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Ärzte als Suizidhelfer

Mit einem Gesetzentwurf zur Sterbehilfe wollen Wissenschaftler die Rolle von Medizinern stärken

Von Heike Haarhoff

Es war ein Urteil von gesellschaftlicher Tragweite, das die Bundesverfassungsrichter in Karlsruhe Ende Februar verkündeten: Jeder Mensch habe das Recht, selbstbestimmt zu sterben – auch mit Hilfe Dritter. Damit kippte das oberste deutsche Gericht das seit Dezember 2015 bestehende Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe und erklärte den entsprechenden Strafrechtsparagrafen 217 für nichtig. Dem Gesetzgeber, so die Richter, sei es aber durchaus möglich, das Recht auf Selbstbestimmung im Sterben in einer Regelung zu verankern.

Diesem Hinweis sind nun vier seit Jahren mit dem Thema befasste Hochschullehrer gefolgt: Am Montag veröffentlichten der Palliativmediziner Gian Domenico Borasio und der Medizinethiker Ralf Jox, beide von der Universität Lausanne, sowie der Mannheimer Medizinrechtler Jochen Taupitz und der Medizin­ethiker Urban Wiesing von der Uni Tübingen einen Gesetzesvorschlag, der, so die Autoren, „den Freiraum für selbstbestimmtes Sterben absichern“ und zugleich „nicht-freiverantwortliche Suizide verhindern“ will.

Dazu regen die Wissenschaftler an, es Ärztinnen und Ärzten explizit zu erlauben, „Hilfe zur freiverantwortlichen Selbsttötung“ zu leisten, sofern sie die Freiwilligkeit, Ernsthaftigkeit und Beständigkeit des Suizidwunsches geprüft und den Suizidwilligen zuvor „umfassend und lebensorientiert“ aufgeklärt haben. Außerdem müsse ein zweiter unabhängiger Arzt hinzugezogen werden. Zwischen dem Aufklärungsgespräch und der Hilfe selbst sollen mindestens zehn Tage liegen. Werbung für Suizidhilfe soll verboten werden.

Und, so die Autoren in ihrer Begründung: „Da andere Berufsgruppen oder Laien nicht über die notwendigen fachlichen Kompetenzen zur Durchführung der komplexen und anspruchsvollen Aufgabe, der medizinischen Aufklärung, der Suizidberatung und Suizidhilfe verfügen, wird ihnen zum Schutz der Betroffenen die Durchführung der Suizidhilfe strafrechtlich verwehrt.“ Von der Strafbarkeit ausgenommen werden sollen aber Nahestehende.

Eine Freigabe der Tötung auf Verlangen lehnen die Wissenschaftler indes strikt ab. Stärken wollen sie die Suizidprävention. Der Gesetzentwurf der Wissenschaftler ist der zweite Vorschlag zur Neuregelung der Suizidhilfe im Nachgang zu dem Bundesverfassungsgerichtsurteil. Bereits im Mai hatte der Humanistische Verband Deutschlands einen eigenen Entwurf vorgelegt.

Aus den Reihen von Regierung oder Parlament gibt es bislang keine ausformulierten Entwürfe. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), ein Befürworter der Strafbarkeit von Suizidhilfe, hatte hierzu noch Ende Mai erklärt, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch ausgewertet und abgewartet werden solle, ob die Bundestagsabgeordneten, etwa durch Gruppenanträge, selbst aktiv würden. Wenig später wurde dann öffentlich, dass Spahn seinerseits bereits im April etwa 30 verschiedene Institutionen, Vereine und Verbände mit der Bitte um „Vorschläge“ zu einer möglichen Neuregelung angeschrieben hatte. Pikant: Mehrheitlich stehen diese von Spahn ausgewählten Experten der Suizidhilfe skeptisch gegenüber.

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