„Literaturzug“ zur Buchmesse: Überall Kameraauflauf
Unser Autor fährt im ICE mit Kronprinzessin Mette-Marit, Prinz Haakon und 19 norwegischen Autorinnen und Autoren zur Frankfurter Buchmesse.
In Waggon 27 des ICE 1881 schwindet der Sauerstoffgehalt langsam. Kamerateams drängen sich durch den Gang, der Pressereferent der Norwegischen Botschaft ruft die Kollegen von dpa herbei, die jetzt ihre paar Minuten mit Prinzessin Mette-Marit bekommen sollen. Ich muss pinkeln, komme aber nicht aus meinem Sitz raus, weil ein Kameramann gerade die norwegische Autorin Maja Lunde filmt. Sie erzählt von ihrem Heimatland, von Spaziergängen, von der Natur. Norwegen habe während des Winters sein ganz eigenes „Hygge“, man stehe den Dänen da in nichts nach, sagt sie in die ZDF-Kamera. Bei ihnen mache man es sich „koselig“. Kuschelig ist es hier im Zug auch.
Es ist der „Literaturzug“ von Köln nach Frankfurt, in dem wir in gemächlichem Tempo den Rhein entlangrollen. Mit diesem reisen Kronprinzessin Mette-Marit, Prinz Haakon und 19 norwegische Autorinnen und Autoren zur Buchmesse in Frankfurt. Ein PR-Erfolg des Gastlands Norwegen ist es jetzt schon, mag es noch so heiß im Zug sein.
Für den naturmäßig verwöhnten Norden hat man die längere, aber schönere Rheinstrecke ausgewählt. Der „Literaturzug“ ist eine Idee Mette-Marits höchstpersönlich, die literaturbegeisterte Kronprinzessin gründete 2014 in ihrem Heimatland den „Litteraturtoget“, eine Art Lesestube auf Schienen. Auch in der Osloer U-Bahn hat sie schon Lesungen organisiert.
Lars Saabye Christensen stromert nun mit etwas traurigem Blick durch den Gang, er trägt schwarze Klamotten, Glatze und einen Bart und sieht fast wie ein Black-Metaller aus. Dabei kenne ich nur ein Buch über die Beatles von ihm, das war ganz gut. Jostein Gaarder schleicht Richtung Bordrestaurant. Johan Harstad hat die Kopfhörer aufgesetzt und döst. Die Interviews mit Mette-Marit und Prinz Haakon sind in Gruppen aufgeteilt, irgendwann soll auch meine Gruppe drankommen.
Jeder darf zwei Fragen stellen
Kurz vor Koblenz ist es dann so weit, wir setzen uns in den Viersitzer zu Prinz Haakon, der freundlich grüßt. Er trägt ein dunkelblaues Jackett, weißes Hemd, ein paar bunte Armbänder. Mette-Marit ist nicht mehr da. Ihr Mann sagt: „Meine Frau ist die Literaturbegeisterte in der Familie, ich lese nur halb so schnell wie sie.“ Aber er erzählt dann doch, dass auch er gerne liest, zuletzt „Tante Ulrikkes vei“ von Zeshan Shakar über das Aufwachsen zweier migrantischer Jungs in einer Siedlung in Oslo. Als er selbst jung war, habe er „Die Brüder Löwenherz“ verschlungen.
Jeder darf zwei Fragen stellen, aber immerhin geht es gleichberechtigt zu, auch Volker Weidermann bekommt nicht mehr Zeit. Prinz Haakon ist nett, wie eigentlich alle Norweger hier. Dann ist die Zeit rum, jetzt werden Fischhäppchen und Brötchen gereicht.
Am Bahnhof in Frankfurt der nächste Kameraauflauf, das Prinzenpaar schreitet über einen grünen Teppich und wird von Politikern empfangen, ein Bläserquartett spielt auf. Die norwegischen Schriftstellerinnen und Schriftsteller laufen mit ihren Rucksäcken hinter Mette-Marit und Haakon her, als seien sie auf Klassenfahrt. Aber irgendwie sind sie das ja auch.
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