: Obama gesundet im Senat
US-GESUNDHEITSREFOM Das größte innenpolitische Projekt des Präsidenten nimmt im Senat eine wichtige Hürde. Im Finanzausschuss stimmt auch eine Republikanerin für die Vorlage
AUS WASHINGTON ANTJE PASSENHEIM
In die Gesundheitsreform von Barack Obama ist Bewegung gekommen. Eine Gesetzesvorlage für das umstrittene Projekt hat am Dienstag in Washington den Finanzausschuss des Senats passiert. Auch mit Hilfe einer Republikanerin.
Die Vorlage sieht einen Versicherungsschutz für 94 Prozent der US-Bevölkerung vor, jedoch keine staatliche Krankenversicherung, wie Obama sie eigentlich wollte. Die Entscheidung für die Gesetzesvorlage fiel mit 14 zu 9 Stimmen, weil sich die konservative Senatorin Olympia Snowe aus dem Neuenglandstaat Maine den 13 im Ausschuss vertretenen Demokraten angeschlossen hat.
Ein wichtiger Faktor für die Zustimmung in dem wichtigen Senatsausschuss dürfte eine Studie sein, nach der das Haushaltsdefizit durch die Gesundheitsreform über einen Zeitraum von zehn Jahren um umgerechnet rund 55 Milliarden Euro gemindert wird. Zwar soll die Reform nach dem Entwurf über denselben Zeitraum rund 558 Milliarden Euro kosten. Haushaltsexperten gehen aber davon aus, dass diese Kosten durch andere Maßnahmen, etwa höhere Steuern für die Versicherer, ausgeglichen werden.
Obama pries den Erfolg vor Journalisten als „entscheidenden Meilenstein“ in der Erneuerung des Gesundheitssystems. Es ist eines der Kernanliegen des Präsidenten, den derzeit rund 46 Millionen US-Bürgern ohne Krankenkasse künftig Versicherungsschutz zu geben. Dafür ist er sogar bereit, seinen Favoriten, die staatliche Versicherung, aufzugeben. Obama hat signalisiert, dass das Projekt an dieser Frage nicht scheitern soll. Der aktuelle Entwurf sieht eine staatliche Anschubfinanzierung von umgerechnet bis zu rund drei Milliarden Euro für genossenschaftlich organisierte Versicherungsgesellschaften vor. Sie wären unabhängig von staatlichem Einfluss. Mit diesem Modell käme Obama den Forderungen der Republikaner näher – würde aber einige Parlamentarier seiner eigenen Partei vergrätzen. Sie haben bereits angedroht, nicht für die Reform zu stimmen, wenn sie zu weit vom ursprünglichen Gedanken abweicht.
Bis zum Schluss hatten die Demokraten im Senatsausschuss am Dienstag auf die symbolträchtige Stimme von Senatorin Snowe gehofft. Die Republikanerin ist zwar eine der MitverfasserInnen des Entwurfs, hat sich aber niemals verpflichtet, ihm auch zuzustimmen. „Ist das Gesetz so gut, wie es sein kann?“, fragte sie. „Nein. Aber wenn die Geschichte ruft, ruft die Geschichte. Und ich denke, dass die Konsequenzen der Untätigkeit dem Kongress die Dringlichkeit diktieren, jede Gelegenheit wahrzunehmen, um zu zeigen, dass er die schwerwiegenden Fragen dieser Zeit löst.“ Snowe betonte, sie teile viele Einwände gegen den Gesetzentwurf mit ihren Parteifreunden. Sie verwies darauf, das das Werk noch einige Hürden vor sich hat. Der Entwurf muss noch mit einigen anderen Vorlagen in Einklang gebracht werden, die teils noch weiter von Obamas ursprünglichen Ideen abrücken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen