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Nato und USA üben Transport nach OstenSo viel Panzer war selten

Die größte US-Truppenverlegung durch Deutschland seit den neunziger Jahren läuft an. Allein 20.000 Soldat*innen kommen über den Atlantik.

US Militärfahrzeuge auf der A2 nahe Berlin auf dem Weg zum Manöver „Atlantic Resolve“ im Januar 2017 Foto: Koch Eibner Pressefoto/imago-images

Berlin taz | Erhöhtes Panzeraufkommen auf der A 2: Kommende Woche starten US-Army, Bundeswehr und weitere Nato-Armeen die Militärübung „Defender Europe 20“. Geplant ist die größte US-Truppenverlegung nach Europa seit über zwanzig Jahren. 20.000 Soldat*innen und Militärmaterial kommen in Flugzeugen und Schiffen über den Atlantik, insgesamt werden 37.000 Soldat*innen an der Übung teilnehmen. Ein großer Teil von ihnen wird durch Deutschland hindurch nach Polen und ins Baltikum verlegt.

Im Kalten Krieg hatten USA und Nato regelmäßig solche Übungen durchgeführt, um ihre Transportfähigkeiten zu trainieren. An den sogenannten „Reforger“-Übungen nahmen damals bis zu 125.000 Soldat*innen teil. Nach Ende des Ost-West-Konflikts wurden die Übungen eingestellt, seit dem Ukraine-Konflikt und den zunehmenden Spannungen mit Russland sind Truppenverlegungen nach Europa für die Nato-Armeen aber wieder ein Thema.

2017 sorgte eine erste vergleichbare Übung mit 3.500 Soldat*innen für öffentliche Diskussionen, seitdem gab es vier weitere Verlegungen dieser Art – und jetzt die erste in der neuen Größenordnung. Rund vier Monate soll sie dauern.

Ab Ende Februar werden Militärtransporte im großen Stil auf deutschen Straßen und Schienen sichtbar. An verschiedenen deutschen Häfen und Flughäfen werden Truppen und Material aus den USA eintreffen und dann auf Zügen und drei Straßenkorridoren weitertransportiert: von Dortmund über Hannover/Berlin nach Frankfurt (Oder), von Bremerhaven über Hamburg/Berlin nach Stettin und von Mannheim über Nürnberg/Dresden nach Görlitz.

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Die Bundeswehr hilft den Amerikanern unter anderem mit Schlafplätzen, Verpflegung und Werkstätten. 4.000 Bundeswehr-Soldat*innen werden entweder im Rahmen des sogenannten „Host Nation Support“ den Transport unterstützen oder selbst an einzelnen Teilübungen teilnehmen. Die Kosten dafür konnte Bundeswehr-General Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, bei der Vorstellung der Pläne am Dienstag nicht nennen.

Nicht gegen Russland?

Schelleis betonte, dass die Übung für die Nato einen großen politischen Wert habe: Die Truppenverlegung sei ein „starkes Zeichen der Bündnissolidarität“. Die Bundeswehr zeige durch ihre Unterstützung, dass Deutschland bereit sei, „Verpflichtungen im Bündnis wahrzunehmen“. Der zuständige US-General Andrew Rohling bezeichnete die Pläne als „Bekenntnis zu Europa und den Nato-Alliierten“. Als Aggression gegen Russland sei sie nicht zu verstehen: Die Übung richte sich „überhaupt nicht gegen eine bestimmte Bedrohung“.

Das kann man natürlich auch anders sehen. Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler (Linke) kritisiert die Übung. „Wir brauchen keine Kriegsspiele in Europa und keinen neuen Kalten Krieg. Wir brauchen Friedensaktivitäten, Abrüstungsinitiativen und vertrauensbildende Kooperationen“, sagte sie der taz. Statt neuen „Stresstests“ für Schienen, Straßen und Wasserwege brauche es „Investitionen in eine sozial-ökologische Verkehrswende für alle“. Proteste gegen die Übung formieren sich bereits: In Leipzig und Hannover treffen sich Friedensaktivist*innen noch im Januar zu Aktionsberatungen.

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10 Kommentare

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  • Die Konsequenz aus dem politischen Mord an dem iranischen General durch die USA sollte sein, die deutsche Beteiligung an dem Militärmanöver abzusagen.

  • Die Verlegung uebt, was notwendig waere, wenn es einen Uebergriff auf das Baltikum gaebe.



    Ein Aufmarsch fuer einen Angriff mit ueber einem Jahr Vorbereitung (die Idee kam ja nicht erst gestern auf) und 4 Monaten Verlegezeit sind wohl kaum fuer einen Angriff geeignet auf einen Gegner, der Gewehr bei Fuss mit umfangreicher A2AD etc unter effizienter einheitlicher Fuehrung direct and der Grenze steht.



    Und wer sollte eigentlich Russland angreifen wollen? Was waere der Vorteil? Oel und Gas? Das haben sie uns schon im kalten Krieg billiger verkaufen muessen, als es jede Eroberung erreichen koennte. Sonst hat Russland nichts. Glaubt irgendjemand, auch nur 1 NATO-General oder -Politiker glaubte auf nur die geringste Aussicht auf Erfolg und einen Mehrwert? Nach Koenigsberg und St Petersburg fahren wir lieber in Urlaub den als BEsatzer.



    Putin hingegen hat schon gezeigt, was er mit seinen Nadelstichen erreichen kann. Und er hat nichts zu verlieren. 2024 muss er entweder Belarus unter seine Praesidentschaft zwingen um im Amt zu bleiben oder er wander in den Gulag oder wird von den eigenen Leuten anderweitig entsorgt. Auch, um die nationalistischen Kraefte zu vereinen und die LAndbevoelkerung hinter sich zu bringen sind externe Krisen hilfreich.



    Wer waere hier hingegen in der Lage, auch nur ein vernuenftiges und erreichbares Kriegsziel der NATO zu formulieren?

  • 0G
    07324 (Profil gelöscht)

    Kein Wunder, dass Russland sich auf die Abspaltung vom Internet vorbereitet. Die Aggressivität, mit der hier vorgegangen wird, ist wirklich beunruhigend. Und wir spielen wieder Drehscheibe. Rammstein ist immer noch nicht dicht. Verdammte Militärs.

  • "Die Übung richte sich „überhaupt nicht gegen eine bestimmte Bedrohung“."

    Wenn das keine Provokation gegenüber Russland ist, was dann?



    Man stelle sich vor, Russland würde auch so ein Spektakel veranstalten. Das Geschrei wäre vollkommen zurecht groß.

    • @zzzap:

      "Man stelle sich vor, Russland würde auch so ein Spektakel veranstalten. Das Geschrei wäre vollkommen zurecht groß."

      Man stelle sich vor, Ruslland veranstaltet solche "Spektakel" regelmäßig, mit mehr Soldaten und Sie kriegen es nicht mit.

      Die russischen Freunde von RT senden und berichten da immer und ich benutze hier nur Links von RT, nicht das es heißt, es wäre alles böse Nato Propaganda. ;-)

      Zentr-2019 mit 130.000 Soldaten im Kaspischen Meer, Sibirien, Tadschikistan und Südrussland.

      deutsch.rt.com/kur...uebung-zentr-2019/

      Wostok-2018 mit 297.000 Soldaten, 36.000 Panzer und Militärfahrzeuge, mehr als 1000 Flugzeuge, Hubschrauber und Drohnen sowie 80 Marineschiffen, im östlichen und mittleren Militärbezirk.

      deutsch.rt.com/kur...essten-russischen/

      Zapad 2017 mit 12.700 Soldaten im westlichen Militärbezirk und in Weißrussland.

      deutsch.rt.com/eur...sher-ausgeblieben/

      Ocean Shield 2019, 70 Schiffe und 10.000 Soldaten, die waren vor Fehmann.

      www.rt.com/newslin...avy-drills-baltic/

    • @zzzap:

      Samstag gibt es ne Konferenz zur Planung des Protestes im Curiohaus in Hamburg. Ab 13 Uhr gehts los.

      Ende des Monates wird es auch eine Infoveranstaltung im Allgemeinen geben.

      Man kann aber zu Defender2020 (das eigentlich Agressor2020 heißen sollte) schonmal eins sagen:



      Es ist mehr als ne Provokation, mehr als ein übliches Millionenteures Säbelrasseln im Pimmelfechten der Präsidenten und im Kampf der Machtblöcke und nationalen Industrien um Einfluss und Märkte.



      Konkret geht es auch darum wie man möglichst viel Material möglichst schnell nach Osten bekommt. Eine Übung die wohl kaum notwendig zur Verteidigung sondern eher ne Art Generalprobe der Logistik für einen Angriffskrieg ist.



      Insgesamt muss wohl festgehalten werden das der westliche imperialismus sich gerade in einer offensiven Phase befindet. Iran, Venezuela, Brasilen, Hong Kong, Syrien und co. jetzt Defender2020. In den westlichen Machtzentren wird in Zeiten sinkender Profitrate und sinkenden Weltmarktanteils die Luft dünn was zu einer zunehmenden Agression nach innen und nach außen führt.



      Die Frage ist eben wie man es zu verwalten wissen wird das es nun mehrfache Gegner und mehrere Brandherde auf der Welt geben wird und ob die Kapazitäten "unseres" Machtblockes ausreichen werden um eine imperialistische Umstrukturierung zu Gunsten anderer Machtstrukturen zu verhindern und die eigene Position zu festigen.

      Ich weiß ich weiß jetzt werden wieder die üblichen reflexhaften Antiamerikanismus oder Antisemitismusvorwürfe kommen, aber schenkt sie euch einfach. Für manche Leute sind Nato, Westen, USA, Israel und alles was in diese Assoziationskategorie fällt einfach eine Art Ersatznationalismus. Bitte verschont mich mit eurer ideologisch aufgeladenen und als Weltoffenheit getarnten Nibelungentreue zur lokalen herrschenden Klasse. Danke.

      • @Oskar:

        Ich finde es auch immer wieder erstaunlich, wie schnell sich alte Feindbilder wiederbeleben lassen. Man dämonisiert die politischen Führer, meint jedoch das Land, bezeichnet die eigene Aggression als Verteidigung und stiftet Unruhe, wo immer es geht. Viele Natofreunde tun gerade so, als ob die Krim eigentlich UNSER ist. Das Böse sind immer die anderen. Ursachen werden mit Lügen überdeckt.



        Schon haben wir eine Bewegung mit eindeutigem Feindbild.

  • ..kann mal Bitte jemand die CO2, NOx und Feinstaubbelastung kalkulieren , die durch diese `Kriegspielerei´ unnötigerweise erzeugt wird ?

    • @vergessene Liebe:

      Es fallen keine Schadstoffe an :-) dann laut Beschluss der Gesetzgebung in den USA sind militärische Aktivitäten von den umweltschädlichen Aspekten der Luftreinheit ausgenommen. Sie werden keine Berechnung mit einbezogen. Krieg ist umweltschädlich, laut USA gibt es das nicht. Was für eine schizophrene Ansicht. Da sie Luftreinheit wirklich ohne Bedeutung die schädliche Auswirkung von kriegerischen Handlungen der USA auf die Menschheit ist allgemein bekannt. Ein Flugzeug hat es vor kurzem mit über 200 Toten schmerzlich erfahren.

  • In Deutschland haben wir die Amerikaner immer vermisst, wenn sie abzogen. Hierhin können sie gerne zurückkommen. Hier ist kein Krieg und hier in Deutschland können sie auch auf Dauer bleiben. Leider haben die Amerikaner ihren Vorteil nicht verstanden und sind gegangen. Es freut sie wiederzusehen. Bei uns ist herzlich willkommen.