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Dunkle Leinwände

In Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern dürfen die Kinos wieder öffnen. Worauf warten sie?

Von Wilfried Hippen

Flott dabei: Auf Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen reagierte man bisher eigentlich in jeder Branche innerhalb von Tagen: Läden, Restaurants und Friseursalons wurden so schnell wie möglich wieder eröffnet, bei Kitas und Schulen ist es ein wenig komplizierter. Und bei den Kinos? In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern sowie seit dem 27. Mai auch in Hamburg dürfen sie wieder Filme zeigen – aber sie bleiben, von wenigen Ausnahmen abgesehen, noch fast einen Monat lang geschlossen.

Stichtag: 2. Juli

In Hamburg haben vergangene Woche die Cinemaxx-Häuser geöffnet – und die Zahl verkaufter Tickets übers Wochenende war enttäuschend. Bundesweit haben Programmkinos und die Filmverleiher sich auf den 2. Juli geeinigt für die Wiedereröffnung. „Eine frühere Öffnung ergibt keinen Sinn“, sagt etwa Felix Grassmann, Geschäftsführer des Hamburger Abaton-Kinos, „denn wir brauchen neue Filme.“ Er hofft auf eine Veränderung der behördlichen Auflagen: Der Sicherheitsabstand von wenigstens 1,50 Metern zwischen den Gästen reduziere die Kapazität der Kinosäle auf nur noch 18 Prozent. „Eine Abstandsregelung von einem Meter würde uns sehr helfen“, sagt Grassmann. „Dann könnten wir 50 Prozent unserer Sitze nutzen.“ Die Bedingungen unterschieden sich ja von denen in vielen anderen Veranstaltungsorten: Im Kino „wird nicht gesprochen und gesungen, das Risiko einer Ansteckung durch Tröpfchen ist also viel geringer“.

Im Juli wird voraussichtlich gleich eine Handvoll attraktiver Filme anlaufen, etwa Clint Eastwoods „Der Fall Richard Jewell“, die beiden Berlinale-Wettbewerbsbeiträge „Berlin Alexanderplatz“ von Burhan Qurbani und „Undine“ von Christian Petzold sowie der Science-Fiction-Actionfilm „Tenet“ von Christopher Nolan. Grassmann sieht in dieser Häufung aber auch eine Gefahr: Kleinere, weniger spektakuläre Filme könnten im Schatten dieser großen stehen – und übersehen werden.

Relativ unabhängig von Startterminen sind die kommunalen Kinos, die Filmkunst unabhängig von der aktuellen Produktion präsentieren. Aber auch das Hamburger Metropolis öffnet erst am 1. Juli wieder. „Wir können nicht ad hoc Programm machen“, sagt Geschäftsführer Martin Aust. Die MitarbeiterInnen müssten aus der Kurzarbeit zurückgeholt, die Hygiene-Verordnungen baulich umgesetzt werden. Vor allem aber muss das Programm für einen ganzen Monat entwickelt werden. Man brauche „einen längeren Vorlauf, denn für die Filme, die wir zeigen wollen, müssen Lizenzen geklärt werden, und es ist zur Zeit schwierig, Filme von den Archiven zu bekommen“. Geplant sind aber schon Reihen zu Fellini und Rohmer sowie Klassikern auf Zelluloid.

Fehlendes Polster

Im Juli droht aber auch das Sommerwetter – der natürliche Feind der KinobetreiberInnen. So sagt auch Grassmann eine schwere Saison vorher: „Wir konnten nicht im Frühjahr die Rücklagen bilden, mit denen wir sonst immer die Sommerflaute überstanden haben.“ Um die Branche zu retten, seien weitere staatliche Hilfen nötig.

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