Frauen in der Forschung: Männliche Dominanz
Evaluation von Fünf Leibniz-Instituten. Die Forschungsvorhaben wurden positiv bewertet. Negativ fiel auf, dass Professorinnen fehlen.
Berlin taz | Halbjahreszeugnisse bei der Leibniz-Gemeinschaft, der einstigen „Blauen Liste“ der außeruniversitären Forschung in Deutschland. Fünf der insgesamt 96 Forschungseinrichtungen mussten im Sieben-Jahres-Turnus auf die Prüfbank. Diese Woche gab es die Zeugnisse: Alle bestanden, einige glänzend. Doch der Malus bei allen: Es fehlen die Frauen. Auch die Leibniz-Forschung befindet sich weiterhin in Gender-Schieflage, besonders in der Führungsetage.
Evaluiert wurden zwei Institute aus den Sozialwissenschaften und drei aus den Naturwissenschaften: das ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in München sowie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, das Museum für Naturkunde in Berlin, das auch als Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung firmiert, das agrarwissenschaftliche Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Großbeeren sowie das physikalisch ausgerichtete Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie in Berlin-Adlershof.
Für alle fünf Einrichtungen solle nach dem Votum des Senats der Leibniz-Gemeinschaft die Bund-Länder-Förderung in den nächsten Jahren „fortgeführt werden“. Den Instituten wurden allenthalben hohe Forschungs-Leistungen und dynamische Entwicklung attestiert. Über die endgültige Mittelfreigabe befindet die nächste Sitzung der Gemeinsamen Wissenschaftskommission (GWK), in der die Wissenschaftsminister von Bund und Ländern vertreten sind.
Alles in Butter, mit einer Ausnahme: der Gleichstellung der Geschlechter. Wie wissenschaftlich exzellent ein Leibniz-Institut auch sein mag, bei der Frauenquote geht es kaum voran. Beispiel DIW. Der Frauenanteil bei allen wissenschaftlich Beschäftigten lag Ende 2017 dort bei insgesamt 40 Prozent. Von den 18 Professuren an der Instituts-Spitze waren aber nur drei mit einer Frau besetzt: 17 Prozent.
Bei der letzten Evaluierung sieben Jahre früher lag diese Quote noch bei 22 Prozent, also eine Verschlechterung. Die Leibniz-Prüfer formulieren das so: „Das hohe Engagement führte bislang aber noch nicht zu den 2012 erwarteten weiteren Verbesserungen.“ Und: „Das DIW Berlin bleibt in den erreichten Frauenanteilen auf den verschiedenen Beschäftigungs- und Qualifikationsebenen hinter seinen Möglichkeiten zurück.“ Das Institut bleibe aufgefordert, „deutliche Verbesserungen herbeizuführen“.
Nicht viel besser sieht es bei den Ökonomen-Kollegen des ifo-Instituts in München aus. Mit zwei Professorinnen an der Spitze wird nur eine Frauenquote von 13 Prozent erreicht, Die anstehenden Neuberufungen, so die neue Auflage, solle „mit einem gezielten recruiting von Wissenschaftlerinnen verbunden werden“.
Leser*innenkommentare
Novak
Ein "gezieltes recruiting von Wissenschaftlerinnen" widerspricht dem Allgemeinen Gleichbehandungsgesetz (Antidiskriminierungsgesetz) und macht jede Berufung klageanfällig. Das kann wohl kaum im Sinne eines wissenschaftlichen Instituts sein.
Andreas Bitz
Spitzenforschung oder Gender - das ist hier die Frage. Und ich warte immer noch auf die Forderung, Frauen und div. 70 Geschlechter in Berufen wie Dachdecker, Müllabfuhr etc. nicht weiter zu benachteiligen...
Saile
Was ich nicht verstehe: Wieso wird zu diesem Artikel ein sogenannter Ladyschwanz abgebildet?! Es geht doch darum dass es angeblich zu wenig Professorinnen gibt, und diese können durchaus dieses sonst oft fälschlicherweise als „männlich“ gelesene Geschlechtsteil haben! Denn Frausein hat ja wohl nichts mit irgendwelchen körperlichen Merkmalen zu tun...
LittleRedRooster
@Saile " Denn Frausein hat ja wohl nichts mit irgendwelchen körperlichen Merkmalen zu tun..." (Saile)
Sind Sie sich da wirklich sicher?
Ich mein: Dafür dass körperliche Merkmale mit dem Frausein nichts zu tun haben sollen betreiben aber sehr viele Damen einen ganz erheblichen Aufwand dafür. Alles komplett sinnlos und umsonst?
Da versteh einer noch die Welt!...
Thomas Friedrich
Ich warte noch auf die Forderung nach einer Fünfzig-Prozent-Quote für die Vergabe von Nobelpreisen. Denn während die geringere Lebenserwartung und höhere Inhaftierungsquote von Männern ganz direkt auf das Fehlverhalten von Männern zurückgeführt wird, kann die Tatsache, dass Frauen in irgendeinem Bereich schlechter als Männer abschneiden, grundsätzlich nicht durch das Verhalten von Frauen, sondern nur durch äußere Benachteiligung erklärt werden. Selbst wenn Frauen seltener in politische Parteien eintreten, ist das, was man für folgerichtig halten könnte, nämlich dass sie dann auch seltener in Parlamente gewählt werden, eigentlich das Ergebnis männlicher Unterdrückung und rechtfertigt einen Quotenzwang. Und so ist es auch in der Wissenschaft: Dass Frauen und Männer in ihren Talenten und Ambitionen vollkommen übereinstimmmen, wird nicht begründet, sondern a priori vorausgesetzt. Zeigt sich dann, dass Frauen seltener als Männer eine Professur erlangen (oder einen Nobelpreis gewinnen), dann bleibt als Erklärung natürlich nur das Patriarchat.
Peter Pan
@Thomas Friedrich Dazu sei erwähnt, dass das Geschlechterverhältnis der Studierenden in der VWL etwa 2:1 m:w ist (de.statista.com/st...nach-geschlecht/)*. Natürlich ist das auch die Schuld des Patriarchats. Aber ist es realistisch von einem Forschungsinstitut zu verlangen alle Diskriminierung ab der ersten rosa Puppe bei seiner Einstellungspolitik ausgleichen? Das DIW scheint ja mit 40% schon überzuerfüllen. Gleichzeitig sind die 13-17% schon bitter.
* Die Quelle schlüsselt leider nur binär auf, der Artikel allerdings auch.
_Maddin
@Thomas Friedrich +1
Queek
@Thomas Friedrich this