Franken-„Tatort“: Trügerische Erscheinung
Eine geschäftstüchtige Maklerin wird getötet. Aber war sie, wie sie schien? Der Tatort lehnt sich nicht nur musikalisch an ein prominentes Vorbild an.
Barbara Sprenger (Anna Tenta) war eine geschäftstüchtige Immobilienmaklerin, im Kollegium beliebt, unabhängig, spendabel gegenüber karitativen Organisationen. Mit zwei heftigen Messerstichen wurde sie zu Tode gebracht. Die Tatwaffe findet sich frisch gereinigt in der Spülmaschine. Für die Nürnberger Ermittler Felix Voss (Fabian Hinrichs) und Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) ist nicht gleich klar, ob das Verbrechen im Affekt oder mit Vorsatz verübt wurde. Bald zeigt sich, dass das äußere Erscheinungsbild Sprengers gewaltig trog.
Gleich viermal zitiert Regisseur Max Färberböck, der gemeinsam mit Catharina Schuchmann auch das Drehbuch zur „Tatort“-Folge „Die Nacht gehört dir“ verfasste, die britische Serie „Broadchurch“ – auf der Tonspur. Der isländische Musiker Ólafur Arnalds schuf für „Broadchurch“ Kompositionen, die wesentlich zur Stimmung der ITV-Serie beitrugen. Eine sonderbar anmutende Entscheidung also, eine eigene Inszenierung mit einer Musik zu unterlegen, die so eng mit einer der besten Serien aller Zeiten verbunden ist.
„Broadchurch“ ist ein in drei Staffeln erzähltes Krimidrama, nicht nur handwerklich gut gemachte Unterhaltung wie die meisten Netflix- und Amazon-Serien – sondern Drehbuchautor Chris Chibnall hat auch etwas zu sagen.
Das zeigt insbesondere die dritte Staffel, die einen Fall von Vergewaltigung verhandelt. Die österreichische Drehbuchautorin Sarah Wassermair („Janus)“ urteilte: „Die dritte Staffel ist die mit Abstand beste Aufarbeitung einer Vergewaltigung, die ich bisher in einem fiktiven Medium gesehen habe – ganz beim Trauma und dem Ins-Leben-Zurückfinden des Opfers, ganz, ganz weit weg von jedem Voyeurismus.“
Franken-„Tatort“: „Die Nacht gehört dir“, So., 20.15 Uhr, Das Erste
Die musikalischen Auszüge im aktuellen „Tatort“ aus der ersten „Broadchurch“-Staffel erlauben Gedankenspiele: Referenz? Absichtsbekundung? Anmaßung? „Die Nacht gehört dir“ fällt ebenfalls in die Rubrik Krimidrama. Auf zwei parallel geführten Zeitebenen erzählt Färberböck von tragischen Verstrickungen, die den Ermittlern schwer zusetzen. Färberböck bewegt sich folglich im selben Metier wie Chris Chibnall, erzeugt Spannung, verfehlt aber die Dichte von dessen Meisterwerk.
Ein Unterschied liegt in der Führung der Schauspieler, die, typisch deutsch, selbst dann noch angestrengt wirken, wenn sie Lakonie spielen. Für Irritationen sorgen einige sexistische Kameraeinstellungen, für die es keine handlungsgebundenen Anlässe gibt.
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