Informationen über Abtreibungen: „Die Liste ist keine große Hilfe“
Steht der Kompromiss zu §219a wieder auf der Kippe? SPD-PolitikerInnen wie Johannes Fechner kritisieren die gerade veröffentlichte Ärzt*innenliste.
Im Februar einigte die Große Koalition sich nach langem Streit um den Paragrafen auf einen Kompromiss geeinigt: Ärzt*innen dürfen nun öffentlich darüber informieren, dass sie Abbrüche durchführen. Für jede weitergehende Information, etwa bezüglich der angewandten Methoden, müssen sie aber auf befugte Stellen verweisen – etwa auf die besagte Liste der Bundesärztekammer.
„Es war kein Fehler, dass wir das Gesetz gemacht haben“, sagte Fechner. Es war aber nur ein kleiner Schritt, und wir müssen noch nachlegen: Der Paragraf 219a sollte mindestens deutlich eingeschränkt oder ganz gestrichen werden.“
Spahn lädt zu rundem Tisch ein
Am Montag hatte zudem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündig, die Bundesärztekammer und weitere Verbände zu einem runden Tisch einzuladen, um über Möglichkeiten zur Verbesserungen der Liste zu sprechen. Ein Ministeriumssprecher sagte laut dpa, es gebe „ohne Zweifel“ noch Verbesserungsbedarf. Ziel bleibe es, dass Frauen in einer schwierigen Konfliktsituation notwendige Informationen einfach finden könnten.
Zuvor hatten auch Karl Lauterbach und Nina Scheer, beide Kandidat*innen für den SPD-Parteivorsitz, die Liste scharf kritisiert. Die Liste sei in ihrer aktuellen Form „faktische Desinformation“, sagte Scheer dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wenn der Kompromiss nicht funktioniere, müsse Paragraf 219a abgeschafft werden, „um weiteren Schaden sowohl von Ärztinnen und Ärzten als auch betroffenen Frauen abzuwenden“, schrieb sie auf ihrer Webseite.
Oppositionspolitiker*innen sagten der taz am Montag, dass lediglich eine Streichung des Paragrafen Verbesserung bringen werde. „Eine Liste wird nie die Information durch die Fachleute, die Ärztinnen, ersetzen können“, sagte Cornelia Möhring, frauenpolitische Sprecherin der Linksfraktion. Spahn wolle mit dem runden Tisch offenbar darüber hinwegtäuschen, „dass der Kompromiss krachend gescheitert ist.“
Ulle Schauws, frauenpolitische Sprecherin der Grünen, sagte: „Jens Spahn trägt die Verantwortung dafür, dass Ärztinnen und Ärzte weiter unter Druck geraten und am Pranger stehen.“ Ärzt*innen sollten „auf ihren Homepages ohne Strafandrohung darüber informieren könnten, ob sie Abbrüche durchführen und mit welchen Methoden.“
Auch Stephan Thomae, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP, sagte, ein runder Tisch ändere das grundsätzliche Problem nicht: „Die Neuregelung des Paragrafen 219a hilft weder den betroffenen Frauen noch den Ärzten.“ Nur mit einer Abschaffung gebe es „endlich Rechtssicherheit“. Nun sei die SPD am Zug.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Lang geplantes Ende der Ampelkoalition
Seine feuchten Augen
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Haldenwang über Wechsel in die Politik
„Ich habe mir nichts vorzuwerfen“