Kommentar von Marthe Ruddat zum freien Eintritt für Frauen beim Fußball: Von vorvorgestern
Bei manchen Fußballspielen haben Frauen früher mal einen geringeren Eintrittspreis gezahlt als Männer – ähnlich wie Senior*innen, Studierende und Kinder. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das mancherorts immer noch so ist. Das ist genauso aus der Zeit gefallen wie die Idee des freien Eintritts für Frauen im Stadion, die der Verein Altons 93 gerade für den kommenden Sonntag wieder aufgewärmt hat. Beides zementiert Rollenklischees und gehört in die Geschichtsbücher – nicht in das Programm zum Internationalen Frauentag.
Dem Verein geht diese Erkenntnis offenbar ab: Es sei naheliegend, sich etwas Besonderes zum Frauentag einfallen zu lassen, sonst müsse man den Frauentag an sich infrage stellen. Ist der Frauentag also der Tag, an dem Frauen Geschenke gemacht werden mit dem netten Hinweis: Wir wissen, in Sachen Gleichberechtigung ist noch viel zu tun? Der Tag, an dem mit einem Blumenstrauß wiedergutgemacht wird, was sonst scheiße läuft? Das erinnert leider ziemlich an den Muttertag.
Genau das darf nicht sein. Geschenke führen den Tag nicht nur ad absurdum, sie lenken auch von den Problemen ab: Zum Beispiel davon, dass Morde an Frauen immer noch „Beziehungstat“ und nicht Femizid genannt werden. Dass Frauen überhaupt so oft Opfer von Gewalt werden, und das auch noch in der eigenen Beziehung. Davon, dass in Sachen politischer Teilhabe von Frauen in Deutschland ganz schön viel Luft nach oben ist, genauso wie, dass Frauen für die gleiche Arbeit immer noch nicht dasselbe Gehalt bekommen wie Männer.
Der Weltfrauentag sollte der Tag des Kampfes für Frauenrechte und gegen Diskriminierung sein, nicht der Tag der Geschenke. Dass Altona 93 sonst ein engagierter Verein ist, ändert leider nichts daran, dass die Aktion des freien Eintritts daneben ist. Und es hätte Alternativen gegeben. Die einfachste wäre gewesen, dazu aufzurufen, zur Frauentagsdemo zu gehen. Die findet allerdings zur gleichen Zeit statt wie das Fußballspiel.
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