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Vernunft oder Maskenpflicht

Wenn der dringenden Empfehlung, Mund und Nase in öffentlichen Verkehrsmitteln und Läden zu bedecken nicht Folge geleistet wird, droht der Senat, sie verbindlich zu machen

„Eine Maskenpflicht kann dazu beitragen, zu sensibilisieren und nicht dem Anschein der Normalität zu erliegen“

Rainer Bensch, CDU

VonBenno Schirrmeister

Die CDU Bremen fordert ein Vermummungsgebot. „Freiheit“, so heißt es zwar im Grundsatzprogramm der Union, „verwirklicht sich im praktischen Leben durch Selbstverantwortung und Mitverantwortung“. Statt die Bürger*innen zu bevormunden setze man auf „selbständiges Urteil und verantwortliche Mitarbeit“. Aber erstens ist das Programm von 2007 und das neue ist gerade in der Mache.

Und zweitens: Krisen sind für autoritäre Ansagen gut. Deshalb soll der Senat seine „dringende Empfehlung“, Mund und Nase beim Shoppen und in Bus und Bahn zu bedecken, durch eine Pflicht ersetzen — darum bitten der Chef der Bremer CDU-Fraktion, Thomas Röwekamp und ihr gesundheitspolitischer Sprecher Rainer Bensch den Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD).

Die Pflicht sei „wichtig“, so die Begründung. Als Vorbilder verweisen die zwei auf die Regelung Sachsens und die Vorhaben anderer Bundesländer. „Eine Maskenpflicht an öffentlichen Orten kann dazu beitragen, weiterhin zu sensibilisieren und nicht dem Anschein der Normalität zu erliegen“, setzt Bensch offensiv auf den symbolischen Wert der Maßnahme.

Der Senat erhörte diese Bitte am gestrigen Dienstag nicht: Keinesfalls werde es eine allgemeine Maskenpflicht für den öffentlichen Raum geben, „dafür gibt es keinen Grund“, so Bovenschulte. Ob die Bedeckung in Läden und ÖPNV verbindlich wird, halte man sich offen, auch wenn immer mehr Bundesländer sie nun eingeführt haben.

Er glaube weiterhin daran, dass die Bremer*innen das in Eigenverantwortung hinbekommen, sagte Bovenschulte. Eher ernüchternd sei allerdings die diesbezügliche Rückmeldung des Ordnungsdienstes vom ersten Tag der Lockerungen gewesen: zwar hätten so gut wie alle Verkäufer*innen in den neu geöffneten Geschäften Masken getragen. Aber bei den Kund*innen seien es nur „vielleicht 10 bis 20 Prozent“ gewesen. Da sei noch Luft nach oben. „Wir werden uns das aber genau anschauen“, sagte er. Einen entsprechenden Beschluss könne man auch am Freitag noch fassen. Dann nämlich soll die neue Rechtsverordnung verkündet werden, die auch die Öffnung von Freiluft-Sportstätten vorsieht und die Bedingungen definieren wird.

Geplant ist, dass Trimm-Dich-Pfade, Reckstangen, Tennisplätze und Golfanlagen wieder in Betrieb genommen werden dürfen, jedoch weder Hallen noch Umkleiden. „Wir sprechen noch nicht von Fußballspielen“, so Sportsenatorin Anja Stahmann (Grüne). Auch Ringer*innen müssten sich weiter gedulden.

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