die gesellschaftskritik: Manchmal braucht es ein parteiübergreifendes Dorf
Britische Parlamentarierinnen kommen der Herzogin Meghan zur Hilfe
Die schönen Geschichten, die von Solidarität, die finden in den Spalten statt. Während die parlamentarische Demokratie in Großbritannien eigentlich gerade dabei ist, sich wohlkontrolliert aufzulösen, haben sich am Dienstag 72 Frauen aus dem Unterhaus über Parteigrenzen hinweg auf etwas einigen können: Dass die Klatschpresse die Herzogin Meghan von Sussex mal in Ruhe lassen soll. „Wir wollen unsere Solidarität mit Ihnen ausdrücken“, schrieben die Politikerinnen in einem offenen Brief an die Herzogin, „dafür, dass Sie sich wehren gegen die oft geschmacklose Berichterstattung über Ihre Person.“
Die Schauspielerin und Ehefrau von Prinz Harry, war zuletzt enormem Druck – man könnte weniger zurückgelehnt sagen, Psychoterror – durch die Boulevardpresse ausgesetzt. Die aggressiven britischen Klatschblätter sehen die Königsfamilie traditionell als eine Art Eigentum ihrer Leser*innenschaft. Wahrscheinlich versprechen sie sich von der Herzogin Meghan, einer Schwarzen US-Amerikanerin, Tochter einer alleinerziehenden Mutter und für royale Verhältnisse äußerst progressiven Frau, Titelstorys bis in alle Ewigkeit.
So könnte man erklären, dass sich die Mail on Sunday (Auflage knapp 1 Million) zuletzt nicht zu schade war, einen sehr persönlichen Brief zu veröffentlichen, den die Herzogin ihrem Vater geschickt hatte. Der Inhalt: Er solle bitte aufhören, mit den Medien zu sprechen. Herzogin Meghan geht deswegen jetzt mit einer Klage gegen die Mail on Sunday vor. Ein Schritt, der ihr auch wieder schaden könnte. Denn die Königsfamilie lässt sich eigentlich nicht auf Rechtsstreitigkeiten mit der Presse ein. Wie sie’s macht, ist es unter Umständen falsch.
Zum Glück hat Herzogin Meghan die Unterstützung ihres Mannes. Der vergleicht die Situation seiner Frau mit der seiner Mutter Diana, der Fürstin von Wales, die ebenfalls unter der Presse gelitten hatte und noch kurz vor ihrem Unfalltod 1997 von Paparazzi bedrängt worden war. Damit ruft Harry eins der beliebtesten Mitglieder der Königfamilie auf – und macht die Presse zum Buhmann.
Nun melden sich obendrauf noch die Parlamentarierinnen, um sicher zu gehen, dass es niemand auch nur wagt, die Nase zu rümpfen über eine Frau, die ihre Intimsphäre schützen will. Manchmal braucht es eben ein Dorf. Ein parteiübergreifendes Dorf aus Frauen, die sich nicht mehr alles bieten lassen wollen. Peter Weissenburger
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