: Corona in Heim ausgebrochen
Der Landkreis Osnabrück erhebt schwere Vorwürfe
Es klingt zynisch: „Geborgenheit“ und eine „hohe Lebensqualität“ verspricht die Website der Bramscher „Senioren-Residenz“ der privaten Düsseldorfer Alloheim-Kette noch immer. Wer auf „Corona News“ klickt, liest, wie vorbildlich dort alles sei. Behördlichen Empfehlungen und Anordnungen komme man „selbstverständlich vollumfänglich und unverzüglich“ nach.
Ein krasser Widerspruch zu den Ereignissen: 48 Bewohner*innen des Bramscher Heims sind mit dem Corona-Virus infiziert, 16 sind im Krankenhaus, zwei verstorben. Auch 15 Mitarbeiter*innen sind infiziert. Herausgekommen war dieser „massive Ausbruch“, so Burkhard Riepenhoff, Sprecher des Landkreises Osnabrück, am vergangenen Samstag durch den Hinweis einer Heim-Mitarbeiterin.
Das Heim hatte tagelang abgewiegelt. Noch am Freitag, am Vortag der Kontrolle des Gesundheitsdienstes von Kreis und Stadt Osnabrück, habe die Heimleitung „keine größeren Auffälligkeiten“ gemeldet, sagt Riepenhoff. Der Landkreis erhebt schwere Vorwürfe, spricht von „der mangelhaften Umsetzung der eigentlich zugesicherten Schutzmaßnahmen“, kritisiert die Hygienestandards. Es gebe jetzt „strenge Auflagen“, so Riepenhoff, kontrolliert „von einem interdisziplinären Team unter Leitung des Landkreises“.
Ein Grund, warum alles so lange unter der Decke blieb, könnte das Kontakt- und Besuchsverbot sein. Das hält nicht nur Angehörige fern. Auch der Gesundheitsdienst habe nur „in absoluten Ausnahmesituationen Zutritt“, sagt Landrätin Anna Kebschull (Grüne) dem NDR. Kritische Blicke von außen gab es nicht.
Tobias Mix, Leiter des Bramscher Heims, war für die taz nicht zu sprechen. Auskünfte erteile nur die Alloheim-Zentrale in Düsseldorf. Die ignoriert Fragen und schickt eine Erklärung, in der ein Sprecher sagt, man hoffe „sehr auf eine baldige Genesung“, bedauere die Todesfälle, „die trotz schnellen Handelns nicht verhindert werden konnten“. Und dann folgt, wie vorbildlich hier alles war und ist. Die Vorgaben des Gesundheitsdienstes seien umgesetzt worden. Riepenhoff hingegen sagte, es seien „ungenügende Umstände“ vorgefunden worden, „etwa bei der Trennung von Bewohnergruppen oder beim Umgang mit den Bewohnern“. Auch die Staatsanwaltschaft hat nun Fragen. Harff-Peter Schönherr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen