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Bundestag soll Rassismus bekämpfen„Bitter nötig und überfällig“

Zahlreiche Organisationen fordern den Bundestag auf, eine Kommission zur Rassismus-Bekämpfung einzurichten. Anlass ist der Jahrestag des NSU-Urteils.

„Rassistische Strukturen und rechte Gewalt gehen uns alle etwas an“, heißt es in dem Aufruf Foto: imago images/Klaus Martin Höfer

Berlin taz | 50 Organisationen und Einzelpersonen rufen den Bundestag anlässlich des ersten Jahrestags des Urteils im NSU-Prozess und des Mordes an dem CDU-Politiker Walter Lübcke auf, eine Enquete-Kommission zur Bekämpfung von Rassismus einzurichten. „Rassistische Strukturen und rechte Gewalt gehen uns alle etwas an“, heißt es in dem am Montag veröffentlichten Aufruf, der der taz vorab vorlag. „Ihre Bekämpfung ist Pflicht einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft, ihre Aufarbeitung Schutzpflicht des Rechtsstaates.“

In einer Enquete-Kommission arbeiten Bundestagsabgeordnete mit externen Sachverständigen komplexe und politisch bedeutsame gesellschaftliche Entwicklungen systematisch auf und erarbeiten Empfehlungen für den Bundestag.

Dem Aufruf zugrunde liegt eine Resolution des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrats (BZI) vom November 2018. Anlässlich der aktuellen rechtsextremen Vorfälle will die Organisation dieser Forderung nun Nachdruck verleihen – und hat sich Unterstützung gesichert: Unter den Erstunterzeichner*innen sind die SPD-Politikerin Gesine Schwan sowie die Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt in der SPD, der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, der Zentralrat der Muslime, das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus, die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus sowie zahlreiche Wissenschaftler*innen und Künstler*innen.

Die rechte Terrorgruppe NSU hatte neun Kleinunternehmer und eine Polizistin ermordet. Mit dem Fokus auf das Trio bestehend aus Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe statt auf weitgehende rassistische Strukturen und Netzwerke habe „der Staat sein Versprechen für eine lückenlose Aufklärung nicht eingelöst und seine selbstverständliche Aufgabe nicht erfüllt“, heißt es in der Resolution.

Endlich in den „Arbeitsmodus“ kommen

Die geforderte Enquete-Kommission müsse deswegen unter anderem „politische und gesellschaftliche Wahrnehmung von rassistischen Ideologien“ schärfen und „anhand der Fehler beim NSU-Fall wirksame Maßnahmen gegen institutionellen Rassismus“ erarbeiten.

„Die Drohbriefe des sogenannten ‚NSU 2.0‘, aufgedeckte Attentatspläne und der Mord an Dr. Lübcke zeigen uns: Zahlreiche Personen aus den Netzwerken um den NSU herum sind heute weiterhin maßgeblich aktiv“, sagte BZI-Geschäftsführerin Deniz Nergiz der taz. „Solange es uns nicht gelingt, die Netzwerke, die den NSU erst ermöglicht und ihn unterstützt haben, aufzudecken und zunichte zu machen, können und werden sie weiter aktiv sein.“

Der Autor Max Czollek sagte der taz, er sehe „erdrückende Beweise für die Verstrickung staatlicher Institutionen und Akteure in Deutschland mit rechtsradikalen Gewalttaten“. Dies habe zu einer „eklatanten Erschütterung des Vertrauens eines Teils der deutschen Bevölkerung in die staatlichen Organe geführt“. Die Aufarbeitung durch eine Enquete-Kommission sei „eine notwendige Vorarbeit für eine Wiederherstellung des Schutzversprechens des deutschen Staates für alle Bürger*innen einer pluralen Demokratie, ungeachtet ihrer Herkunft, Religion oder politischen Einstellung.“

Auch Aziz Bozkurt, Bundesvorsitzender der AG Migration und Vielfalt in der SPD, bekräftigte: „Aktuell schafft es die Politik jenseits von warmen Worten nicht, Lösungen für unser Rassismusproblem in der Gesellschaft und unseren Institutionen zu liefern.“ Es brauche endlich eine Enquete-Kommission, „damit der Bundestag zum Thema Rassismus in den Arbeitsmodus kommt, Zielmarken und Maßnahmen erarbeitet und damit auch eine bitter nötige und überfällige Diskussion über das Ausmaß von Rassismus angestoßen wird“.

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9 Kommentare

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  • Ich habe nun extra nochmal nachgelesen, was Rassismus bedeutet. Und tatsächlich ist es auch rassistisch, wenn Männer Mädchen und Frauen als minderwertig oder gar wertlos betrachten.

    Da hat die Kommission aber richtig viel zu tun, wenn sie auch dem entgegen wirken will.

  • mit verlaub diese idee ist nicht neu. im landtag thüringen tagt so ein gremium bereit. und im bundestag wurde dies auch bereits von linken und grünen im sondervotum zum 2. nsu-ua gefordert. siehe seite 1201 (linke) und 1337 (grüne) dipbt.bundestag.de...18/129/1812950.pdf

  • rassismus geht aber nicht nur von deutschen aus. wie verhalten sich die "neubürger" denn?



    wie komme ich mir als frau vor, wenn ich mich so herablassend behandeln lassen muss wie es leider sehr oft der fall ist. ich rede nicht nur von übergriffen, sonder auch vom fehlenden respekt.



    auch daran MUSS der staat mal arbeiten!



    das verlange ich einfach.

    • @Freija:

      IHR "wie verhalten sich die "neubürger" denn?" Zeigt genau die Verallgemeinerung, die Bestandteil des Rassismus ist. Sie müssen, ob Sie wollen oder nicht, akzeptieren, dass Deuschland kein Land von biodeutschen Gartenzwergen und einer Leitkultur mehr ist, sondern ein "melting pott" verschiedener Kulturen, die nur in gegenseitigem Respekt voneinander, neben einander existieren können.

      • @Rinaldo:

        Ich soll Männer respektieren, für die ich als Frau und noch dazu Ungläubige (Atheistin) minderwertig bzw. wertlos bin? Die das sehr deutlich machen, wenn ich an einer Gruppe von ihnen auf der Straße vorbeigehe? Dieser unterwürfige Typ Frau bin ich einfach nicht und will ich auch nicht sein. Nicht im Deutschland des 21. Jahrhunderts. Schlimm genug, dass sich so wenige mit den Frauen und Mädchen in diesem Land, mit und ohne Migrationshintergrund, solidarisieren.

      • @Rinaldo:

        @rinaldo



        richtig! gegenseitigen respekt verlange ich ebenfalls. doch wenn von respekt die rede ist, lese ich immer nur davon, das deutsche sich migranten gegenüber so verhalten sollen. doch wie ist das andersrum? muss ich mir als frau respeklosigkeit, die von den meisten männlichen migranten gegenüber frauen gezeigt wird, gefallen lasen? soll das jetzt deutschland sein? wirklich???

        welcher deutsche traut sich denn noch etwas gegen die unverschämtheiten einiger (nicht alle) ausländer zu sagen? man hat doch gleich die angst als rechter abgestempelt zu werden. das finde ich richtig bedenklich.



        von mir kann ich sagen, ich bin nicht rechts, mag die afd nicht. ich bin auch dafür zu helfen, aber ich bin nicht dafür zurück zu stecken!



        ich verlange, dass das grundgesetz respektiert wird. das ich als frau genauso respektiert werde wie ein mann. und das auch von migranten. wer das nicht akzeptieren kann, muss sich ein anderes land suchen. der passt hier nicht rein.

  • Angesichts der ",,,Verstrickung staatlicher Institutionen und Akteure in Deutschland mit rechtsradikalen Gewalttaten“, ist die Schaffuung einer Enquete- Kommission zum Thema Rassismus längst überfällig. Warum dabei Antisemitismus nicht schon lange unter den Überbegriff Rassismus gestellt wird, ist ebenfalls unverständlich. Das Logo " Rassismus ist keine Alternative" (s.o. Bild) ist ebenfalls missverständlich und unklar: warum und für wen sollte Rassismus eine Alternative für was sein?

  • In Deutschland gibt es Weltanschuungsfreiheit. Daher ist also gar keine Aufgabe staatlichen Handelns, sondern eine ureigenes Anliegen der Zivilgesellschaft, der politischen Parteien und couragierter Bürger an der Meinungsbildung des Volkes mitzuwirken. Der Staat darf auf keinen Fall zur Geisel genommen werden. Das Wort "Schutzversprechen" deutet bereits an, welcher antiliberale Geist hier am Rollen ist.

    • @Ansgar Reb:

      Rassismus ist keine "Weltanschuungsfreiheit", sondern ein Verbrechen, was der Staat, auf dem Boden des Grundgesetzes, verhindern muss.