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Widerstand gegen Corona-Regeln

Viele besorgte Bürger*innen demonstrierten am Samstag vor dem Bremer Rathaus gegen Beschneidungen der Grundrechte. Dagegen formierte sich Protest aus dem linken Spektrum

Bill Gates wolle allen einen Mikrochip einpflanzen lassen, behauptet ein Mann

Von Lukas Scharfenberger

Samstagnachmittag, auf dem Marktplatz stehen zwei junge Frauen und machen Musik. Um sie herum versammeln sich Teilnehmer*innen einer Kundgebung mit dem Namen „Unsere im Grundgesetz verbrieften Rechte.“ Am Fuße des Rolands legen die Demonstrant*innen das Grundgesetz aus und auch Flyer, die die Verhältnismäßigkeit der Coronamaßnahmen anzweifeln.

Hinter einer dicht stehenden Reihe Polizist*innen hat sich spontaner Gegenprotest gebildet: „Alerta, alerta, Antifascista“, wird gerufen. Laut Polizei haben sich 100 Menschen bei der Kundgebung und 300 bei der Gegendemonstration versammelt.

Die Kundgebung ist gemischt, die Positionen unterscheiden sich in Details. „Man begründet die Maßnahmen mit einer gefährlichen Situation, obwohl Corona genauso gefährlich ist wie die Influenza 2018“, sagt ein älterer Mann. „Das Coronavirus ist längst besiegt“, ergänzt ein junger Mann im Hemd. Bill Gates wolle, um die Menschheit zu steuern, allen per Zwangsimpfung einen Mikrochip einpflanzen lassen, behauptet er. Auf die Lockerung der Coronamaßnahmen angesprochen, wehrt er ab: „Das kommt Stück für Stück, das ist eine Machtergreifung.“

Zur Demo aufgerufen hat eine Privatperson und keine feste Gruppe. Es finden sich aber Anhänger*innen der Zeitung „Demokratischer Widerstand“, der Partei „neue Mitte“ und häufig auch der Partei „Widerstand 2020“ – drei Gruppierungen, denen verschwörungstheoretische und teilweise rechtsextreme Tendenzen nachgesagt werden (die taz berichtete).

„Liebe Linke, ihr seid hier willkommen, wenn ihr nicht stört, wir sind keine Rechten, wir sind normale Bürger“, ruft einer der Redner den Gegendemonstrant*innen zu. Die antworten mit lauten Rufen: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!“ Die Gegendemo besteht vor allem aus linken Aktivist*innen, die zuvor erfolgreich eine Autodemonstration unter dem Motto „gegen Lockdown“ lahmgelegt haben. „Ich wollte mal gucken, ob sich hier nur Rechtsextreme und Verschwörungs­theoretiker*innen versammeln“, sagt eine Aktivistin.

Klaus Schliesewitz, einer der Organisatoren hält die linken Gegendemonstrant*innen für „mehr als naiv, einfach unpolitisch“. Zur eigenen Veranstaltung meint er: „Das war sehr anstrengend, hier sind viele Menschen, die sich von allen Institutionen bedroht fühlen. Gerade von der Staatsgewalt.“ Er zeigt auf die Polizist*innen, die einen Kreis um den Marktplatz gebildet haben und die Kundgebung vom Gegenprotest trennen. „Mir war nicht klar, ob sie nicht auch gegen uns vorgehen. Sie haben uns hermetisch abgeriegelt.“ Die Bremer Polizei betont derweil, dass sie „den Teilnehmern beider Kundgebungen ihr „Recht auf freie Meinungsäußerung“ gewährleistete.

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