Entscheidung über die EJS: An der Zukunft sparen
Der Evangelischen Journalistenschule droht das Ende. Sparzwänge des von der evangelischen Kirche finanzierten Trägers sind der Grund dafür.
Martin Luther hatte 95 Thesen, die Volontär*innen der Evangelischen Journalistenschule (EJS) in Berlin brauchen nur 9,5, um klarzumachen, warum ein „Aus“ für die renommierte Ausbildungsstätte Ketzerei wäre. Doch wenn ab Freitag der Rat der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland zu seiner Sitzung in Hannover zusammenkommt, geht es genau darum.
Die Kirche muss wieder einmal sparen, und die Ansagen des ersten Mannes der EKD verheißen nichts Gutes: Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm schrieb auf Facebook, er sei beeindruckt, „wie viele Menschen sich für die bisherige Fortführung der Schule einsetzen, darunter auch viel bekannte Hochkaräter des Journalismus“. Man werde das „natürlich mit in die Beratungen hineinnehmen“. Nur um nachzuschieben, der Rat der EKD werde „ergebnisoffen“ über das Schicksal der Schule beraten.
„Wir stehen da vor großen finanziellen Herausforderungen und müssen schmerzlich einsehen, dass wir nicht in allem so weitermachen können, wie wir es gerne täten“, so Bedford-Strohm weiter. Wie das zu seinen Worten passt, das journalistische Qualität in der digitalen Gesellschaft immer wichtiger werde? Da nehme er „kein Jota zurück“, schreibt Bedford-Strohm Aber dieses kirchliche Commitment könne „nie untrennbar an eine bestimmte Institution in einer bestimmten Form geknüpft sein“.
Das sieht der aktuelle Volontariatsjahrgang der EJS anders. In ihren Thesen verweisen die 16 Teilnehmer*innen auf den großen Erfolg der Schule, die bislang über 1.300 Journalist*innen aus- und weitergebildet hat. „Die Evangelische Kirche in Deutschland hat mit der EJS eine wichtige Institution geschaffen, die mit vergleichsweise wenigen Mitteln in die gesamte Gesellschaft hineinwirkt. Wenn die EKD die Schule mit ihrem jährlichen Budget von 500.000 Euro aufgeben würde, wäre dies eine Bankrotterklärung, ein Statement gegen Qualitätsjournalismus.“
Hoher Spardruck
Träger der seit 25 Jahren bestehenden Einrichtung gleich hinter dem Berliner Bahnhof Zoo ist ganz überwiegend das Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik (GEP). Und das GEP ist nicht eben auf Rosen gebettet. Die Gesamtkosten belaufen sich nach eigenen Angaben auf 22,5 Millionen Euro im Jahr, 12 Millionen davon schießt die Kirche jährlich zu. Rund eine halbe Millionen davon gehen an die EJS. Zum GEP gehören auch die Nachrichtenagentur Evangelischer Pressedienst (epd), Fachdienste wie epd medien oder das Magazin Chrismon.
Nun soll also wieder einmal gespart werden. Angesichts steigender Kosten und schwieriger werdenden Rahmenbedingungen im klassischen Medienmarkt soll das GEP bis 2024 mit knapp 2 Millionen Euro weniger auskommen. Gemeinschaftseinrichtungen haben es bei der aus 20 Landeskirchen bestehenden EKD nie leicht. Und weil die Zahl der Gläubigen sinkt, klingelt es auch im Kirchensteuerbeutel immer leiser.
Dabei zeigt gerade die EJS, warum Kirche auch in ganz weltlichen Angelegenheiten wichtig und richtig sein kann: Anders als die zumeist kommerziellen oder verlagsgebundenen Journalistenschulen steht die EJS für gelebte Vielfalt. Herzstück ist der knapp zweijährige Volontärskurs. Nur an der EJS haben dabei auch jene eine Chance, die schon ein wenig älter sind. Aktuell sind hier Menschen zwischen 24 und 35 Jahren in der trimedialen Ausbildung, die so schon jede Menge Lebenserfahrung mitbringen. Bei der Auswahl spielt soziales und gesellschaftliches Engagement eine große Rolle.
Und der Erfolg gibt der EJS recht: Ihre Absolvent*innen arbeiten bei allen großen deutschen Medien, beim Spiegel und bei der Zeit, bei ARD und ZDF – und längst nicht nur bei Chrismon oder evangelisch.de. Denn das Kirchliche stand bei der EJS nie an erster Stelle. Es geht bis heute um hervorragende journalistische Ausbildung. Mit der könnte es nun bald vorbei sein.
Die EKD hat nun die Chance, sich zu einer mutigen, nachhaltigen Entscheidung durchzuringen. Denn der EJS ist auch nicht mit einer Schmalspurlösung für ein oder zwei Jahre geholfen. Sie braucht eine langfristige Perspektive. Sonst gilt für die EKD die dritte These des womöglich letzten Jahrgangs der EJS: „Wer eine Schule schließen will, ist nie dynamisch und modern. Wer eine Schule schließt, ist Gegner einer klügeren Zukunft.
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