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Pflege-Ausbildung in BremenEin fauler Kompromiss

Die Finanzierung für die generalistische Pflege-Ausbildung in Bremen steht. Die ausgehandelten Pauschalen sind allerdings viel zu niedrig.

Schlecht finanziert: die generalistische Pflege-Ausbildung in Bremen Foto: Daniel Karmann/dpa

BREMEN taz | Die gute Nachricht: Die Finanzierung der 2020 startenden generalistischen Pflegeausbildung in Bremen steht, Die schlechte Nachricht: Die Pauschalen für die schulische und praktische Ausbildung künftiger Pflegefachkräfte sind miserabel.

Das war leider vorauszusehen. Arnold Knigge, Vorstandssprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände (LAG), berichtete im Juli, dass die Pauschalen, die die Pflege- beziehungsweise Krankenkassen für die Ausbildung in Bremen zahlen wollten, bereits am Anfang der Verhandlungen weit unter denen der anderen Bundesländer gelegen hätten. Nun gibt es zwar eine Einigung – aber die Pauschalen liegen noch immer unter denen der anderen Länder. „Es ist ein Kompromiss“, sagt Knigge. „Wir hätten uns mehr gewünscht, aber so konnte ein Schiedsverfahren abgewendet werden, das im schlimmsten Falle Monate gedauert hätte.“

Die Verhandlungspartner – das waren die Gesundheits- und die Sozialsenatorin, die Landeskrankenhausgesellschaft, die Träger der ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen, die Landesverbände der Kranken- und Pflegekassen, der Verband der privaten Krankenkassen und die Vertreter der Pflegeschulen – haben sich konkret darauf verständigt, die praktischen Ausbildungsanteile mit 7.950 Euro pro Jahr und Auszubildendem zu finanzieren und die schulischen Anteile zwischen 7.740 und 8.790 Euro.

Die jeweilige Höhe, erklärt Knigge, richte sich danach, wie hoch die Arbeitgeber-Kosten seien sowie nach Klassenstärke: Kommen auf eine Lehrkraft mehr als 15 Pflege-SchülerInnen, wird eine niedrigere Pauschale gezahlt. Die ausgehandelten Pauschalen erhöhen sich im Folgejahr auf 8.166 für die praktischen Ausbildungsanteile und bis zu 9.054 Euro für die schulischen.

Eigentlich müsste Bremen den Pflegenotstand ausrufen

Angela Sallermann, Leiterin des Bildungszentrums der Bremer Heimstiftung

Auf den ersten Blick wird die schulische Ausbildung besser finanziert als im Bundesdurchschnitt. In Niedersachsen wird es pro PflegeschülerIn mit 8.650 Euro fast 150 Euro weniger geben als in Bremen – zumindest, wenn man vom Bremer Höchstsatz ausgeht. Allerdings plant das Nachbarland auch Klassengrößen von 20 Auszubildenden – Bremen will hingegen für eine bessere Qualität der Ausbildung eine Klassenstärke von nicht mehr als 15 Azubis.

Das bedeutet: Mehr Kosten für Lehrpersonal und damit eine rasche Relativierung der vermeintlich ordentlichen Finanzierung der theoretischen Ausbildung. Zum Vergleich: 9.380 Euro beträgt in Rheinland-Pfalz das Budget für Schulen mit einem Lehrer-Schüler-Verhältnis von 1:17,5 bis 1:15.

Die Pauschalen für die praktische Ausbildung sehen bereits auf den ersten Blick schlecht aus: Im Bundesdurchschnitt liegen sie bei rund 8.250 Euro, in Niedersachsen bei 8.430 Euro – die für die stationäre Altenpflege sogar noch auf 8.580 Euro und für die ambulante Pflege auf 8.800 Euro aufgestockt werden.

Selbst die ab 2021 erhöhte Pauschale in Bremen liegt also noch fast hundert Euro unter dem Bundesschnitt. Für Christina Seltzer, Sprecherin der Gesundheitssenatorin, liegt Bremen damit allerdings im „Mittelfeld“: Schließlich gebe es ja „auch Länder, die mit ca. 7.500 Euro abgeschlossen haben.“ Da hat sie Recht: Sachsen zahlt den Ausbildungsbetrieben zwischen 7.550 und 8.100 Euro.

Als „Kompromiss, um ein Schiedsverfahren zu vermeiden“ bezeichnet auch Angela Sallermann, Leiterin des Bildungszentrums des Altenhilfeträgers Bremer Heimstiftung die ausgehandelten Pauschalen. Für sie steht es außer Frage, dass es spätestens im Jahr 2021 Nachverhandlungen geben muss: „Wir werden mit der generalistischen Ausbildung ja eine völlig neue Situation erfahren und wenn wir nach einem Jahr harte Zahlen, Daten und Fakten haben, können wir die vorlegen.“

Mit der Pauschale für den praktischen Teil der Ausbildung, erklärt Sallermann, müsse die Freistellung von PraxisanleiterInnen finanziert werden. Personell sei das nur sehr schwer zu leisten, weil viele Stellen im Bereich der Altenpflege gar nicht erst besetzt seien.

Eine finanzielle Anerkennung für die PraxisanleiterInnen sei zwar vorgesehen, „aber die wird angesichts der niedrigen Pauschale natürlich nicht üppig ausfallen“, sagt Sallermann. Außerdem kämen Azubis, die bereits in diesem Jahr ihre Ausbildung begonnen haben, nicht in den Genuss der freigestellten AnleiterInnen: „Das halten wir für ein großes Problem.“

Lehrermangel an Pflegeschulen

Personalmangel herrscht auch an den Pflegeschulen: „Wir haben große Not, Lehrpersonal zu bekommen. Sie werden sogar von allgemeinbildenden Schulen abgeworben – die zahlen besser.“ Das Arbeitsumfeld in den Pflegeschulen müsse viel attraktiver werden. „Es ist gut, dass die senatorischen Behörden es wichtig finden, kleine Klassenverbände zu haben – aber was nützt das, wenn das benötigte Personal nicht finanziert wird?“

Natürlich, sagt Sallermann, hätten die geringen Pauschalen etwas mit dem Haushaltsnotlageland Bremen zu tun. „Und man darf auch nicht vergessen, dass der Ausbildungsfonds zur Finanzierung der neuen Ausbildung von jedem einzelnen Heim-Bewohner oder seinen Angehörigen – oder eben dem Sozialamt mitgetragen wird.“

Für die Planungssicherheit sei es gut, dass die Finanzierung nun erst einmal stehe, sagt Sallermann, aber: „Eigentlich müsste Bremen den Pflegenotstand ausrufen.“

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