: Wolfsburger Zwerg wird Ökostar
UMWELT-RANKING Beim Rennen um das umweltverträglichste Auto setzt sich Volkswagen mit seinem erdgasbetriebenen Kleinstwagen Eco Up an die Spitze. Ansonsten dominieren die Asiaten das Feld. Der neue VW Golf benötigt immer noch relativ viel Kraftstoff
AUS BERLIN WENDELIN SANDKÜHLER
Das umweltfreundlichste hierzulande erhältliche Auto stammt erstmals seit neun Jahren wieder von einem deutschen Hersteller: Ganz oben auf der Auto-Umweltliste 2012/2013, die der alternative Verkehrsclub Deutschland (VCD) am Donnerstag in Berlin vorstellte, steht der VW Eco Up. Die erdgasbetriebene Version des Kleinstwagen Up produziert pro Fahrkilometer nur 79 Gramm Kohlendioxid. Damit bleibt er deutlich unter dem von der EU für Herstellerflotten vorgeschlagenen Grenzwert von 95 Gramm, der bis 2020 erreicht werden soll – und verweist die zuletzt dominierenden Toyota-Modelle Lexus CT200h und Prius Hybrid auf die Plätze. Erfreulich aus Sicht der Umwelt und des VCD: Insgesamt liegt der CO2-Ausstoß bei 30 Modellen unter dem künftigen EU-Grenzwert.
Der VCD untersucht seit 1989 jedes Jahr mehr als 300 aktuelle Pkw-Modelle auf Kriterien wie Spritverbrauch, CO2-Emission, Lärm und Schadstoffausstoß. Seine Umweltliste ist ausdrücklich als Information für alle gedacht, die über einen Autokauf nachdenken. Eine uneingeschränkte Kaufempfehlung ist sie aber nicht. Nicht nur, weil auch der Testsieger nur 8,03 von 10 möglichen Punkten erreichte. Der VCD ist Lobby für eine „umwelt- und sozialverträgliche Mobilitätspolitik“. Die Liste ist also eher so zu verstehen: wenn schon ein Auto, dann so eins.
Der Eco Up, der wie die anderen Up-Modelle im slowakischen Bratislava gebaut wird, ist gerade mal 3,54 Meter lang und wird aber Herbst mit rund 12.000 Euro in der Basisversion auch nicht das günstigste unter den bestplatzierten Fahrzeugen sein. Er verbraucht 2,9 Kilogramm Erdgas auf hundert Kilometer und hat für Notfälle einen zusätzlichen 10-Liter-Benzintank an Bord.
In der Volkswagen-Flotte spielt er als Fox-Nachfolger eine eher untergeordnete Rolle: Dort ist der Golf „immer die Messlatte“, wie Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg am Mittwoch erklärte – nicht bei der VCD-Präsentation in Berlin, sondern im heimischen Wolfsburg, wo er den neuen Golf 7 vorstellte: Der ist mit nun 1.150 Kilogramm zwar bis zu 100 Kilogramm leichter als der Vorgänger und das leichteste Auto in dem Segment, aber ein echtes Ökoauto ist er nicht: Als Benziner wird er minimal 4,8 Liter verbrauchen, als Diesel 3,3. Greenpeace hatte im Vorfeld ausgerechnet, dass VW mit der vorhandenen Technik auch auf 3,4 beziehungsweise 2,9 Liter kommen könnte.
Mit dem Verzicht auf ökologische Spitzenwerte steht VW nicht allein. Auf der VCD-Liste ist der Eco Up der einzige Lichtblick aus deutscher Sicht. Egal ob bei den Familienautos, in der Kompaktklasse oder den Kleinwagen: In allen anderen Rankings dominieren fernöstliche Hersteller, vor allem Hybridmodelle aus Japan.
Denn der Trend geht in die andere Richtung: Die Deutschen kaufen immer PS-stärkere Wagen. Die neu zugelassenen Autos hatten 2008 im Schnitt 131 PS. Der Wert sank krisenbedingt in 2009 auf 118 PS und stieg dann kontinuierlich an. Im Juli lag er bei 138 PS, wie Verkehrsforscher der Uni Duisburg-Essen berechneten.
Die deutsche Vorliebe für immer stärkere Autos ist so offenkundig, dass nun auch Toyota davon profitieren will. Mit dem neuen 200-PS-Sportwagen GT 86 sollen die zuletzt gesunkenen Absatzzahlen in Europa wieder angekurbelt werden. „Wir haben erkannt, dass in Europa Autos mit dem Bauch gekauft werden“, sagte dazu Deutschland-Präsident Toshiaki Yasuda.
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