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Boris Johnson in West Yorkshire#PleaseLeaveMyTown

Der britische Premierminister trifft auf seinem Weg durch die Stadt Morley auf Passanten. Die sind ihm nicht wohlgesonnen – aber sehr höflich.

Statt Gentleman eher Brett vorm Kopf: Boris Johnson Foto: dpa

In einem rund dreisekündigen Video schüttelt ein Mann freundlich lächelnd dem Premierminister Boris Johnson die Hand. „Please leave my town“, sagt er. Noch immer lächelnd.

„I will, very soon“, entgegnet Johnson etwas perplex, während der Mann ihm kumpelhaft auf die Schulter klopft. So sind sie, die Brit:innen: wahre Gentlemen und -women. Da klingt sogar ein „Fuck you“ nett und höflich.

Johnson war in West Yorkshire in Nordengland unterwegs, um Investitionen der Regierung in die Polizei zu bewerben. Das Video stammt vom Sender BBC, mit dessen Reporterin der Premier für ein Interview am Donnerstag durch die Fußgängerzone der Kleinstadt Morley spazierte.

Im Netz wird der Mann nun unter dem Hashtag #PleaseLeaveMyTown für seine Höflichkeit gefeiert. Ein User fordert gleich den Ritterschlag und ein deutscher Twitterer spricht direkt eine Empfehlung für unzufriedene Deutsche aus:

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Auf dem Weg zu der Polizeischule, in der Johnson eine Rede halten soll, begegnet er weiteren Passanten. Ein Mann geht auf ihn zu und fordert: „You should be in Brussels, you're in Morley!“ – Johnson solle in Brüssel sein, um den Brexit-Deal zu verhandeln, stattdessen sei er aber in Morley. Seit seiner Wahl liefere Johnson außerdem keine Inhalte, wirft er ihm vor.

Der Premierminister weiß offensichtlich wenig zu erwidern. Wir verhandeln ja, wiederholt Johnson mehrmals. Er spiele Spielchen, entgegnet der aufgebrachte Passant.

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Johnson selbst ließ hingegen bei dem Auftritt in der Polizeischule seine Gentleman-Qualitäten vermissen. Während der Premierminister an einer Akademie im nordenglischen Wakefield hielt, erlitt eine Kadettin hinter ihm einen Schwächeanfall und ging zu Boden. Sie hatte zuvor mit anderen Polizeianwärter:innen über eine Stunde auf Johnson in der Hitze gewartet – die Rede von Johnson begann mit einiger Verzögerung.

Nach einem Schulterblick und einem kurzen Kommentar führte Johnson, statt der Frau zu helfen, seine Rede unbeirrt fort. „Johnson hat die Schüler im Stehen warten lassen, und – wenig überraschend – eine von ihnen scheint in Ohnmacht gefallen zu sein“, sagte die innenpolitische Sprecherin der oppositionellen Labour-Partei, Diane Abbott.

„Er hat gesehen, was da passiert ist, und hat es ignoriert. Das besagt alles, was man über diesen Mann wissen muss – und wie wichtig ihm in Wahrheit der Polizeidienst ist.“

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5 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Der Rechtsradikalpopulist und nicht gewählte sogenannte PM Boris Johnson missbraucht aufs Schändlichste die britische Polizei um seine Brexshit-Rhetorik im Stil des US - amerikanischen Chaoten Donald zu verbreiten. Wie Donald in Trumpland stellt er sich vor uniformierte Polizisten um staatliche Souveränität vorzutäuschen. Uniformen im Hintergrund sollen Macht und Entschlossenheit suggerieren - die der Politjunkie Boris anscheinend schon verloren hat - bevor ihn irgendjemand wählen könnte.

    Der Polizeichef von West Yorkshire, John Robins, sagte, er sei "enttäuscht", dass seine Offiziere als Kulisse für ein parteipolitisches Ereignis dienen, das gestern von Boris Johnson inszeniert wurde, was nicht vereinbart worden war.



    In einer Erklärung sagte Robins:

    ""Ich freue mich, dass wir zum Mittelpunkt des Starts der nationalen Rekrutierungskampagne gewählt wurden, aber die gute Nachricht von zusätzlichen Offizieren wurde durch andere Ereignisse überschattet.

    Nach dem Verständnis der Polizei von West Yorkshire geht es bei jeder Beteiligung unserer Beamten ausschließlich um die Rekrutierung von Polizeibeamten. Wir hatten keine Vorkenntnisse, dass die Rede auf andere Themen ausgeweitet werden würde.

    Minuten vor der Rede wurde uns mitgeteilt, dass [ein geplanter Besuch beim Nationalen Polizeiflugdienst] und die anschließende Besprechung eines kleinen Medienpools abgesagt worden waren. Ich war daher enttäuscht, meine Polizeibeamten als Hintergrund für den Teil der Rede zu sehen, der sich nicht auf die Rekrutierung bezog.""

    Der Polizeichef von West Yorkshire beschwert sich öffentlich das Boris Johnson die Polizei versucht zu einem Propagandatool für seine merkwürdigen no-Brexit- Statements zu machen.

    Die Polizei lehnt den Möchtegern PM ab - das muß erst mal ein Möchtegern PM schaffen, der noch nicht einmal nach den Gesetzen des Landes rechtskräftig zum Premiere gewählt wurde.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Johnson wurde genauso gewählt wie jeder britische Preminister oder deutscher Kanzler vor ihm. Von der Parlamentsmehrheit.

      • @Lutz Maximilian:

        Auf welchem Planeten ist das denn nun wieder passiert. Auf diesem wurde er von den Mitgliedern der Konservativen Partei gewählt.



        War das auf ihrem Planeten anders?



        Werden da auch die Bundeskanzler von Parteimitgliedern gewählt? Ist das nicht unpraktisch?



        Was sagen denn auf ihrem Planeten die Koalitionspartner zu so was?

        • @Michael Garibaldi:

          Was reden Sie denn da für Nonsense? Die Konservativen haben die Parlamentsmehrheit, und das Parlament hat ihn gewählt, genauso wie Merkel gewählt wurde. Das ist in jeder parlamentarischen Demokratie so, auf diesem Planeten wie wohl auch auf jedem Anderen. Und ja, die allermeisten Parlamentarier in England wie Deutschland sind Parteimitglieder. Ihr Beitrag ist sehr seltsam.

          • @Lutz Maximilian:

            Bitte erlauben Sie mir hier zu interferieren, Herr Maximilian.

            Nach allen Meldungen die ich finden kann, ist das was Sie schreiben leider nicht ganz richtig.

            Nach den bei BBC, The Guardian und Politico einvernehmlich zu lesenden Angaben wurde Boris Johnson von 66,4% der an der Abstimmung teilnehmenden Mitglieder der Conservative Party/Tories (87,4% nahmen an dieser Wahl teil) zum Parteichef dieser Partei (!) gewählt.

            Anschließend wurde er von der Queen dazu eingeladen ein Regierungskabinett zu bilden, was ihn zum Prime Minister macht, da im UK normalerweise der Leiter der regierenden Parlamentsmehrheit Premierminister wird (auf Grundlage politischer Tradition).

            Somit wurde Johnson von ca. 2/3 der Tories gewählt, aber nicht vom Parlament, da die übrigen Fraktionen natürlich nicht an der Wahl zum Vorsitz der Tories beteiligt sind.



            Er wurde außerdem zwar zum Vorsitzenden der Tories gewählt, aber nicht zum Prime Minister; zu letzterem wurde er von der Queen ernannt.

            Im Vergleich dazu wird in der BRD der*die Bundeskanzler*in tatsächlich vom Parlament, dem Bundestag, gewählt.

            Sie könnten höchstens argumentieren, dass Johnson indirekt zum PM gewählt wurde, weil er von einer 2/3-Mehrheit jener Partei zum Vorsitzenden gewählt wurde, die eine (hauchdünne) Mehrheit im House of Commons innehat...

            Diese Ansicht teilen manche Politiker im UK nicht (vgl. z.B. Statement von Jeremy Corbyn im Politico-Artikel [meine Übersetzung]: "Boris Johnson hat die Unterstützung von weniger als 100.000 unrepräsentativen Mitgliedern der Konservativen Partei gewonnen...").

            (vgl. www.bbc.com/news/uk-politics-49084605; www.theguardian.co...er-prime-minister; www.politico.eu/ar...-to-become-uk-pm/)