: Ganz repräsentativ gejubelt
Der FC St. Pauli spendierte Ex-Bezirkschef Grote, Senator Horch und Polizeipräsident Meyer Freikarten
Von Marco Carini
Gibt es nach der Rolling-Stones-Freikartenaffäre nun auch eine FC-St.-Pauli-Ticket-Affäre? Laut Recherchen von Panorama 3 soll der Zweitligist zwischen 2013 und 2016 mehrfach VIP-Karten an den damaligen Bezirksamtsleiter und jetzigen Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Ralf Meyer und den ehemaligen Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) vergeben haben. Grote, soll insgesamt acht Freikarten im Wert von rund 1.700 Euro erhalten haben, Meyer vier Freikarten im Wert von mehr als 850 Euro und Horch zwei Karten.
Nach einer Betriebsprüfung im Oktober 2018 waren den Finanzbeamten mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe von VIP-Karten aufgefallen. Die Finanzbeamten gaben diese Informationen im April 2019 an die Korruptionsabteilung der Hamburger Staatsanwaltschaft weiter. Diese entschied unter Vorsitz von Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich im Juli, keine Ermittlungen gegen die drei Karten-Begünstigten wegen Vorteilsnahme oder anderer Korruptionsdelikte einzuleiten und die Angelegenheit zum „Beobachtungsvorgang“ herabzustufen. Trotzdem kam es, wie die Staatsanwaltschaft der taz bestätigte, ohne weitere Details zu nennen, vergangenen Donnerstag zu einer Durchsuchung der Geschäftsräume des Vereins durch Steuerfahndung und Anti-Korruptions-Ermittler.
Grote, Vereinsmitglied beim FC St. Pauli und Gegengerade-Dauergast, wie auch Meyer erklärten gegenüber dem NDR, die „Ehrenkarten“ angenommen zu haben, um dienstliche und repräsentative Pflichten während der Spiele zu erfüllen. Auch Horch begründet die Kartenannahme mit repräsentativen Aufgaben. Ob er die Freikarten tatsächlich genutzt habe, könne er nicht mehr nachvollziehen.
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dennis Gladiator, hat da seine Zweifel: „Auch wenn der Senat selbstverständlich repräsentative Aufgaben wahrnehmen muss, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb Grote acht VIP-Karten während seiner Zeit als Bezirksamtsleiter angenommen haben soll.“ Gladiator fordert wie sein CDU-Abgeordnetenkollege Richard Seelmaecker eine schonungslose Aufklärung“ des Ticket-Deals. Dieser findet zudem die Nichtaufnahme von Korruptions-Ermittlungen wegen eines fehlenden Anfangsverdachts „äußerst merkwürdig“.
Der FC St. Pauli erklärte auf Nachfrage, man habe keine Fehler gemacht und alle Freikarten ordnungsgemäß versteuert. Zudem sei es „üblich“, Freikarten etwa an Geschäftspartner zu vergeben.
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