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Elbchaussee-Prozess in HamburgHaftverschonung für G20-Gegner

Im Elbchaussee-Prozess ist jetzt der letzte der fünf Angeklagten aus der U-Haft entlassen worden. Der Prozess läuft noch bis April.

Demo mit Polizei vor der Hamburger Strafjustiz: Hier wird der Elbchaussee-Prozess verhandelt Foto: dpa

Hamburg taz | Der letzte Beschuldigte des Elbchaussee-Prozesses im G20-Komplex ist am Mittwoch aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der 24-jährige Franzose Loic S. hatte seit fast 16 Monaten gesessen.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und vier weiteren Angeklagten schweren Landfriedensbruch, Verstoß gegen das Waffengesetz sowie Mittäterschaft bei Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung vor. Die fünf Angeklagten sollen unter den rund 220 Vermummten gewesen sein, die am Morgen des 7. Juli 2017 in der Elbchaussee randaliert, Autos und Mülleimer angezündet und Scheiben eingeschlagen hatten.

Der Prozess, der vor einem Jahr begann, findet vor der Jugendkammer un­ter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Zwei 19-Jährige aus Hessen waren bereits kurz nach ihren Festnahmen freigelassen worden, die Haftbefehle gegen die beiden anderen Beschuldigten im Alter von 23 und 25 Jahren waren im Februar aufgehoben worden.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten, mit Ausnahme von Loic, nicht vor, selbst Gewalttaten verübt zu haben. Ihre Vergehen sollen darin bestehen, sich an dem Aufzug, den das Gericht nicht als Demonstration versteht, beteiligt und hohe Sachschäden gewollt oder billigend in Kauf genommen zu haben.

Zentral ist für die Kammer die Frage, wann die Angeklagten die Brandstiftungen und Sachbeschädigungen ­mit­be­kom­men haben. Loic S. soll außerdem selbst einen Böller in eine Bank geworfen haben. Darüber hinaus lastet ihm die Staatsanwaltschaft zwei Flaschen- und Steinwürfe am Abend des 7. Juli im Schanzenviertel an.

Der Prozess neigt sich dem Ende zu, das Gericht hat die Beweisaufnahme weitgehend abgeschlossen. Bis zum 24. April sind aber noch Termine angesetzt.

Die Unterstützung für die Angeklagten in der Hamburger linken Szene ist auch nach einem Jahr noch groß – vor dem Gericht findet zu jedem Verhandlungstermin eine Mahnwache statt. Solidarische Un­ter­s­tüt­ze­r*in­nen haben geholfen, ein Zimmer und einen Arbeitsplatz für Loic S. zu finden – was dem Gericht die Entscheidung, ihn von der Haft zu verschonen, erleichtert haben dürfte. Er muss sich jetzt zweimal pro Woche bei der Polizei melden.

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4 Kommentare

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  • .... und was ist mit der Veröffentlichung der Richteradresse und den einschüchternden Demos vor seinem Haus? Nicht berichtenswert oder wieder zu schwierig zu kommentieren?

    • @Nikolausi:

      und in China ist ein Sack Reis umgefallen, darüber wurde auch nicht berichtet...,

    • @Nikolausi:

      Ich bin sicher Sie würden auch gerne noch ein paar Ausführungen dazu hören wie die Staatsmacht, Justiz und die niederträchtigsten Abteilungen der veröffentlichten Öffentlichkeit eine Foto-Fahndung gegen Hunderte angebliche, oder mutmassliche Teilnehmer der G20-Demos betrieb -



      - und zwar ganz einfach nur deshalb weil sie es können.



      Ich bin ganz sicher das Sie das lesen wollen.



      Abgesehen davon das sich das Hamburger Gericht hier gerade bemüht eine Ungeheuerlichkeit durchzusetzen die übrigens jedes Wochenende zu folgendem führen müsste: Jeder der ins Stadion geht sollte wissen, das Ultras Straftaten begehen. Es muss ihm also nicht nachgewiesen werden, ob er selber konkret eine beging.



      Das ist die Tradition des Kollektivstrafrechts. Und nur die eine Seite derselben Medaille - auf der anderen Seite steht das gelebte, verteidigte Prinzip, das Nazis, Rechtsterroristen immer und selbstverständlich Einzeltäter sind.

      • @Martinxyz:

        Das kann ich doch sehr oft in der taz lesen ... aber es gibt auch eine andere Seite und die wird hier sehr oft nur unterbelichtet wahrgenommen.