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Rundfunkbeitrag ab 202186 Cent mehr

Am Donnerstag gibt die KEF-Kommission ihre Empfehlung für den Rundfunkbeitrag ab. Konflikte werden wohl ausbleiben, es steht zu viel auf dem Spiel.

Die Lautsprecherwand in der Redaktion von Radio Bremen ist nur noch Dekoration Foto: Eckhard Stengel/imago

Trägt Anstaltskleidung und ist bewaffnet“, lautet die Warnung auf einem Buch, das die beste Mitbewohnerin der Welt neulich mal anschleppte. Heinz Fischer-Heidlberger kann trotzdem beruhigt sein: Wenn der Vorsitzende der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) am Donnerstagnachmittag in Berlin die Empfehlung zur Höhe des Beitrags ab 2021 vorlegt, droht kein 70er-Jahre-Krimi mit den Intendant*innen.

Die Luft ist längst raus, denn die magische Zahl wurde schon bekannt: 18,36 Euro. Macht also pro Monat 86 Cent mehr für die Öffentlich-Rechtlichen.

Prompt hebt die große Zahlenhuberei an. Der ARD ist das eigentlich zu wenig. Sie verweist darauf, dass der Beitrag schon heute bei 18,35 Euro liege. Denn 2013 wurde ja das Finanzierungssystem von der an das Gerät gekoppelten Gebühr auf den heutigen Beitrag pro Wohnung umgestellt. Seitdem fließen die dadurch erzielten Mehreinnahmen peu à peu den Anstalten zu und peppen die von allen zu entrichtenden monatlichen 17,50 Euro auf.

Stimmt, aber gerade deswegen haben die Anstalten schon heute mehr Geld, auch wenn der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow (WDR) eben wieder tapfer beteuerte, der Rundfunkbeitrag sei seit 2009 ja nimmermehr gestiegen. Das ZDF verhält sich wesentlich smarter. Sein Chef Thomas Bellut hatte vor Wochen erklärt, man akzeptiere die KEF-Empfehlung und werde eben noch ein bisschen sparen.

Negativbeispiel Großbritannien

Experten wie Volker Nünning vom Fachdienst Medienkorrespondenz(­Disclaimer: da schreibe ich gelegentlich auch) rechnen zudem vor, dass die Anstalts-Zahl von 18,35 Euro genauso wenig stimme. Da seien diverse Sondereffekte nicht berücksichtigt, so dass die Erhöhung ein bisschen mehr als einen popeligen Cent ausmache.

Doch all das führt am Kern der Sache vorbei: Denn gespart wird auch am Programm. Das haben mit freundlich-drohendem Unterton diverse Intendant*innen schon verkündet. Sie können vermutlich auch nicht anders. Denn hier ist der variabelste Kostenblock. Bei allen anderen Strukturen hat man sich selbst fest umstellt. Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von „Versteinerung“ gesprochen. Der Begriff könnte auf viele andere Bereiche des Anstaltslebens übertragen werden.

Nun wird der neue Beitrag ja erst zum neuen Beitrag, wenn alle 16 Landtage zustimmen. Drohgebärden vonseiten der Politik gab es zuhauf. Doch wirklicher Widerstand scheint nun selbst im Osten halbwegs vom Tisch. Die Furcht vor einer Grundsatzdebatte, wie sie gerade um die BBC tobt und die nur der AfD in die Hände spielen würde, hilft dabei. Dieses Mal dürfte es also noch gut gehen.

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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10 Kommentare

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  • Dass eine Grundsatzdebatte nur der AfD in die Hände spielen würde, kann ich so nicht nachvollziehen.

    Ich halte sowohl ÖRR als auch Afd für große Übel.

    Die einen kann ich Nichtwählen. Um den anderen keine finanzielle Unterstützung angedeihen zu lassen, muss ich große Nachteile in Kauf nehmen.

    Der einzig mir vorstellbare Grund warum die Grundsatzdebatte ausbleibt, ist, dass die sog. Elite Angst hat, etliche lukrative Pöstchen zu verlieren.

    Leider gibt es immer noch keine Möglichkeit, aus Gewissensgründen eine Befreiung von der Finanzierung dieser massivst überbezahlten Schmon­zettenproduzenten, Nachrichtenfärbern und Hirngleichschaltern zu erhalten.

  • "Dieses Mal dürfte es also noch gut gehen."

    Es ist keine kluge Taktik einem Thema aus dem Wege zu gehen, nur weil es der AfD nutzen könnte. Wir müssen eine gesellschaftliche Diskussion darüber führen, was für eine Grundversorgung wir in Zukunft haben möchten. Von "Rundfunk" kann ja nicht mehr die Rede sein. Und ob wir neben politischen Formaten auch Formate wie das Traumschiff brauchen. Und ob Millionen in Übertragungslizenzen für überbewertete Fußballveranstaltungen gepumpt werden. Denn wenn wir diese Fragen nicht diskutieren, könnte die AfD mit ihrer Geisterfahrerpolitik eines Tages Erfolg haben, ähnlich eines BoJos mit seinen Tories in der UK.

  • Schon bemerkenswert, dass der Autor keine Zeile darüber verliert, dass das geplante Indexierungsmodell nicht kommen wird. Eigentlich war geplant, dass die Rundfunkabgabe aufgrund der Preissteigerungsrate (Indexmodell) künftig ohne das bisherige Prozedere der Genehmigung durch Ministerpräsidenten und Landesparlamente erfolgen soll. Damit wäre der regelmäßige Anlass für das ARDZDF/Bashing endlich vom Tisch gewesen - was dem Rundfunk für Alle gut getan hätte. Da sich die Ministerpräsidenten der Länder aber nicht einigen konnten, wird es jetzt also wieder regelmäßig diese alberne Debatte um die Cents geben. Dabei wissen die meisten Pöbler ggen ARD und ZDF nicht, wieviel sie eigentlich monatlich bezahlen müssen. Für einen Bundesliga-Tag live-TV bezahlt man bei Sky fast soviel, wie für ARD, ZDF und Deutschlandradio im Monat.....

    • @Philippe Ressing:

      Da kann man aber frei entscheiden, ob man das kauft....

  • Wir könnten ja beispielsweise auch einen ÖPNV-Beitrag bundesweit erheben. Alle müssen zahlen, wie bei der GEZ und können es dann benutzen. Im Prinzip dieselbe Finanzierungsform, aber es ist eben an diesem Beispiel genau zu sehen, wer profitiert und wer verliert. Warum soll ein Nicht-Bahnfahrer zahlen? Warum aber bekommt ein Viel-Bahnfahrer seine Reise auch von den Nichtfahrern gepampert? Wir können auch so das Telefonieren umlegen: TEZ, warum nicht?



    Anstatt hier über die Höhe der Erhöhung herumzudiskutieren, sollte mal lieber was Grundsätzliches besprochen werden.

    • @Thomas Schöffel:

      1. Der ÖPNV wird nur zu einem Teil durch Einnahmen aus Fahrkarten finanziert - den Rest zaheln alle per Steuer. 2. Den Autostraßenbau bezahlen alle - egal ob sie fahren oder nicht per Steuer. 3. Die Online-Infrastruktur zahlen alle durhc staatsliche Gelder für den Ausbau. Fazit: Ginge es nach Ihrer Logik, dürften nur Kranke für die Krankenkasse, Alte für die Rentenkasse und Eltern für die Schulen zahlen. Soweit geht ja nciht mal Trump!

      • @Philippe Ressing:

        Naja, nicht ganz. Die Versicherungsstruktur ist da notwendig, wo ein einzelner mit Kosten überfordert ist. Kein Durchschnittsbürger könnte mal eben so eine Krebs- oder Herzoperation bezahlen. Da ist das Umlagesystem natürlich angebracht. Auch eine Alten- oder Sozialversicherung ergibt da Sinn. Aber beim Autoverkehr müssen nur die Steuern bezahlen, die auch einen Wagen haben, obwohl auch die nichtzahlenden Fußgänger Straßen benutzen können. So einfach ist das nicht. Die Gesamtverteilung der GEZ auf alle finde ich nicht angebracht. Wer früher keinen Fernseher hatte, brauchte nicht zahlen. Das war schon nicht die große Gerechtigkeit, aber viel näher dran.

    • @Thomas Schöffel:

      1. ÖPNV zahlen alle, Fahrkarten decken nur einen Teil der Kosten. 2. Alle zahlen für Straßenbau, nicht nur die Autofahrer.



      Nach ihrer Logik zahlen nur kranke für die Krankenkasse, Rentner an die Krankenkasse und Eltern für Schulen.

  • 5-10 Minuten typische RTL-Sedierung (gerne auch Sat 1 o.ä.) überzeugen mich bereitwillig die 86 Cent zu blechen.

    Mein Vorschlag: macht 1.50 EUR daraus und emtfernt endlich JEGLICHE Werbung aus den ÖR Kanälen.

    • @Nachtvogel:

      Kein Problem, wenn Sie die 86 Cent bereitwillig "blechen" wollen, wenn Ihnen der ÖR gefällt.



      Ich würde die 18,36 EUR dagegen lieber auf taz und anderen Online-Medien verteilen, weil ich kein Bedürfnis verspüre mir RTL oder ARD/ZDF anzutun.