piwik no script img

Tour-de-France-Fahrer Chris FroomeWieder voll auf der Rolle

Der viermalige Tour-de-France-Sieger Chris Froome sieht sich erneut für große Aufgaben gewappnet. Auch deshalb befeuert er Wechselgerüchte.

Kurz vor dem fatalen Sturz: Froome im Juni 2019 beim Criterium du Dauphiné Foto: imago/Panoramic International

Chris Froome richtet es sich derzeit in Widersprüchen ein. „Ich bin froh, dass wir endlich wieder draußen auf der Straße fahren können“, teilte er zwar bei einer Telefonkonferenz Anfang der Woche mit. Den Sonntag wird er trotz schönem Wetter dennoch indoor auf der Rolle verbringen. Denn er nimmt an der „Challenge of the Stars“ teil, einem neuen virtuellen Rennformat vom Giro-Ausrichter RCS.

Acht Kletterer, unter ihnen auch der Toursiegerkollege Vincenzo Nibali, nehmen da eine virtuelle Steigung des Stilfser Jochs in Angriff. Das Format sieht zunächst vier Mann-gegen-Mann-Duelle vor. Die Sieger kommen ins Halbfinale, die Sieger dort bestreiten das Finale. „Es ist wie ein Tennisturnier, nur auf dem Rad und eben zu Hause“, beschrieb Paolo Bellino, Generaldirektor von RCS, das Reglement.

Froome will das Rennen gerne gewinnen: „Ich bin ein Rennfahrer. Und egal ob es ein kleines virtuelles Rennen ist oder ein Kampf gegen 200 andere auf der Straße, ich will immer um den Sieg mitfahren.“

Es wäre, man staune, sein erster Sieg nach zwei Jahren. 2018 gewann er den Giro d’Italia. Das Unterfangen raubte ihm so viel Substanz, dass er den erstrebten Toursieg im gleichen Jahr dem Teamkollegen Geraint Thomas überlassen musste. Weil neben dem Sieg bei großen Rundfahrten sonst kaum etwas zählt für Froome und andere Rennen bestenfalls als Vorbereitung dienen, kam bis zum Criterium du Dauphiné 2019 auch kein weiterer Erfolg hinzu. Bei der Dauphiné stürzte er schwer und kämpft seitdem um die Rückkehr auf alte Formhöhen.

„In der Nähe meiner alten Form“

Die Ausgangsbeschränkungen der Covid-19-Pandemie kamen ihm daher zupass. Rennen finden momentan nicht statt – sieht man von der unterklassigen 3-Etappen-Fahrt Klatrekongen Fuel of Norway ab, die an Christi Himmelfahrt unter Ausschluss von Zuschauern begann. Währenddessen kann Froome im Training Boden gutmachen auf die Konkurrenz. Bis zu sieben Stunden blieb er pro Tag auf der Rolle, sagte er. „Ich habe dabei viel Musik gehört, viel laute Musik. Das hat die Beine angetrieben“, sagte er auf der virtuellen Pressekonferenz. „Ich bin in der Nähe meiner alten Form“, bilanzierte er. Seine Top-Verfassung will er dann auch am Sonntag zeigen. Genug auf der Rolle trainiert habe er ja, um fit genug fürs virtuelle Rennen zu sein, meinte er leicht sarkastisch.

Antreten wird er im gewohnten Ineos-Trikot. Das wäre keine Meldung wert, wenn Froome nicht selbst die Spekulationen um einen Wechsel des Arbeitgebers befeuern würde. Er stecke im Sondierungsprozess, teilte er mit. „Ich werde die nächsten Schritte in den nächsten Wochen und Monaten machen. Hoffentlich werde ich dann etwas mehr Klarheit haben, was die Zukunft bringen wird.“

Sein Vertrag mit Team Ineos läuft Ende 2020 aus. Dass noch keine Verlängerung verkündet wurde, deutet auf Nachdenken beider Seiten hin. Die zwei anderen Toursieger im Team sind länger gebunden, der Kolumbianer Egan Bernal bis 2023, Thomas bis 2021. Dem 23-jährigen Bernal gehört die Zukunft. Froome – er wurde am Mittwoch 35 Jahre alt – will unbedingt die Toursiege fünf und sechs. Bei Ine­os ist er aber nicht mehr automatisch Kapitän. Das dürfte den Wechselwillen verstärken.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Der Branchendienst Cyclingnews spekulierte, dass Froome bereits die auf den Herbst verschobene Tour 2020 in neuem Outfit bestreiten könnte. Angesichts der angekündigten Ausreisebeschränkungen für Kolumbianer bis 31. August, die die Regierung in Bogotá verhängte, wäre es allerdings äußerst unklug von Ineos, sich vorfristig vom alten Vorfahrer zu trennen.

Für die Zeit danach kommen verschiedene Rennställe in Frage. Das spanische Team Movistar hat die Planstelle Rundfahrtsieger aktuell nur mit dem Talent Enric Mas besetzt. Sylvan Adams, Geldgeber von Israel Start-Up Nation, ist für überraschende Coups bekannt. Eine Verpflichtung von Froome würde noch mehr Aufmerksamkeit auf Israel lenken. Adams’ Millionen hatten bereits den Giro-Start 2018 in Jerusalem ermöglicht. Bahrain McLaren und der von Rückkehrer Bjarne Riis geführte Rennstall NTT sind weitere mögliche Destinationen. Viel Trubel im gelockerten Lockdown für Froome also.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Mit dem richtigen Mittel in der Blutbahn wie immer machbar.

    • @danny schneider:

      Klar. Alles ne Frage von - H'asthma?!