piwik no script img

corona in hamburg„Die Teilnehmer trauen sich, zu sprechen “

Das „Zu zweit auf der Parkbank“-Projekt soll Geflüchteten aus der Isolation helfen

Interview Nathalie Haut

taz: Frau Adouni, was soll das Projekt „Zu zweit auf der Parkbank“ bewirken?

Karen Adouni: Unsere Sprachkursteilnehmer haben, seit die Schulen geschlossen haben, keinen Kontakt mehr zur deutschsprachigen Bevölkerung. Den meisten fehlt es, ins Gespräch zu kommen und die Sprache anzuwenden. „Zu zweit auf der Parkbank“ schafft eine Eins-zu-Eins-Situation, in der die Teilnehmer sich auch trauen zu sprechen und ihre Gefühle auszudrücken. Man kann sich schlecht integrieren, wenn man nicht ausdrücken kann, wie es einem geht oder was für Kompetenzen man hat.

Wie ist das Projekt organisiert?

Die Teilnehmer mussten sich vorher anmelden, insgesamt nehmen 36 Menschen mit Migrationshintergrund oder Geflüchtete teil. Dann sprechen die Lehrer mit den einzelnen Teilnehmern Termine ab und treffen sich dann an einer ausgewählten Parkbank. Die meisten Teilnehmer kennen die Lehrer schon aus den Sprachkursen. Ansonsten sind die Lehrer mit Kühltaschen, Decken und großen durchsichtigen Schirmen ausgestattet, um auf verschiedenste Wetterlagen vorbereitet zu sein.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Eine Lehrerin von uns hat so ähnlich damit angefangen, weil sie ihre Schüler nicht im Stich lassen wollte. Sie hat sich einmal in der Woche mit einem sehr engagierten Schüler an einer Parkbank getroffen und mit ihm Aufgaben aus den Lehrbüchern erarbeitet. Er hat dann die Ergebnisse in die Whatsapp-Gruppe des Kurses hochgeladen und so konnten alle weiter lernen. So bin ich auf die Idee gekommen. Eine Parkbank ist circa 1,5 Meter lang, der Abstand ist also gewährleistet und man trifft sich im Freien.

Was veranstaltet der Akademikerbund normalerweise?

Foto: prvat

Karen Adouniist in der Verwaltung des Akademikerbundes tätig und verantwortlich für das Projekt

„Zu zweit auf der Parkbank“.

Wir veranstalten ganz normale deutsche Sprachkurse, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gefördert werden. Die Sprachkurse finden nicht unbedingt mit Frontalunterricht statt, aber in einem Klassenzimmer mit zehn bis 24 Teilnehmern pro Kurs. Mit so vielen Leuten kommt man nur bedingt zum Reden, deswegen ist dieses Eins-zu-Eins-Gespräch etwas Besonderes für uns.

Wird das Projekt nach der Pandemie fortgesetzt?

Das wäre super, aber es ist immer eine Frage der Finanzierung. Wir haben jetzt eine Förderung der Deutschen Postcode Lotterie bekommen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen