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Projekt „Ist Luisa da?“ abgewickeltLuisas Hilfe ist exklusiv

Das Bremer Präventionsprojekt „Ist Luisa da?“ ist Geschichte. Angeblich haben die Initiatorinnen vom „Notruf Bremen“ Markenrechte verletzt.

Ein Plakat in einem Café in Münster. Aus Bremen ist Luisa mittlerweile geflohen Foto: dpa

Bremen taz | Alle Flyer, Werbeutensilien, Aufkleber und Plakate sind entsorgt. Auch die extra für den Einsatz in der Jacobs University ins Englische übersetzten Materialien sind bereits vernichtet. Das vom Verein Notruf Bremen initiierte und organisierte Gewaltpräventionsprojekt Luisa wird seit April 2019 von Verbotsdrohungen heimgesucht. Nun ist es komplett abgewickelt worden.

Ein Präzedenzfall mit offenem Ende: Nach Angaben des gemeinnützigen Vereins drohen 30 Bremer Kneipen, Bars, Cafés und Discos nun Zwangsgelder von bis zu 5.000 Euro, wenn sie das Hilfsangebot weiterhin bewerben, laut dem jedEr mit der Frage „Ist Luisa da?“ diskret beim Personal um Hilfe bitten kann, die oder der sich durch Gäste verunsichert, bedrängt oder sexuell belästigt fühlt.

Mit Entwicklung-, Sach- und Personalkosten hat Notruf nach eigenen Aussagen etwa 18.000 Euro in das Projekt investiert, das durch zweckgebundene Spenden sowie durch Ortsämter gefördert worden war. Hilflos staunend saßen Vorstand und Psychologinnen des Vereins den der taz vorliegenden Anwaltsschreiben gegenüber: Durch sie hatte der Frauennotruf Münster im April den Bremer Kolleginnen mitgeteilt, den Notruf „Ist Luisa hier?“ bereits 2016, also ein Jahr vor den Bremerinnen, mit dem Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen entwickelt zu haben.

Und der sei ab sofort auch als Marke geschützt. Inzwischen würde er in acht Bundesländern von 57 Städten, auch in der Schweiz und Österreich genutzt. Durch diesen Erfolg und juristisch gestärkt untersagten die Münsteranerinnen als Rechteinhaberin die, wie es hieß, zum Verwechseln ähnliche „Ist Luisa da?“-Kampagne in Bremen.

Luisa haben wir nur für Mädchen und Frauen entwickelt, denn bei Männern kennen wir uns nicht aus

Gerlinde Gröger, Frauennotruf Münster

Dabei waren die hiesigen Notruf-Frauen von Anfang an bereit, die Lizenzgebühr von 100 Euro zu überweisen, obwohl sie überzeugt sind, dass ihr Projekt – genauso wie das aus Münster – eine eigenständige Adaption des „Ask für Angela“-Programms englischer Kneipiers sei, was die Westfälinnen allerdings bestreiten.

Auf alle Fälle aber wollten die Bremerinnen nicht den Lizenzvertrag unterschreiben. „Bei uns sollte das Codewort ‚Luisa‘ ebenfalls verwendet werden, weil es bundesweit eingeführt ist. Wir wollten das Hilfskonzept aber allen Geschlechtern zugänglich machen – und nicht nur Frauen, wie das die Münsteraner fordern“, sagt Sabine Gaiser, Erste Vorsitzende von Notruf Bremen. „Zudem fanden wir die Vorgaben des Corporate Designs nicht so ansprechend und hatten ein eigenes entwickelt.“ Anderthalb Jahre lang habe das bestens funktioniert, auch auf Großveranstaltungen wie der Breminale und dem Freimarkt, sagt Psychologin Sina Nahrwold. Aber dann kam die Anschuldigung, Markenrechte seien verletzt worden.

Zwei Auswege schlägt der Anwalt des Frauennotrufs Münster vor: Entweder die Bremerinnen unterschreiben umgehend den Nutzungsvertrag, akzeptieren also den Ausschluss aller Nicht-Frauen vom Hilfskonzept. Oder es würden Anwaltskosten von 1.500 Euro sowie Schadensersatz in gerichtlich noch festzusetzender Höhe fällig, heißt es in dem Anwaltsschreiben. Notruf fürchtet nun um seine spendenfinanzierte Arbeit.

Gerlinde Gröger, Leiterin des Münsteraner Frauennotrufs, widerspricht dem Schreiben ihres Anwalts, indem sie sagt: „Schadensersatzforderungen stehen nicht im Raum.“ Zumindest dann nicht, wenn eine Unterlassungserklärung unterzeichnet würde. „Haben wir bereits“, sagen die Bremerinnen. „Die war aber juristisch nicht einwandfrei“, widerspricht Gröger. Zudem sei für die bisherige Nutzung der Kampagne eine um das Fünffache erhöhte Lizenzgebühr zu bezahlen, weil die Bremerinnen bereits so viel Arbeitszeit gekostet hätten, erklärt Gröger.

„Wir haben unsere Kampagne im guten Glauben für die gute Sache gestartet“, sagt Nahrwold. Was naiv war, wie Gaiser rückblickend sagt. Denn den Münsteranerinnen geht es ganz offensichtlich nicht nur um die gute Sache, sondern auch um die Idee der Exklusivität. „Ja“, bestätigt Gröger, „Luisa haben wir bewusst nur für Mädchen und Frauen entwickelt, denn bei Männern kennen wir uns nicht aus.“ Die müssten eigene Projekte entwickeln, etwa für rassistische, homophobe Belästigung.

Worin genau der einklagbare Schaden bestehen könnte, der den Münsteranerinnen entstanden sein soll, will Gröger nicht erklären. Fakt sei, keine der beiden Organisationen habe mit dem Projekt Geld verdient. Im Gegenteil. Gröger deutet aber immerhin an, es wäre ein Schaden, wenn ihr Konzept verwässert würde. Sind Männer Verwässerer? Oder verwässert das eigenständige Bremer Design den Kampagnenzweck? Ist so den Markeninhabern ein Imageschaden entstanden? „Wir wissen es nicht“, sagt Gaiser, „und sehen gerade keine Chance für eine einvernehmliche Lösung.“

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2 Kommentare

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  • Wie unglaublich hirnlos ist das denn?

    Wenn ich ein gutes Projekt ohne Gewinnabsicht initiiere und das Projekt bundes- oder weltweit nachgeahmt wird, dann bin ich doch stolz darauf, dass meine Idee weiter getragen wird.

    Natürlich macht es absolut Sinn, das Codewort "Luisa" nicht von Stadt zu Stadt zu ändern und auch die Kampagne bundesweit relativ einheitlich weiterzutragen.

    Dass eine Ausweitung auf andere Gruppen erfolgt, zeigt doch nur die Kraft dieser guten Idee.



    Warum sollten nicht auch Männer oder rassistisch Verfolgte per Codewort das Personal um Hilfe bitten können?



    Nicht immer ist eine Notlage offensichtlich, nicht immer kann man offen um Hilfe bitten.

    Sehr schade, dass Engstirnigkeit und Kleinkariertheit hier einer wirklich guten Idee ein Ende setzen und so schade um die Energie, das Geld und Arbeit, die die Beteiligten bis dahin investiert haben.

  • Offensichtlich war es den Münsteranerinnen finanziell einiges wert, andere Frauen auf den Kopf zu hauen. Und gleichzeitig der wichtigen Sache maximal zu schaden.



    Was Mann dabei denkt, möchte ich lieber nicht sagen.