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Zu viel Bürokratie

Netzwerk legt verheerende Bilanz für 2019 vor

Der Verein Changing Cities und seine „Fahrradfreundlichen Netzwerke“ in den Bezirken beobachten die Umsetzung des Mobilitätsgesetzes mit Argusaugen – und kritisieren scharf, dass es einfach nicht vorangehe. Zuletzt hat das Netzwerk Fahrradfreundliches Tempelhof-Schöneberg eine verheerende Bilanz für 2019 vorgelegt. Die einzige – planerische – Baustelle, auf der wirklich etwas passiere, sei der ca. 4 Kilometer lange Teilabschnitt der künftigen Radschnellverbindung „Teltowkanalroute“, heißt es auf der Webseite der Initiative. Dieser Prozess wird von der landeseigenen InfraVelo GmbH vorangetrieben. Sonst aber sei wenig bis nichts geschehen: „Die Bilanz für 2019 ist ein Desaster. Selbst einfache Aufgaben, die nur geringe Planungs- und Bauaufwände verursachen, gelingen nicht.“

Nur ein kleiner Lichtblick sei der geplante Verkehrsversuch mit geschützten Fahrradstreifen auf dem Tempelhofer Damm. Fehlanzeige dagegen auf allen weiteren Hauptstraßen sowie im „Vorrangnetz“ sowie beim sicheren Umbau von Knotenpunkten. Auf den Nebenstrecken gebe es Fortschritte bei „sehr wenigen kleinen Maßnahmen“, beim Ausbau der Bestands-Radverkehrsanlagen sei gerade einmal die Sanierung einer Teilstrecke entlang des Tempelhofer Felds erfolgt. Neue Fahrradbügel – laut Gesetz müssten rechnerisch 8.000 Stück im Bezirk entstehen – seien nicht montiert worden, obwohl das Netzwerk mehr als 200 Standortwünsche eingereicht habe. Ein vom Bezirks­amt Ende 2018 beauftragtes Planungsbüro habe bis Ende 2019 keine Ergebnisse geliefert.

Auf Anfrage der taz äußerte sich die zuständige Bezirksstadträtin Christiane Heiß (Grüne) zu der Bilanz, die sie „unsolide“ findet: „Es ist unzutreffend, dass wir keine Vorplanungen getätigt haben“, so Heiß. Im laufenden Jahr würden etliche „kleinere und größere“ Projekte umgesetzt. Darüber hinaus müsse allen BeobachterInnen klar sein, dass der Bezirk bislang nur eine der zwei vom Mobilitätsgesetz vorgesehenen PlanerInnenstellen habe besetzen können – im Rahmen einer internen Lösung. Die Schwierigkeit, Fachkräfte zu finden, teile man mit den meisten anderen Bezirken.

„Ehrgeizige Ziele zu formulieren ist gut, aber die Verwaltung muss auch angemessen ausgestattet werden, um diese umzusetzen“, so Heiß. Sie bemängelte zudem die langwierigen und bürokratischen Verwaltungsprozesse, die ein schnelles Vorankommen oft behinderten. An den Senat, aber auch den eigenen Bezirk richtete sie die Kritik, es werde zu wenig getan, um eine Entschlackung im Rahmen der Verwaltungsreform voranzutreiben. „Es gibt zum jetzigen Zeitpunkt niemanden in dieser Stadt, der den Überblick über alle laufenden Radverkehrs-Projekte hat.“ Claudius Prößer

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