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Respektlos gegen Einwanderer

SOZIALLEISTUNGEN Eine Studie der Diakonie Hamburg bemängelt eklatante Missstände in den Jobcentern

Als „respektlos, schikanierend und intransparent“ fasst eine Studie der Diakonie Hamburg den Umgang der Jobcenter-Angestellten mit Leistungsberechtigten zusammen. In einstündigen Interviews wurden von November 2011 bis Juni diesen Jahres 19 Betroffene und elf ExpertInnen aus Sozialarbeit, Behördenbegleitung und Rechtsanwaltskanzleien befragt.

„Bisher wurden Beschwerden alle als Einzelfälle abgetan“, sagt Gabi Brasch, Vorstandsmitglied der Diakonie Hamburg. „Ziel dieser Studie war es, strukturelle Ursachen herauszubekommen.“

Die Studie kritisiert die schlechte Ausbildung der Angestellten und die hohe Zahl der Fälle, die sie zu bearbeiten haben. „Die existenzielle Not wird verschärft, weil bürokratische Regeln nicht eingehalten werden“, sagt Mitverfasserin Ariadne Sondermann. Beim Bearbeiten von Anträgen würden Fristen versäumt, was nicht selten zu Wohnungslosigkeit führe. Ein weiteres Problem ist der Umgang mit Menschen mit Migrationshintergrund, denen gegenüber „sich Jobcenter-Mitarbeitende tendenziell mehr Respektlosigkeit erlauben, weil sie weniger Gegenwehr erwarten“, wie es in der Studie heißt.

Eine bundesweite Studie, in der 110 Beratungsstellen der Diakonie befragt wurden, kommt zum gleichen Ergebnis. „Das ist kein Problem mehr, das man ignorieren kann“, sagt Brasch. Vertreter der Arbeitsagentur und des Jobcenters hatten eine Einladung der Diakonie zur Diskussion über die Studie aus Termingründen abgelehnt. Die Sozialbehörde äußerte sich nicht.

„Man muss die Relation dieser 19 Fälle zu dem Kundenvolumen von 180.000 Leistungsempfängern beachten“, sagt Knut Böhrnsen von der Arbeitsagentur Hamburg, die gemeinsam mit der Stadt Träger der Jobcenter ist. „Das ist eine Ohrfeige für die Mitarbeiter, die sich sehr für die Kunden einsetzen.“ Arbeitsagentur und Jobcenter nähmen die Studie aber sehr ernst. Gespräche mit der Diakonie und der Sozialbehörde sind geplant. CBÖ

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