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portraitRichter mit Bademeister-Ambitionen

Auch heute wird Maximilian Hofmeister die Zeugen im Pfahls-Prozess wieder seelenruhig und ab und an schmunzelnd befragen. Ex-Kanzler Kohl wird aussagen, doch auch ein einstiger Regierungschef schreckt den Vorsitzenden Richter der 10. Strafkammer am Landgericht Augsburg nicht: Vorige Woche pfiff er Ex-Justizminister Klaus Kinkel scharf an. Der Zeuge ließ ihn warten und trat allzu großspurig auf. Kein Benehmen gegenüber einem schwäbischen Richter, stellte Hofmeister klar: „Wir sind hier bei Gericht, da gelten andere Regeln als in den Gremien, in denen Sie sonst verkehren!“

Und voriges Jahr, beim Prozess gegen Max Strauß, ließ Hofmeister – übrigens JU-Mitglied, bis ihn 1965 ein CSU-Abgeordneter ohrfeigte – Bayerns Ministerpräsidenten Edmund Stoiber samt halber Regierungsriege antreten, um nachzufragen, ob sie von Maxens Schwarzgeldkonto „Maxwell“ wussten. Im Halbstundentakt bekam er ein „Nein“ zu hören. Hofmeister verurteilte Strauß dennoch zu drei Jahren und drei Monaten. „Wir alle müssen Steuern zahlen, und das hat der Angeklagte nicht getan.“

Pfahls könnte glimpflicher davonkommen. Der Ex-Rüstungsstaatssekretär redet: über die Zeit vor seiner Flucht, über seinen einstigen Spetzl, den Waffenschieber Karlheinz Schreiber. So was belohnt Richter Hofmeister. Schon bei der Urteilsverkündung gegen Strauß im Juli 2004 richtete er via Medien aus: „Lassen Sie sich die strafmildernde Bedeutung eines Geständnisses durch den Kopf gehen, Herr Pfahls.“

Hofmeister war es wichtig, dass endlich einer auspackt über die Waffendeals samt Steuerhinterziehungen, bei denen Schreiber das Heft in der Hand hatte. Auch wenn er einen Prozess gegen den Drahtzieher nicht mehr selbst führen wird – er ist inzwischen Vizepräsident des Gerichts – so läuft dennoch eine ungewöhnliche Wette weiter: Bademeister wolle er werden, versprach Hofmeister, wenn sowohl Pfahls als auch Schreiber vor der Augsburger Justiz erschienen. Schreiber lässt es sich in Kanada gut gehen und wartet dort auf die Verjährung seiner Straftaten – noch. Denn Hofmeister, Jahrgang 1948, ist listig. Um bei Pfahls die Verjährung zu verhindern, hängte er mangels Zustelladresse einen Brief ins Landgericht. Der Ex-CSU-Politiker solle sich doch bitte binnen zweier Wochen bei Gericht melden, ansonsten werde die Anklageschrift einem Pflichtverteidiger zugestellt.

Und Pfahls erschien mittlerweile in Augsburg. Zum Prozessauftakt vor einem Monat verriet Hofmeister ihm seinen Trick: „Das war juristisches Neuland: Zustellung einer Anklageschrift an ein Phantom.“ Und schmunzelte. MAX HÄGLER

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