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Waldbrände in AustralienKatastrophales Krisenmanagement

Kommentar von Susanne Knaul

Australiens Regierungschef Scott Morrison will den Ernst der Lage nicht erkennen. Mit seinem Zögern gerät das Feuer immer weiter außer Kontrolle.

Jesse Collins organisiert die Spenden fürs Evakuierungszentrum in Cobargo, New South Wales. Auch sie stößt dabei an ihre Grenzen Foto: reuters

V iel zu spät wird in Australien noch immer viel zu wenig unternommen. Täglich sterben Menschen, Tausende sind auf der Flucht, eine halbe Milliarde Tiere sind in den Flammen verendet, und das Feuer breitet sich weiter aus. Vor gut einer Woche war noch von einer Fläche von der Größe Belgiens die Rede. Inzwischen soll das verbrannte Land eineinhalbmal so groß sein.

Seit einem Vierteljahr wartet Regierungschef Scott Morrison auf Regen. Oder baut der bekennende Pfingstler vielleicht auf die überirdischen Kräfte, die den Flammen Einhalt gebieten mögen? Unvorstellbar, was in dem Kopf dieses Mannes vor sich geht, der zusieht, wie sein Kontinent verbrennt. Mit flotter Musik untermalt listet ein 50-Sekunden-Video auf, wie Morrison den Kampf gegen das Buschfeuer aufnimmt.

Es erinnert an den sterbenskranken Krebspatienten, der eine ­Aspirinpille schluckend auf Heilung hofft: 3.000 Reservisten will Australiens Regierung rekrutieren, drei Marineschiffe sind schon im Einsatz, außerdem sollen ehrenamtliche Feuerwehrleute entgegen seiner anfänglichen Ansage finanziell entschädigt werden, so twitterte Morrison am Wochenende selbstzufrieden.

Für 12,5 Millionen Euro umgerechnet will der Regierungschef in Canberra zudem weitere vier Löschflugzeuge erwerben, um „für den aktuellen und künftigen Bedarf“ bereit zu sein, wie es heißt. Vier?! Auf Facebook fordern wütende Australier: „Lasst uns Scott Morrison loswerden.“ Die Armee könne jetzt doch nur noch bei der Evakuierung helfen, heißt es in einem Eintrag.

Regierung kauft vier Löschflugzeuge

Und: „Während unser Land brennt, diniert er mit der australischen Cricket-Mannschaft.“ Morrison solle sich „schämen“. Dabei war das Image des Regierungschefs schon vorher angeschlagen, weil er trotz der verheerenden Brände kurz vor Weihnachten mit seiner Familie zum Urlaub nach Hawaii reiste. Kratzfüßig brach er die Reise infolge heftigen Protests seiner Landsleute ab und gelobte, „die Lektion gelernt“ zu haben. Es scheint, als könne der australische Regierungschef noch ein paar Nachhilfestunden gut gebrauchen.

Jetzt die Staatskasse zu öffnen, würde sich schon kurzfristig auszahlen. Doch nicht nur innerhalb Australiens könnte viel mehr unternommen werden. Ganze einhundert professionelle Feuerwehrleute aus den USA und ein paar Dutzend Kanadier helfen derzeit beim Löschen, eine Handvoll neuseeländischer Löschflugzeuge ist im Einsatz. Morrison zieht es vor, die Augen zu verschließen, anstatt sich lautstark mit längst überfälligen Hilfe­appellen an den Rest der Welt zu wenden.

Ein Stoßgebet Richtung Himmel muss reichen. Der Heilige Geist wird’s schon richten.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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7 Kommentare

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  • " ... 4 Löschflugzeuge ... für den ... zukünftigen Bedarf."

    Das lässt doch eindeutig die geradezu seherische Weitsicht des australischen Regierungschefs erkennen.



    Wie viele Löschfugzeuge werden denn voraussichtlich zukünftig gebraucht?



    Genau genommen gar keins mehr, wenn alle Wälder dort demnächst abgebrannt sind. 4 sind da doch wahrhaft großzügig.

    (Wichtiger Hinweis: Dieser Beitrag kann mehr als nur Spuren von Zynismus enthalten.)

  • Fragt sich, wer Kosten für Entschädigungen tragen soll. Naheliegend wäre u.a. eine Beteiligung der Industrien der Kohleverstromung und von Kohleexporteuren.



    Australien ist aber vermutlich auch das Industrieland mit den größten pro-Kopf-Emissionen durch Flugreisen der Einwohner. Für die ausländischen Australien-Touristen gilt das mit Sicherheit. Natürlich ist das den Entfernungen geschuldet, aber es ist eben auch die Folge des Fehlens von sauberen Flugtreibstoffen. Die Flugreisenden könnten also durchaus auch etwas beitragen, und in Australien gibt es auch keine Ausweichmöglichkeit auf Flughäfen in Nachbarstaaten mit carbon leakage. in Australien gibt es auch keine Ausweichmöglichkeit auf FlughQantas will jetzt auch noch Flugzeuge mit besonder großen Reichweiten, damit auch besonders hohem Spritverbrauch je Fluggast-Kilometer anschaffen.

    Für Solarenergie gibt es in Australien genug Platz und Sonne sowieso, die Brandgefahrenversicherungen dafür werden jetzt aber im Preis zulegen.

  • Hugh Riminton hat es treffend bei 10 Daily zusammengefasst, "We are a burning Nation led by cowards."

    10daily.com.au/vie...y-cowards-20191119

    "Seit einem Vierteljahr wartet Regierungschef Scott Morrison auf Regen."

    Es wird auch regnen, irgendwann, die Frage ist nur, wie viele Ruinen werden dann gelöscht.

    Und selbst wenn es aufgehört hat, damit enden doch die Auswirkungen nicht. Asche greift die Pflanzen an, man kann z.B. Trauben dann wegschmeißen, die sind ungenießbar. Tourismus, in ner Brandwüste, eher selten, Australier deren Heime abgebrannt sind und so weiter.

  • Warum fordert Australien nicht akut internationale Hilfe an???

    • @cazzimma:

      Weil die Regierung sagt, Buschbrände gibt es jedes Jahr, wir kriegen die Sache unter Kontrolle, keine Notwendigkeit etwas zu ändern.

      Das hört sich dann von Morrison so an:

      "I would continue to ask people to be patient. That help will arrive. There are parts of both Victoria and NSW which have been completely devastated, with a loss of power and communications.Every absolute effort is in train to ensure that those things can be stood up as soon as possible."







      www.theguardian.co...patient-over-fires

  • Tja, was schließt ein Mensch seiner Geisteshaltung wohl daraus, dass Gott seine Gebete _nicht_ erhört...?

    • @miri:

      Da ich in einen ähnlichen religiösen Kosmo aufwachsen musste, würde ich annehmen, dass aus seiner Sicht die Pflicht der Australier ist diese Plage, man denke an die Gott gesandten Plagen im Alten Testament, durchzustehen und sich so zu läutern von den angesammelten Süden.



      Ich denke, dass die Idee eines "Stoßgebet[s] gen Himmel", nicht diesem Wertekosmos entspricht, eher vielleicht ein Dankgebet für die Gnade Gottes, der seinen Diener dieses Feuer schenkt um sich zu läutern. In sofern wäre das Bitten um Hilfe auch ein Frevel gegen Gott, da man versucht sich der göttlichen Aufgabe zu entziehen.



      Wie ein Mensch, der sich den gottgegebenen Schmerzen entzieht indem er sich mit Schmerzmitteln abhilfe schafft.



      Nun ja, was soll ich sagen... ich habe zum Glück früh Möglichkeiten gefunden mich diesem Wertekosmos zu entziehen und mein Weltbild zu entwickeln.