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Bedrohungen gegen MinderheitenAttacke von rechts

Wenn Menschen Gruppen abwerten, befeuert das rechte Gewalt. Die Mitte ist Teil des Problems. Dabei könnte jeder und jede etwas dagegen tun.

Das eigene und das Fremde klar sortiert: Rechtsextreme protestieren gegen offene Grenzen Foto: Tobias Hase/dpa

Ein Hauch von Menschenverachtung steckt in vielen von uns. Sie ist gesellschaftlich tief verankert: Warum darf man jetzt nicht einmal mehr Zigeunerschnitzel sagen? Die sind aber auch empfindlich. Die Muslime haben ein rückständiges Frauenbild. Es sind ja auch wirklich viele junge, aggressive Männer, die hier Asyl suchen. Was bei der Mehrheit der Menschen abwertende Gedanken sind, im besten Fall reflektierte, ist für Rechtsextremist*innen die theoretische Grundlage für Gewalt gegen andere Menschen.

Auf Basis dieser gesellschaftlich verbreiteten Vorurteile können Milieus gedeihen, in denen sich Rechte radikalisieren. Der Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat dafür den Begriff der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ geprägt. Sie kommt zum Vorschein, wenn Menschen andere Menschen abwerten und ausgrenzen. Das passiert immer in Bezug auf eine bestimmte Gruppe – zum Beispiel „die Ausländer“, „die Lesben“ oder „die Obdachlosen“. Vereinfacht gesagt: Personen werden einer Gruppe zugeschrieben, die Gruppe wird als „anders“ deklariert und darum als nicht gleichwertig betrachtet. Seiner „eigenen“ Gruppe schreibt man das Gute zu.

Es geht nicht um individuelle Feindschaften, sondern es entsteht ein pauschales Feindbild. Genau hier schlummert die ideologische Verbindung zwischen Rechtsterrorismus und der Mitte der Gesellschaft. Beispiele dafür, was daraus erwachsen kann, gab es in den vergangenen Monaten erschreckend viele: Hanau, Halle, Kassel. Auch in Norddeutschland wurden muslimische und jüdische Gemeinden bedroht und gegen Kommunalpolitiker*innen gehetzt, die sich für eine offene Gesellschaft einsetzen.

Erst vor wenigen Wochen korrigierte das Bundeskriminalamt (BKA) die deutschlandweite Zahl rechter Gefährder nach oben: 60 von ihnen soll es derzeit in Deutschland geben. Der Begriff des sogenannten Gefährders ist noch jung. Vereinfacht gesagt, nennt das BKA so Menschen, die wahrscheinlich einen Anschlag begehen könnten und deren Motivation politisch oder ideologisch ist.

„Gefährder“ sind meist Islamisten, selten Nazis

Nach welchen konkreten Kriterien das BKA diese ausmacht, ist undurchsichtig. Die Wortschöpfung stammt von der Polizei. Kritiker*innen bemängeln, dass der Begriff rassistisch wirke, mehr Überwachung und härtere Abschiebungsmaßnahmen legitimiere. Denn die meisten Gefährder ordnet das BKA als islamistisch ein.

Laut der Bundesregierung gab es seit der Wiedervereinigung 94 Todesopfer rechter Gewalt. Doch die Zahl ist umstritten. Die gemeinnützige Amadeu-Antonio-Stiftung beklagt die staatliche Zählweise und recherchiert selbst: Sie kommt auf 208 Todesopfer rechter Gewalt. Im niedersächsischen Buxtehude etwa jährt sich am 22. März der Todestag von Gustav Schneeclaus. Im Jahr 1992 war der 53-Jährige an einer Bushaltestelle mit einer Gruppe Skinheads aneinandergeraten, weil er Adolf Hitler als „größten Verbrecher“ bezeichnet hatte. Sie schlugen ihn tot.

Die Täter aus Hanau und Halle haben allein gemordet. So ganz allein sind sogenannte Einzeltäter*innen jedoch nie. Auch sie docken an Ideen und Werte an, die bereits bestehen. Sie tauschen sich mit anderen Menschen darüber aus – sei es in Chatgruppen oder im Café. Sie radikalisieren sich in einem bestimmten Milieu und unterliegen Einflüssen aus der Gesellschaft. So bestand die Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) nicht nur aus einem Trio, sondern vielen Personen, die geholfen haben.

Laut Verfassungsschutz ist rechte Gewalt im Norden weniger verbreitet als in anderen Teilen Deutschlands: In Brandenburg fanden 2018 die meisten Übergriffe von Rechtsextremen statt, nämlich 4,7 pro 100.000 Einwohner*innen. In Bremen registrierte der Verfassungsschutz dagegen die wenigsten Taten mit 0,29 pro 100.000 Einwohner*innen. Auch in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein ist die Zahl vergleichsweise niedrig.

Was kann man tun?

Am Unsicherheitsgefühl von Menschen aus Einwandererfamilien, jüdischen und muslimischen Gemeinden oder Sinti und Roma ändert das wenig. Deshalb stellt sich die Frage, was die Mehrheitsgesellschaft tun kann, um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu bekämpfen.

Forschung zeigt: Widerstand gegen rechtsextreme Einstellungen im sozialen Umfeld ist elementar. Er kann dazu führen, dass Menschen rechten Einstellungen weniger zustimmen. Das gilt für Jugendliche ganz besonders. Denn sie sind noch auf der Suche nach ihrer Identität, und dabei manifestieren sich erste politische Einstellungen. Konkret heißt das: Etwas sagen, wenn eine Kolleg*in einen verächtlichen Kommentar über „die Türken“ macht. Widersprechen, wenn der Onkel auf der Familienfeier über „die Flüchtlinge“ schimpft. Nicht weghören, wenn Gruppen pauschalisiert und abgewertet werden. Schlicht: Menschenfeindlichkeit keinen Raum geben.

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9 Kommentare

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  • die eindeutige diskursverschiebung nach rechts liegt auch an der ´merkel muß weg ´haltung der dt tv sender,die immer wieder afd gehypt haben .ich erinnere mich wie gut sich petry/wagenknecht bei maischberger tummelten und ihr abstruses weltbild zum besten gaben.das wiederholt sich ständig.wieso wird ein nazi wie gaulandt eingeladen oder andere schergen???die vernatwortlichen cvd´s würde ich feuern!

    • @conny costa:

      Nun, das liegt daran, dass die Sender Quote machen wollen.



      Um das zu erreichen versucht man bildungsferne Zuschauer, und genau das sind die Wähler der AfD, von den Privatsendern zurückgewinnen.



      Aus diesem und keinem anderen Grund werden Leute wie Gauland oder der Bernd eingeladen.



      Weidel und Storch sind mit ihren Ansichten immerhin noch unterhaltsame Pausenclowns.

      • @Hugo Rune:

        es geht nicht nur um quote ,sondern um die zusammensetzung der rundfunkräte.die konservative mehrheit will dran bleiben,also denkt sie die afd bloßstellen zu können bei gleichzeitigem ´merkel weg´ verhalten...aber das funktioniert nicht.

  • Je mehr ein diffuses Feindbild „ Mitte“ aufgebaut wird, desto mehr wird die beklagte Spaltung voranschreiten. Bei diesem Beitrag fällt mir nur ein: „es wurde schon alles gesagt, aber noch nicht von Jedem“.

  • ... dabei sagt doch der Slogan alles aus:

    "Heute sind wir tolerant,



    morgen fremd im eigenen Land",

    man muss ihn nur von der richtigen Seite aus lesen.

    Wenn die Demokraten - unabhängig von ihren sonstigen Meinungsverschiedenheiten und ihrem sonstigen Streit - in der Frage der Demokratie und ihrer Verteidigung nicht zusammen stehen und zusammen halten, wird es so sein, dass wir bald Fremde sind im eigenen Land, und dann auch so behandelt werden.

    Damals war es doch so, dass die Nazis alle verfolgten, diskriminierten, schlugen, verschleppten und ermordeten die nicht ihrer Vorstellung vom Germanen entsprachen.

    • @Der Allgäuer:

      Brillant analysiert,



      Ihr Kommentar ist tatsächlich einer der besten Äusserungen zu dem blödsinnigen Slogan, den ich je gelesen habe.



      Chapeau!

  • Nein, die Mitte ist nicht Teil des Problems, sondern die einzig mögliche Lösung. Denn die Sozialdemokratie, die Konserativen, die Liberalen und auch ein Teil der Grünen grenzen an diesen Ansichten. Wenn ganz Deutschland von einer Spaltung spricht, so kann diese nur irgendwo in der Mitte sein. Wenn links oder rechts etwas verlorengeht, so ist es eine "Absplitterung". Und wenn über die "dumpfe" Mitte schwadroniert wird, die über Gruppen pauschal ihre Meinung äußert, so ist dieser Artikel in gleichem Maße schwach, denn hier wird über die Gruppe der "Mitte" pauschal geurteilt.

    • @Puky:

      Kommt drauf an wo man Mitte verordnet. Neue Mitte, in ihrem Sinne, oder eben Mitte im Sinne von CSU und weiten Teilen der CDU. Der moderne Großstädter erlebt diese Leute aber nicht mehr als Mitte sondern als irgendwie aus der Zeit gefallen.

      • @Gunnar Grannis:

        Da gebe ich Ihnen recht, aber dann ist der Artikel schon beliebig, wenn dort von der "Mitte" als Teil des Problems angesprochen wird und jeder Mensch die "Mitte" für sich persönlich verortet. Im übrigen halte ich Großstädter nicht für moderner als andere Bewohner des Landes. Sie leben nur mit einer größeren Anzahl von Menschen zusammen, was der Selbstreflexion schon mal schädlich sein kann.....