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Linke Kandidatin zur Hamburg-WahlIn großen Fußstapfen

Die Kriminologiestudentin Maya Klasen kandidiert bei der Bürgerschaftswahl für die Linke. Sie könnte die Nachfolgerin von Christiane Schneider werden.

Setzt sich besonders für Frauen*: Maya Klasen von den Linken Foto: Miguel Ferraz

Hamburg taz | Ende Januar steht Maya Klasen im schummrigen Licht des Restaurants „Maharaja“ auf St. Pauli und schüttelt viele Hände. Neben ihr steht Christiane Schneider, die innenpolitische Sprecherin der Hamburger Linken. Für Schneider endet die parlamentarische Arbeit mit dieser Legislaturperiode. Darum stellt sie nun Maya Klasen als ihre mögliche Nachfolgerin vor.

„Noch ist sie auf Platz 17. Aber man kann sie hochwählen“, sagt Schneider zu einem Mann, der sich zu den beiden gesellt hat. In einigen Minuten beginnt die Diskussionsveranstaltung „Connewitz, G20, Gefahrengebiete… Polizei als politischer Akteur“. Neben Schneider und Klasen ist auch Juliane Nagel da, eine sächsische Landtagsabgeordnete aus Leipzig.

Klasen wollte zunächst gar nicht für die Bürgerschaft kandidieren. „Als junger Mensch hatte ich erst mal nicht die Idee, ich muss unbedingt in die Bürgerschaft“, erzählt die 27-Jährige eine Woche vor der Diskussion in dem Restaurant. Doch dann sprachen sie mehrere Menschen aus ihrer Partei, der Linken, an – auch weil es auf der Landesliste weniger Frauen gab, als es sich die Partei wünschte.

Denn die Linke hat sich selbst eine Frauenquote von mindestens 50 Prozent auferlegt. „Für mich war es schön, gefragt zu werden“, erzählt Klasen. „Es hilft, eine Frauenquote zu haben, um Frauen – gerade junge Frauen – zu ermutigen, sich einzumischen und Politik zu machen.“

Im Wahlkampf setze sie sich darum besonders für Frauen* ein. „Frauen mit Sternchen“, betont sie. Also alle Menschen, die sich selbst als Frau wahrnehmen – unabhängig von Biologie oder Fremdwahrnehmung. Auch Kinder und Jugendliche seien wichtig für Klasen, erzählt sie. Mit ihrem Studium der Internationalen Kriminologie hat sie 2018 an der Universität Hamburg begonnen. Dabei beschäftigt sie sich viel mit Grundrechten und Sicherheit. Darum ist ihr dritter politischer Schwerpunkt: Innenpolitik.

Die Masterarbeit muss warten

Ihre Masterarbeit schreibt Klasen über die Kriminalisierung von arbeitenden Kindern. Allerdings hat sie auf Seite 35 ihrer Masterarbeit aufgehört zu schreiben. Seit ungefähr einem Monat kommt sie nicht weiter – seit der Wahlkampf begonnen hat.

Trotz ihrer spontanen Kandidatur nimmt Klasen ihren Wahlkampf sehr ernst. Jede Woche hat sie mehrere Veranstaltungen: einen Video-Dreh für die Partei, Kochen für Instagram, Diskussionsrunden an Schulen, Straßenwahlkampf, Flyer auslegen, Wahlkampfplenum, Demonstrationen, Landesarbeitskreise. Sie ist engagiert – und trotzdem wahrscheinlich erfolglos.

Kurz bevor die Diskussion um die Polizei in dem Restaurant losgeht, setzt sich Klasen hinter einen dunklen Holztisch und schaut auf einen Zettel. Auf ihm sind Stichpunkte zu Polizei und Verfassungsschutz aufgelistet. „Der ist nur zur emotionalen Unterstützung“, sagt sie. „Ich glaube nicht, dass ich draufschauen werde.“ Noch während sie spricht, durchdringt ein tiefes Brummen den Raum. „Test“, hallt durch den Lautsprecher. „Gut, dass wir ein Mikro kriegen. Ich rede immer so leise“, sagt Klasen.

Um sich vorzubereiten, hat sie die Stellungnahmen des Hamburger Datenschutzbeauftragen zum neuen Polizeigesetz und Verfassungsschutzgesetz gelesen. Während ihre Parteikolleginnen von ihren Erfahrungen mit der Polizei erzählen und über ihre politische Arbeit reden, ordnet Klasen die Dinge wissenschaftlich ein. Sie spricht von Machtdynamiken und Corpsgeist in der Polizei, über deren Gewaltmonopol und Deutungshoheit. Je später es wird, desto öfter reibt sie sich die Augen. Sie wirkt etwas müde.

Am Tag zuvor ist Klasen umgezogen – zum siebten Mal in Hamburg. Dabei lebt sie erst seit zwei Jahren in der Stadt. „Meine Lebenssituation hier ist sehr geprägt von Wohnungsnot“, erzählt Klasen. „Als junge Studierende mit wenig Geld bin ich in Situationen gekommen, in denen ich Wohnungsangebote annehmen musste, die sich als nicht tragbar herausgestellt haben – weil ich in Abhängigkeiten geraten bin oder Gewalt erlebt habe.“ Weiter will sie nicht ins Detail gehen.

Dennoch: Das Problem ist für sie nicht nur ein persönliches, sondern ein politisches. „Menschen ohne feste Arbeitsstelle sind stigmatisiert und bekommen schlicht keine Wohnung. So was darf nicht sein“, sagt sie. „Wir brauchen mehr Wohnheime, die nicht an den privaten Wohnungsmarkt angegliedert sind.“

Eine andere Partei wäre nicht in Frage gekommen

Bevor Maya Klasen nach Hamburg gekommen ist, hat sie in Wien, Prag und Frankfurt studiert. Einen Bachelor-Abschluss hat sie in Kulturanthropologie und Erziehungswissenschaften. Aus Interesse schnupperte sie noch in andere Studiengänge rein: Religionswissenschaften, Islamische Studien, Judaistik, Architektur, Psychologie. Erst in Hamburg ist Klasen der Linken beigetreten. Das war im Oktober 2018. „Ich war vorher noch nie in einer Partei Mitglied und ich wäre nie in eine andere Partei eingetreten“, sagt sie voller Überzeugung.

Eine aktuelle Umfrage von Infratest-Dimap sieht die Linke zurzeit bei acht Prozent. Klasen steht nun auf Platz 17 der Linken-Landesliste und auf Platz 6 der Wahlkreisliste in Altona-Altstadt. Auf die Frage, wie sie sich ihre Chancen ausrechnet, antwortet sie: „Naja, ich bin auf Platz 17. Das ist sehr unwahrscheinlich. Ich müsste schon über die Personenstimmen reingewählt werden, um in die Bürgerschaft zu kommen.“ Lust darauf habe sie aber. Wenn sie es nicht ins Parlament schafft, will Klasen trotzdem weiter Politik machen – vielleicht als Mitarbeiterin in der Partei oder der Fraktion.

Nach der Diskussion beugt sich Christiane Schneider über den Tisch zu Maya Klasen und fragt: „Was willst du trinken? Wein?“ Klasen sagt: „Ich trinke keinen Alkohol.“ „Was? Wie willst du dich dann mit der Polizei auseinandersetzen?“, antwortet Schneider scherzhaft. Klasen lacht kurz auf und sagt: „Ich bin auch so widerstandsfähig.“ Dann bestellt sie eine Apfelschorle.

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1 Kommentar

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  • Dabei reden doch alle über den Listenplatz 20.



    Der hat seinen Platz in der Bürgerschaft doch schon fast sicher - im Notfall mit Leihstimmen aus dem AfD -Umfeld.