piwik no script img

Milliardenhilfen der BundesregierungWer was bekommt

Durch die Coronakrise stehen viele Menschen vor der Pleite. Die Bundesregierung will helfen. Aber wem? Und wie? Ein Überblick.

Alltag in Deutschland: Weil die Läden geschlossen sind, fürchten viele Besitzer um ihre Existenz Foto: Karsten Thielker

Berlin taz | Der Bundestag hat am Mittwoch ein milliardenschweres Hilfspaket der Bundesregierung gebilligt, um die Folgen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft abzumildern. Das sind die wichtigsten Bestimmungen im Überblick

Angestellte

Millionen von Menschen müssen derzeit zu Hause bleiben, weil Unternehmen ihre Produktion drosseln oder ganz schließen. Für sie gibt es Kurzarbeitergeld. Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt 60 Prozent des Nettolohns, bei Menschen mit Kindern sind es 67 Prozent. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat zudem angekündigt, dass das Kurzarbeitergeld demnächst steigen soll. Das Kurzarbeitergeld wird vom Arbeitgeber beantragt, die Beschäftigten müssen sich also nicht einzeln melden. In einigen Branchen stocken die Unternehmen das Kurzarbeitergeld zusätzlich auf, etwa in der Metall- und Elektroindustrie.

Kurzarbeitergeld wurde in allen konjunkturellen Krisen gezahlt. Neu ist: Wer in Kurzarbeit geht, soll hinzuverdienen dürfen – wenn es sich um eine Beschäftigung in besonders wichtigen Branchen handelt. Zudem können die Unternehmen bereits Kurzarbeitergeld beantragen, wenn nur 10 Prozent ihrer Beschäftigen vom Arbeitsausfall betroffen sind. Bisher lag die Grenze bei einem Drittel. Geplante Kosten: 10,05 Milliarden Euro.

Freiberufler

Kurzarbeitergeld gibt es nur für Angestellte, nicht aber für die Chefs oder für Solo-Selbstständige. Deshalb können kleine Firmen und Selbständige wie Ladeninhaber, Restaurantbesitzer, Handwerksmeister, Physiotherapeuten oder Künstler staatliche Zuschüsse beantragen, die sie nicht zurückzahlen müssen. Diese Hilfen werden über die Bundesländer ausgezahlt.

Die Zuschüsse richten sich nach der Beschäftigtenzahl: Für bis zu fünf Erwerbstätige sind maximal 9.000 Euro für drei Monate möglich, für bis zu zehn Erwerbstätige höchstens 15.000 Euro. Außerdem gibt es die Möglichkeit, bei der staatlichen Förderbank KfW Kredite zu beantragen (siehe unten). Unternehmen können zudem ihre Steuern später begleichen. Auch die Sozialbeiträge können in einer Notsituation gestundet werden. Geplante Kosten: 10 Milliarden Euro.

Grundsicherung

Wer durch die Coronakrise sein gesamtes Einkommen verliert, kann sofort Grundsicherung beantragen – auch ohne zuvor sein Vermögen verkaufen zu müssen. Denn befristet auf sechs Monate wird die Vermögensprüfung ausgesetzt, sofern der Besitz nicht sehr erheblich ist. Die Selbstständigkeit kann dabei offiziell weiterlaufen, und es ist nicht nötig, sich arbeitslos zu melden. Alleinstehende erhalten monatlich 432 Euro, hinzu kommen Gelder für Miete und Heizkosten. Geplante Kosten: 7,7 Milliarden Euro.

Mieter

Mietern darf nicht gekündigt werden, wenn sie wegen der Coronakrise ihre Miete nicht aufbringen können. Dies gilt für den Zeitraum vom 1. April bis zum 30. Juni. Allerdings müssen die Mieter glaubhaft nachweisen, dass sie tatsächlich durch die Epidemie in Rückstand geraten. Die Mieten müssen später nachgezahlt werden.

Eltern

Wer Kinder unter zwölf Jahren betreuen muss und deshalb nicht arbeiten kann, erhält 67 Prozent des Nettolohns. Dies gilt zunächst für sechs Wochen. Pro Monat gibt es höchstens 2.016 Euro. Dieser Anspruch besteht nicht in der Zeit, in der sowieso Schulferien gewesen wären. Die Auszahlung übernimmt der Arbeitgeber, der sich das Geld dann von der zuständigen Landesbehörde erstatten lassen kann. Da sich bei vielen Familien das Einkommen durch Corona reduziert, kann der Kinderzuschlag von 185 Euro jetzt leichter beantragt werden. Es zählt nur noch das letzte Monatseinkommen – statt der letzten sechs. Das gilt bis zum 30. September 2020.

Rentner

Rentner können ins Berufsleben zurückkehren, ohne dass ihre Rente gekürzt wird. Im Jahr 2020 dürfen sie 44.590 Euro hinzuverdienen, bisher waren es nur 6.300 Euro.

Unternehmen

Viele Unternehmen haben keine Kunden mehr oder aber die Lieferkette stockt. Damit den Firmen nicht das Geld ausgeht, können sie Notfall-Darlehen der Förderbank KfW beantragen. Die Gelder sollen dann schnellstmöglich über die Hausbanken ausgezahlt werden. Die KfW und damit der Staat übernehmen je Kredit ein Ausfallrisiko von bis zu 90 Prozent. Die Zinsen sollen sehr niedrig sein, für kleine und mittlere Unternehmen nur 1 Prozent betragen. Für größere Firmen stellt der Staat 600 Milliarden Euro an Hilfen bereit.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • 9G
    92182 (Profil gelöscht)

    Rentner treffe ich jeden morgen bei der Hauptpostverteilstelle ,wo sie ihre viel zu geringe Rente aufstocken indem sie für die Post kleine gelbe Kiste voll mit Briefen von A nach B transportieren .Wirklich meist Menschen über 70 , die zweifellos zur erhöhten Risikogruppe von Corona gehören .



    Wollte euch allen noch mitteilen, das dies heute mein Letzter Tag als Kommunade ist . Sozusagen eine Ehrenrunde . Irgendwann ist auch mal genug mit der N K .



    Tschüss

  • RS
    Ria Sauter

    Es fehlen die Kurzarbeiter in dieser Aufzählung. Ein kleiner Betrieb kann nicht aufstocken, es bleibt ein herber Einkommensverlust.



    Was geschieht wenn es aus der Kurzarbeit direkt in die Arbeitslosigkeit geht?



    Zählt dann für die Berechnung des Arbeitslosengeldes die Höhe des Kurzarbeitergeldes?



    Kein Wort das, nirgends.



    Hat die TAZ eine Antwort darauf?