Studie zu Folgen von Klimawandel: Klimakrise, bis der Arzt kommt
100 Medizinexperten warnen: Klimawandel ist schlecht für die Gesundheit. Vor allem Kinder sind betroffen.
Hitzestress und hohe Ozonkonzentration könnten „schwerwiegende Folgen für die menschliche Gesundheit haben“, warnt die Studie: Hitzschlag, Herzinfarkt, Nierenversagen wegen Flüssigkeitsmangel. Am Forschungsprojekt „The Lancet Countdown on health and climate change“ arbeiten etwa 100 Experten, auf deutscher Seite unter anderem von der Bundesärztekammer, der Charité Berlin und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung.
Grundtenor: Mit steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlägen nimmt auch das Risiko von Infektionskrankheiten zu – in diesem Jahr gab es erste Fälle von West-Nil-Fieber in Deutschland, es drohen bislang hier unbekannte Infektionen von Dengue, Zika und Chikungunya. Blaualgen und Vibrio-Bakterien bedrohen zunehmend die Badegewässer. „Die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels werden nicht irgendwann in weit entfernten Weltgegenden spürbar, sondern hier und heute“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt.
Vor allem Kinder in Gefahr
Für die weltweite Situation warnt der „Lancet Countdown“ besonders vor den Gefahren für Kinder durch ein gestörtes Immunsystem, durch Hunger bei Ernteausfällen und Infektionen. Ein heute geborenes Kind werde dann mit 71 Jahren im Schnitt in einer um vier Grad wärmeren Welt leben.
Würde die Erderwärmung dagegen ernsthaft auf 1,5 Grad begrenzt, könnte ein Kind in England mit sechs Jahren den Kohleausstieg erleben oder in Frankreich mit 21 Jahren den Abschied von Benzin- und Dieselautos, hieß es. Mit 31 könnte jeder kohlefreie Luft genießen und miterleben, wie die Welt nur noch so viel CO2 ausstößt, wie gleichzeitig durch Pflanzen oder Ozeane gebunden wird.
Wie weit die Welt von einem solchen Pfad entfernt ist, zeigt der ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte Weltenergiebericht der Internationalen Energieagentur IEA. Demnach beginnen die CO2-Emissionen nicht ab 2020 zu sinken, wie es für die Klimaziele von 1,5 oder 2 Grad nötig wäre, sondern steigen bis 2040 jedes Jahr um 1 Prozent an, selbst wenn die Staaten alle bisher versprochenen Maßnahmen umsetzen.
Eine große Koalition für den Klimaschutz nötig
Der größte Teil des Wachstums werde zwar aus Ökoenergien und Gas kommen, die Emissionen aber dennoch steigen, weil die Wirtschaft und die Weltbevölkerung weiter wachsen. Die Ölnachfrage werde ab 2025 nachlassen, die USA werden zum größten Exporteur von Öl und Gas werden.
Um die Klimaschutzziele anzupeilen, bräuchte es laut IEA „schnelle und weitreichende Veränderungen in allen Teilen des Energiesystems“: dreimal so viel Einsatz beim Energiesparen, schnellen Ausbau der Erneuerbaren und einen weltweiten Kohleausstieg. „Die Welt muss dringend in den Brennpunkt rücken, die Emissionen zu vermindern“, forderte IEA-Exekutivdirektor Fatih Birol via Twitter. Nötig sei eine „große Koalition“, die Regierungen, Investoren, Unternehmen und alle Klimaschützer vereint.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Auflösung der Ampel-Regierung
Holpriger Versuch endgültig gescheitert
+++ Ampelkoalition zerbricht +++
Lindner findet sich spitze
Ampelkoalition zerbricht
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Die Wahrheit
Lindners Plan
Scheitern der Ampelkoalition
Ampel aus die Maus
Auflösung der Ampel-Regierung
Drängel-Merz