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Justin Trudeaus Blackfacing„Ich bedauere das sehr“

Ein Foto zeigt Kanadas Premier vor fast 20 Jahren mit dunkel geschminktem Gesicht auf einer Party. Für Trudeau kommt der Vorfall zur Unzeit.

Justin Trudeau gibt eine Erklärung zu einem Foto aus dem Jahr 2001 ab Foto: dpa

Vancouver taz | Für Justin Trudeau nimmt der Ärger einfach kein Ende. Seit einer Woche befindet sich der kanadische Premierminister in einem Wahlkampf, der ihm alles abverlangt. Geplagt von einem Justizskandal, muss er um seine Wiederwahl bangen, Umfragen sagen dem einstigen Senkrechtstarter und Polit-Darling ein hartes Rennen voraus.

Nun ist auch noch ein Foto aufgetaucht, das es Trudeau zusätzlich schwer machen dürfte. Am Mittwoch veröffentlichte das US-Magazin Time ein altes Foto, das Trudeau bei einer Party in Vancouver zeigt, mit brauner Schminke im Gesicht und einem Turban auf dem Kopf. Entstanden war das Foto im Jahre 2001, also vor der politischen Karriere Trudeaus, doch es sorgte in Kanada sogleich für mächtigen Wirbel.

„Ich hätte das nicht tun sollen. Ich hätte es besser wissen müssen“, sagte Trudeau in einem hektisch arrangierten Pressestatement an Bord seines Wahlkampfflugzeugs in Halifax. Das orientalische Kostüm samt brauner Schminke im Gesicht sei aus heutiger Sicht rassistisch, aber zum damaligen Zeitpunkt habe er es nicht als rassistisch wahrgenommen. Er bitte die Kanadier um Entschuldigung für diesen Fehltritt.

Erschienen war das Bild in einem Jahrbuch der West Point Grey Academy, einer Privatschule in British Columbia. Als damals 29-Jähriger war Trudeau dort als Lehrer tätig gewesen, ehe er später in die Politik ging. Aufgenommen wurde das Bild bei einem jährlich von der Schule ausgerichteten Kostümball, der in jenem Jahr unter dem Motto „Arabische Nächte“ stand. Trudeau hatte sich aus Anlass der Party als arabischer Aladdin verkleidet und dabei sein Gesicht dunkel gefärbt – klassisches „Blackfacing“.

Auf Nachfragen räumte Trudeau am Mittwoch zudem ein, dass dies nicht der einzige Vorfall dieser Art gewesen sei. Auch als Schüler habe er sich einmal ähnlich unpassend verkleidet. Damals habe er sich geschminkt und den jamaikanischen Song „Day-O“ des afro-amerikanischen Sängers Harry Belafonte gesungen. Auch dafür entschuldigte er sich am Mittwoch: „Ich bedauere das sehr.“

Für Trudeau kommt der Vorfall zur Unzeit. Erst letzte Woche hatte der Premier das Parlament in Ottawa auflösen lassen, worauf in Kanada für den 21. Oktober Neuwahlen angesetzt wurden. Seine liberale Partei hatte sich gerade einigermaßen vom Umfragetief des Sommers erholt, als Trudeau wegen eines handfesten Skandals um einen Baukonzern wochenlang in den Schlagzeilen stand.

Nun auch noch das Foto

Im Zuge Skandals musste sich Trudeau den Vorwurf der Justizbehinderung gefallen lassen und eine Strafe des kanadischen Ethikbeauftragten akzeptieren, weil er seine frühere Justizministerin unter Druck gesetzt hatte, dem SNC-Lavalin-Konzern aus Québec bei einem Korruptionsprozess zu helfen. Zwei seiner wichtigsten Ministerinnen hatten daraufhin aus Protest sein Kabinett verlassen.

Nun auch noch das Foto: Dieses könnte Trudeau enorm schaden, denn als Premierminister hatte er sich stets als weltoffener Politiker präsentiert, der für Toleranz und Vielfalt steht und keine Formen des Rassismus toleriert. Trudeau hatte versprochen, Kanada zu modernisieren, den Ureinwohnern mehr Rechte zu geben, das Land für Zuwanderer und Flüchtlinge offen zu halten und Minderheiten zu fördern.

Auch im Wahlkampf hat er stets auf seine progressive Agenda und seinen hohen moralischen Anspruch verwiesen, um sich so von der Opposition abzugrenzen. Seinen Gegnern aus dem konservativen und rechtsnationalen Lager hatte Trudeau immer wieder eine fremdenfeindliche Politik vorgeworfen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Trudeau wegen eines umstrittenen Outfits im Kreuzfeuer steht. Bei einer Indien-Reise im letzten Jahr war Trudeau samt seiner Familie bei offiziellen Anlässen in traditionellen indischen Gewändern aufgetreten, was ihm Hohn und Spott eingebracht hatte und von vielen Kanadiern und Indern als geschmacklos und klischeehaft empfunden wurde.

Bei vielen Kanadiern dürfte sich so der Eindruck verstärken, dem Premier fehle es an Takt, Gespür und Instinkt. Zwar datiert das Foto aus einer Zeit, in der er nicht auf der politischen Bühne stand. Die Tageszeitung Globe and Mail bemängelte in einem Leitartikel jedoch, dass Trudeau den Vorfall hätte längst von sich aus thematisieren können. Stattdessen habe er offenbar gehofft, die Sache komme nicht zutage.

Kanadas konservativer Oppositionsführer Andrew Scheer sprach Trudeau die Eignung ab, das Land weiter zu regieren. Dem Premier fehle es an Urteilsvermögen und Integrität. Der Parteichef der Sozialdemokraten, Jagmeet Singh, sagte, als Nichtweißer habe er Rassismus am eigenen Leib erlebt. Das Foto sei verstörend und verletzend. Kritik an Trudeau kam auch von der muslimischen Dachorganisation Kanadas.

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11 Kommentare

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  • Wir mögen Herrn Trudeau noch den Rat geben, in sich zu gehen und gewissenhaft zu überprüfen, ob er in seinem früheren Leben, z.B. als Kind, 'Berliner' (Pfannkuchen) oder gar 'Amerikaner' gegessen hat - bevor eifrige Tugendwächter dies ans Tageslicht befördern werden.

    Und zu Kreuze zu kriechen und zu bekennen und um Ablaß zu bitten für die begangene Todsünde der 'cultural appropriation'.

    Dieser Ablaß wird ihm aber nicht gewährt werden, denn anders als in anderen Religionen ist hier Vergebung nicht vorgesehen: Einmal weiß, immer Rassist.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    Der Mann hat sich entschuldigt, das ist doch OK.

    Hierzulande pflegt man in solchen Fällen das Trotzköpfchen zu spielen und den Schwarzen zu sagen, sie sollen sich nicht so haben.

    Alles nur Spaß.

  • Als Aladin geschminkt: Rassismus



    Als Otello geschminkt: Kunst

    ???

  • Wenn sich jemand einfach verkleidet ohne irgendwelche Stereotypen im Verhalten nachzuäffen ist das doch kein Rassismus.

  • "Das orientalische Kostüm samt brauner Schminke im Gesicht sei aus heutiger Sicht rassistisch"



    Wenn ich das richtig verstehe, dann ist das Verkleiden auf Maskenbällen also heutzutage rassistisch, vor zwanzig Jahren war es das aber noch nicht.



    Das wirft bei mir ganz viele ungläubige Fragezeichen aufs Papier...



    Sollten wir uns beim Thema Rassismus nicht auf die Aspekte beschränken, bei denen einer Gruppe von Menschen, die irgendwie anders ist als die anderen, wirklichen Schaden zugefügt wird?

    • @Daniel Roß:

      "Sollten wir uns beim Thema Rassismus nicht auf die Aspekte beschränken, bei denen einer Gruppe von Menschen, die irgendwie anders ist als die anderen, wirklichen Schaden zugefügt wird?"

      Ja, bitte! Soll ich schwarzen Frauen auch Rassismus vorwerfen, wenn sie ihre Haare glätten? Das ist völlig irre.

  • Die entscheidende Frage ist nicht, o b Trudeau sich verkleidet hat, denn dann wäre jegliche Verkleidung, in der die ja immer die Rolle eine/r anderen gemimt wird, abzulehnen - was natürlich Unsinn ist.

    Die entscheidende Frage ist, w i e er seine Rolle gespielt hat.

    Erst dann könnten wir beurteilen, ob er sich rassistisch verhalten hat oder nicht.

    Differenzierte Sichtweisen gehen leider in den hysterisierten Schwarz-Weiß-Diskursen mehr und mehr unter.

    • @Weber:

      In Nordameroka hat leider das "Blackfacing" einen ziemlich klaren reassistischen Unterton (minstrel shows). Einfach mal kugeln!

  • Also ein Kostümball vor fast 2 Jahrzehnten (!) der ausdrücklich das Motto "Arabische Nächte“ hatte?

    Trudeau verkleidet sich als Klischee-"Aladdin"? Und - das steht nicht da aber ich nehme es an - ganz ohne irgendwelchen rassistischen Anspielungen oder Lustigmachens, eben einfach nur eine Verkleidung?

    Ich hab nun wirklich kein Verständnis für jeglichen Rassismus ob nun wegen Farbe, Religion , Herkunft sonst noch was - aber das ist doch schon reichlich daneben (insbesondere angesichts des Zeitpunktes).

    Hilft im Endeffekt nur den wirklichen Rassisten weil wieder unerträgliches "Gutmenschentum" reininterpretiert wird..

  • Was für ein Quatsch.

    • @siri nihil:

      So ist es.