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E-Autos in NorwegenHalb elektrisch

In Norwegen war 2019 fast jeder zweite Neu-PKW ein Elektroauto. 2025 ist die 100-Prozent-Marke angepeilt. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

So parken Norweger: Immer häufiger an der Steckdose Foto: Erik Irmer

Stockholm taz | Als OFV, die norwegische Branchenorganisation für den Strassenverkehr, am Freitag ihre Jahresbilanz für 2019 präsentierte, war es eigentlich wie immer in den vergangenen Jahren: Es konnte mal wieder ein neuer Zulassungsrekord für Elektrofahrzeuge gemeldet werden. Mit 42,4 Prozent aller verkaufter Neuwagen nähert sich Norwegen der 50 Prozent-Marke. In einigen Monaten des Vorjahres konnte man die auch bereits überschreiten. Im Gesamtjahr 2020 wollen die Nordeuropäer die Hürde endgültig nehmen.

Viel sei erreicht worden, rechnete OFV-Direktor Øyvind Solberg Thorsen vor: 2014 hatte jeder achte neu zugelassene PKW null Emissionen von Klimagasen, 2016 jeder siebte, 2017 jeder vierte, 2018 jeder dritte. Das Tempo müsse nun allerdings zunehmen, sagte Thorsen. Sonst gebe es keine realistische Aussicht, das vom norwegischen Parlament 2017 angepeilte Ziel zu erreichen, ab 2025 keine Personenwagen und leichte Lastwagen mit fossilem Antrieb mehr neu zuzulassen.

Als das Storting das beschloss, lag der Anteil von PKWs mit Benzin- und Dieselantrieb noch bei 47,8 Prozent. Im vergangen Jahr waren es weniger als ein Drittel, 31,7 Prozent. Der Rückgang gegenüber dem Vorjahr (39,7 Prozent) lag dabei primär bei Benzinern. Hierzu kam ein Verkaufsanteil von 25,9 Prozent für Hybrid- und Plug-in Hybrid-PKW's. Bei der Produzentenstatistik hatte Volkswagen mit seinen Verbrennern, Hybrid- und E-Autos zusammengerechnet hauchdünn die Nase vorn vor der US-Elektroauto-Marke Tesla.

Damit ist der norwegische Markt bezogen auf die Umweltfreundlichkeit seiner Antriebe einer mit den weltweit größten. Allerdings ist er auch relativ klein. Insgesamt wurden 2019 nur gut 142.000 Fahrzeuge in Norwegen zugelassen.

In Deutschland viel weniger E-Autos

Im Vergleich zu Deutschland ist das wenig. Hier wurden im vergangenen Jahr beim für die Umweltprämie zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 164.579 Anträge gestellt. Davon entfielen 109.386 Anträge auf reine Elektroautos. Für Plug-in-Hybride wurden 55.084 Anträge auf Förderung gestellt. 109 Förderanträge wurden für Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb gestellt. Laut Kraftfahrbundesamt waren es bis November 3,3 Millionen zugelassene Autos im Jahr 2019.

In Norwegen sinkt die Zahl der Automobile: 2019 waren es 3,8 Prozent weniger als im Vorjahr und 10,3 Prozent weniger als 2017. Der Abwärtstrend beschleunigte sich im zweiten Halbjahr 2019 deutlich. Der Autoverband OFV glaubt, dass dass sich diese Entwicklung 2020 fortsetzen wird: Kauften die NorwegerInnen in den vergangenen Jahren Elektroautos vorwiegend als Zweit-PKW's, erlaubt deren technische Entwicklung, vor allem die wachsende Reichweite, nun auch zunehmend den Einsatz als vollwertige Familienautos.

Wobei sich die Ladestationen-Infrastruktur immer mehr als Engpass erweist. In einer Umfrage vom vergangenen Jahr klagten 64 Prozent aller Elektroautobesitzer über Schlangen vor allem bei den Schnellladestationen. Bis Ende 2015 müssten nach einer Berechnung der Elektroautovereinigung in Norwegen fast 10.000 neue Stationen gebaut werden.

Mit dem Bau von acht neuen „Superchargern“ noch im kommenden Halbjahr versprach Tesla gerade einen grossen weissen Fleck auf der Karte der nördlichen Landesteile von Norwegen, Schweden und Finnland beseitigen zu wollen. Wo es aber auch danach noch über 300 Kilometer zwischen solchen Ladestationen sein können.

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6 Kommentare

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  • Ja, innen „sauber“ - aber wieviel CO2 wird mit den geförderten fossilen Brennstoffen exportiert? Mit dem „dreckigen“ Geld dieser Rohstoffexporte wird der e-Umbau im Inland finanziert.



    Wenn man diese Moralwäsche aber analog der Geldwäsche sauber zuschreiben würde, und nicht nur dem Land in den der zum verbrennen gelieferte Rohstoff auch verbrannt wird, dann wäre Norwegen nicht der Saubermann, sondern der CO2-Auspuff Europas.

    Bei Stromexporteuren wird das CO2 dem Exporteur die CO2-Emission der Primärenergieträger zugerechnet, bei Rohstoffexporteuren aber nicht...



    Norwegen ist so sauber was CO2 betrifft, wie Kolumbien was Kokain und Heroin betrifft... „don‘t get high on your own supply“ ist kein Gütesiegel für moralische Sauberkeit, sondern für Geschäftstüchtigkeit die sehr wohl versteht welchen Schaden der verkaufte Stoff in der Welt anrichtet.

    Genauso ist es Augenwischerei, wenn Länder die selbst keine Industrie haben, aber reich sind und alles importieren als „sauber“ gelten, während die Länder, die die Fabriken der Welt sind, wie China, als CO2-Bösewichter angesehen werden.

    Natürlich müssen alle etwas tun, aber die Zuschreibungen nach „Vorbild“ und „Bösewicht“ sollten viel differenzierter gemacht werden.

    • @hup:

      Wer Kohlenstoff verfeuert ist Täter. Wer fossilen Kohlenstoff fördert macht sich der Beihilfe schuldig. So einfach ist das.

  • Klar, niedrige Strompreise Dank Wasserkraft, ständig verfügbar, quersubventioniert durch unbeschränkte Ölexporte. Da lässt sichs selbst gut CO2-neutral leben. Und bei uns: Die höchsten Strompreise in Europa, keine Speicher, bald kohle-, atomstromfrei und bald ohne Industrie..

  • Das kleine Aachener E-Auto eGO verkauft sich primär als chicer Kleinwagen für Kaufkräftige. Das Haushaltseinkommen der Norweger macht es auch möglich E zu fahren. Da die Akkus die halben Kosten machen, dauert es noch ein wenig bis zum Volksauto für all die von Aldi, die nicht im Biosupermarkt shoppen.

  • Was für Pharisäer!



    Exportieren Öl und fahren selbst Elektroauto.

    • @el presidente:

      Wie wahr! Effektiv für den Klimaschutz wäre es, wenn Norwegen die Ölförderung einstellen würde. Es nützt wenig, wenn einzelne Staaten aus fossilen Energien aussteigen, aber gleichzeitig weiter genau so viel Öl und Kohle gefördert werden, die dann zu billigeren Preisen den Weltmarkt überschwemmen.