Neue Steuer: Was die Sozis am besten können?

Die neuen SPD-Vorsitzenden schlagen eine Abgabe vor, die Bodenspekulation verhindern soll. Neu sind solche Ideen eigentlich nicht, trotzdem empören sich CDU, FDP und AfD

Erhalten viel Kritik aus der Konservativen und rechten Ecke für ihren jüngsten Vorstoß: Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken Foto: Annegret Hilse/reuters

Von Pascal Beucker

Will die SPD schon wieder den Arbeitern ihre Villen im Tessin wegnehmen? Eine Interview­äußerung von Nobert Walter-Borjans sorgt für heftige Reaktionen. „Neben einem Ausbau des kommunalen Wohnungsbaus sollten wir auch den extremen Wertzuwachs von Grund und Boden in Deutschland ein Stück weit abschöpfen – etwa mit einer Bodenwertzuwachssteuer“, hatte der neue SPD-Vorsitzende gesagt. Nun ist die Empörung groß.

„Mit diesem Unwort will die SPD bei Grundbesitzern kassieren“, titelte die Bild-Zeitung. Auf Twitter brannten Politiker von FDP bis AfD geradezu ein Erregungsfeuerwerk ab. Um nur einige wenige Beispiele aufzuführen: „Das ist Politik gegen die Mitte und gegen Chance auf Eigentum“, echauffierte sich FDP-Chef Christian Lindner. Der Berliner AfDler Harald Laatsch ereiferte sich: „Die Sozialisten sind ganz verrückt danach, das bisschen Wohlstand, welches sich fleißige Menschen erarbeitet haben, zu stehlen.“ Auch der Koalitionspartner zeigte sich verstimmt. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Sebastian Steineke zitierte Adenauer: „Das Einzige, was Sozialdemokraten von Geld verstehen, ist, dass sie es von anderen Leuten haben wollen.“ Und sein Fraktionskollege Matthias Hauer giftete: „Was Sozis am besten können: neue Steuern erfinden.“

Als „geradezu absurd“ bezeichnet SPD-Parteivorstandsmitglied Gustav Adolf Horn die Aufregung. „Da werden einfach Klischees gepflegt“, sagte der Wirtschaftswissenschaftler, der bis zum vergangenen Jahr das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geleitet hat, der taz. Der Vorschlag von Walter-Borjans entspreche dem Beschluss zur Wohnungspolitik, den die SPD auf ihrem Parteitag im Dezember gefasst habe.

„Es geht um eine Planungswertabgabe, die einmalig erhoben wird, wenn sich der Grundstückspreis durch Ausweis als Bauland vervielfacht“, erläutert Horn. „Preiswertes Wohnen geht nur, wenn die Grundstücksspekulation eingedämmt wird“, ist er überzeugt. „Der Gedanke ist beileibe nicht neu“, so Horn.

Der Gedanke einer Steuer gegen Bodenspekulation stammt aus der Kaiserzeit

Tatsächlich ist der Gedanke sogar uralt. Ein eigenes Gesetz gab es dafür auch bereits einmal: das „Zuwachssteuergesetz“, verordnet von Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1911. Danach wurde beim Übergang des Eigentums an inländischen Grundstücken „von dem Wertzuwachse, der ohne Zutun des Eigentümers entstanden ist, (…) eine Abgabe (Zuwachssteuer) erhoben“. Diese Bodenwertzuwachssteuer überstand allerdings die Nazi-Zeit nicht – und wurde auch nach Gründung der Bundesrepublik nicht reaktiviert.

Auf Initiative des damaligen Münchner Oberbürgermeisters Hans-Jochen Vogel machte die SPD Anfang der 1970er Jahre die Problematik der Bodenspekulation aber wieder zu einem Wahlkampfthema. Zu ihren Forderungen gehörten unter anderem, dass Grundstückseigentümer, deren Land „schon durch die bloße Aussicht auf eine zukünftige bessere Ausnutzbarkeit ohne Leistung der Eigentümer oft um ein Mehrfaches der Ausgangswerte“ teurer wird, den unverdienten Vermögenszuwachs als „Planungswertausgleich“ an das Finanzamt abführen sollten. Auch jede außergewöhnliche sonstige „leistungslose Wertsteigerung“ sollte durch eine Bodenwertzuwachssteuer laufend abgeschöpft werden. Die Pläne scheiterten letztlich jedoch am Koalitionspartner FDP und dem Widerstand der Union im Bundesrat.

Etwas abgeschwächt greift die SPD nun ihre alten Forderungen wieder auf. Eine Realisierungschance haben sie allerdings weiterhin nicht. Das räumt auch Horn ein. „Aber es stehen ja in knapp zwei Jahren Wahlen an.“