, dem zweiten, leider nicht besten Film dieser Reihe, versucht Sir Horace Blatt (Colin Blakely), vermögend und ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, einen erkennbar gefälschten Diamanten versichern zu lassen. Der verwunderte Poirot folgt Blatt auf eine Adriainsel im mediterranen Königreich Tyrania, wo die frühere Schauspielerin Daphne Castle (Maggie Smith) ein mondänes Hotel führt. Im Zuge seiner Ermittlungen studiert Poirot das Gästebuch mit Namen wie Fred und Adele Astaire, Maurice Chevalier, Cole Porter (dessen Musik das Geschehen untermalt): pfiffige Details, die beim Filmkonsum auf Kleingeräten leicht verloren gehen.
Die aktuellen Gäste sind weniger nobel. Ein Lehrerpärchen (Jane Birkin und Nicholas Clay), zwei amerikanische Bühnenproduzenten (Sylvia Miles und James Mason), der Klatschjournalist Rex Brewster (Roddy McDowall) und die theatralische Diva Arlena Marshall (Diana Rigg) nebst Gatten Kenneth (Denis Quilley) und Stieftochter Linda (Emily Hone).
Arlena Marshall ist untreu und biestig gegenüber der 16-jährigen Linda. Sie düpiert Brewster, bespöttelt die Gastgeberin. Kaum verwunderlich, dass sie eines Mittags tot am Strand liegt. Die Suche nach Täter oder Täterin erweist sich als knifflige Denksportaufgabe, denn auf den ersten Blick haben alle Beteiligten ein Alibi.
„Das Böse unter der Sonne“, Sonntag, 20.15 Uhr, Arte
„Das Böse unter der Sonne“ ist kein Film für Ungeduldige. Der Autor Anthony Shaffer, Zwillingsbruder von Peter Shaffer, legt erst die Motive an. Der Mord erfolgt später. Der Vorspann allein dauert zwei Minuten, da schalten Hektiker schon weg. Ihnen entgehen Aquarelle des britischen Architekten und Künstlers Sir Hugh Casson, zu Lebzeiten ein Freund der königlichen Familie und Lehrer des kleinen Prinzen Charles. In den Bildern sind Anspielungen versteckt wie der Name der Jacht „Jolly Roger“. So heißt das ursprünglich in Devon angesiedelte Hotel in Agatha Christies Kriminalroman, der dem Film als Vorlage diente. Regisseur Guy Hamilton drehte lieber auf Mallorca auf dem Anwesen Raixa. Es steht Besuchern offen.
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