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„Tu mal wat“-Aktionstage in BerlinHausbesetzen zum Mitmachen

Vom 26. bis 29. September gibt es im Rahmen der „Tu mal wat“-Aktionstage Proteste, Diskussionen, Demonstrationen – und Ironie.

Die Rigaer Straße liegt im Nordkiez von Friedrichshain, dort gibt es eine „Aktions-Rallye“ Foto: picture alliance/Paul Zinken/dpa

Berlin taz | „Widersetzt euch: Besetzt vom 26. bis 29. September Häuser, Wohnungen, Büros und öffentlichen Raum.“ So beginnt der Aufruf zu den „Tu mal wat“-Aktionstagen, die heute beginnen sollen. Unterschrieben ist der Aufruf unter anderem vom Bündnis #besetzen sowie von den räumungsbedrohten Hausprojekten Liebigstraße 34 und Rigaer Straße 94, dem Kneipenkollektiv Meuterei und dem gekündigten Jugendzentrum Potse.

Die Aktivist*innen wollen an den vier Tagen „für den Erhalt bedrohter Projekte und für eine lebenswerte Stadt“ kämpfen. So soll es Aktionen und Diskussionen rund ums Recht auf Eigentum, Mitsteigerungen, Verdrängung, die Aneignung des öffentlichen Raums und die Auswirkungen des Tourismus gehen.

Das Programm ist öffentlich und für jeden einsehbar. Nach einem Auftaktplenum a 26. September um 18 Uhr und anschließendem „Cornern“ wird es ab Freitag (27. September) aktionistischer: Neben einer „Aktions-Rallye“ im Friedrichshainer Nordkiez findet am Annemirl-Bauer-Platz (Ostkreuz) eine angemeldete „Airbnb-Jubeldemonstration“ statt – ironisch wird die Ausbreitung eigentlich illegaler Ferienwohnungen thematisiert: „Aus langweiligen Wohnvierteln sind trendige Szenekieze geworden und aus heruntergekommenen Wohnungen stylische Appartements. Darauf sind wir stolz!“ Potenzielle Teilnehmer*innen am „Walk durch awesome Friedrichshain“ werden aufgefordert, Selfie-Sticks, Rollkoffer und „Entrepreneurgeist“ mitzubringen.

Massenhaft ziviler Ungehorsam

Am Samstag, dem dem 28. September, soll dann besetzt werden. Interessierte sollen sich „pünktlich“ um 12.30 Uhr zu Kundgebungen vor der Großbeerenstraße 17a, Oranienstraße 45 und dem Nettelbeckplatz (Wedding) einfinden. Die Organisator*innen hoffen, so viele Menschen zusammenzubringen, „dass wir nicht zu räumen sind“.

Das Bündnis #besetzen hatte bereits seit Mai vergangenen Jahres mehrere Objekte besetzt, diese waren aber zumeist getreu der umstrittenen Berliner Linie wieder geräumt worden. Besetzungen öffentlich anzukündigen ist ein neue Strategie und dürften eine Herausforderung für die Berliner Polizei und Politik sein. Sollte diese Aktion massenhaften zivilen Ungehorsams wieder einmal nur polizeilich gelöst werden, könnte das den Senat in Erklärungsnot bringen.

Unterdessen droht die Deutsche Bahn, den erst am Freitagabend besetzten Platz „DieselA“ in Marzahn heute um 12 Uhr räumen zu lassen. Eine Steilvorlage für die „Tu mal wat“-Aktionstage.

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5 Kommentare

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  • Ich frage mich, ob linke Hausbesetzer merken, dass sie dadurch auf die meisten politisch Gemäßigteren abschreckend wirken; auf Konservative ohnehin. Das erzielt ähnliche Wirkungen wie PEGIDA mit ihren rassistisch-nationalistischen Märschen. Unverhältnismäßig - gar extrem, verfassungsfeindlich bzw. kriminell und primitiv, einfallslos und spaltend.

    Die Sorgen sind bekannt - der Gesellschaft und Politik. Wieso erarbeiten sie stattdessen nicht nagelsichere Konzepte, die die gewünschten Ziele umsetzungsfähig, finanzierbar, sozialverträglich und konsensfähig machen? Eine bessere Chance als jetzt mit dem Rot-Rot-Grünen Senat werden sie nicht bekommen.

    • @Devil's Advocate:

      Wodurch wirken linke Hausbesetzer ihrer Meinung nach abschreckend, durchs Häuser besetzen?

      Den Vergleich mit Pegida und anderen Rassisten verstehe ich überhaupt nicht, meinen sie die AfD wäre cool wenn nur nicht die Märsche wären?

      Wenn die Sorgen der Gesellschaft und Politik wirklich bekannt wären, würden sie nicht abgeschreckt sondern zustimmend auf Hausbesetzungen reagieren.

      • @Hauke:

        Unteranderem dadurch, dass sie Eigentumsrechte anderer missachten und/oder verletzen - nichts Neues, Sachbeschädigungen sind bei Linksextremen ja üblich, und der Polizei feindlich gegenüber steht.

        Den Vergleich mit "anderen Rasissten" und insbesondere der AfD müssen Sie nicht verstehen, ich habe ihn schließlich nicht gemacht. Extreme Einstellungen und Maßnahmen schrecken ab - darauf bezog sich der Vergleich.

        Lassen Sie mich übertreiben, um meinen Widerspruch zu Ihrem letzten Argument zu verdeutlichen: Wenn Sie das mit dem Klimawandel ernst nehmen würden, müssten Sie auf die Tötung aller SUV-Fahrer und weiterer Klimasünder zustimmend reagieren. Also nein; wenn ich Probleme und Sorgen anerkenne, muss ich noch lange nicht mit den Lösungsansätzen/Maßnahmen jeder Gruppierug einverstanden sein. Meiner Meinung nach lösen Hausbesetzungen nichts. Sie versauen ein paar Polutisten den Tag und tauchen in der Zeitung auf. Sind dadurch neue Wohnugen entstanden? Werden dadurch Wohnungen frei? Wird dadurch der Zuzug eingebunden oder Leute aus der Stadt verdrängt? Werden zukunftsfähige Konzepte erstellt? Nein. Es bringt nichts. Das Problem ist trotzdem bekannt. Die Sorgen sind trotzdem bekannt.

        Hausbesetzer sollten sich lieber mit der Entwicklung von Konzepten beschäftigen, die finanzierbar und konsensfähig sind. Oder sich hilfreiche Maßnahmen überlegen. In einer Demokratie ist das leicht-autoritäre "Wenn die Mehrheit nicht will, machen wir es trotzdem." für die meisten Menschen abschreckend.

        • @Devil's Advocate:

          Grundsätzlich wollte ich sie erstmal auf den Widerspruch aufmerksam machen, Hausbesetzern vorzuwerfen Häuser zu besetzen. Würden die keine Häuser besetzen, wären es auch keine Besetzer.

          Ich glaube auch nicht, dass extreme Maßnahmen und Einstellungen grundsätzlich abschrecken. Die Pegida-Märsche zum Beispiel sind ja als Maßnahme unheimlich banal und langweilig. Inhaltlich halt rassistisch, aber einmal die Woche spazieren gehen durch Dresden ist ja an sich nicht extrem. Abschreckend ist Pegida doch vor allem deshalb weil Biedermänner sich mit Neonazis zusammentun und dann diese Banalität zur Schau tragen.

          "Wenn Sie das mit dem Klimawandel ernst nehmen würden, müssten Sie auf die Tötung aller SUV-Fahrer und weiterer Klimasünder zustimmend reagieren." Ne, das macht überhaupt keinen Sinn.

          Es gibt in Berlin Häuser und Grundstücke die leer stehen, teils seit Jahrzenten und es gibt Leute die keine Wohnung finden oder sich keine leisten können. Wenn sich beides zusammenfindet ist das doch ne gute Sache. Was finden sie daran extrem?



          Und wenn sie glauben Häuserbesetzungen seien nur dazu da um Politiker zu ärgern und ein bischen linken Pathos raushängen zu lassen, dann waren sie vielleicht noch nie in einem besetzten Haus? Neben der Tatsache dass dort Leute so richtig echt wohnen, gibt es in den meisten Hausprojekten politische, kulturelle und soziale Angebote, kostenlos oder zum selbstkostenpreis. Eine Hausbesetzung ist nicht nur ein symbolischer Akt.

          Die linksextremen haben übrigens schon lange ein Konzept, mit dem sie aber auch bei rot-rot-grün wohl keine Chance haben werden: Kapitalismus überwinden

        • @Devil's Advocate:

          ach ach... ohne die ständigen kämpfe die haus, wald und universitätsbesetzer*innen—und wen immer Sie sonst noch als linksextrem bezeichnen—führen, sähe die stadt in der Sie leben ganz anders aus. Sie profitieren von diesen kämpfen. bilden Sie sich bitte fort.