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WM-Viertelfinale Frankreich-USAVorgezogenes Finale

Sie haben einen Psychologen und eine eigensinnige Trainerin. Aber haben die Französinnen vor dem Match gegen die USA auch eine Spielidee?

Gibt es eine Fortsetzung? Eugenie Le Sommer und Amel Majri beim Torjubel Foto: ap

Paris taz | Die Französinnen sind wieder in Clairefontaine. Bevor das Turnier losgegangen ist, waren sie schon einmal im nationalen Leistungszentrum des Französischen Fußballverbands. „Hier haben wir unsere Ruhe, hier wissen wir, wo unsere Dinge sind, es sind keine Fans da, die vor dem Hotel warten oder an den Trainingsplätzen“, sagte Torhüterin Sarah Bouhaddi auf der Pressekonferenz zwei Tage vor dem Spiel gegen die USA im Pariser Prinzenparkstadion.

Drei Wochen lang hat die französische Nationalmannschaft die Stimmung im Land aufgesaugt, hat sich bisweilen tragen lassen von der Atmosphäre in den vollen Stadien, schien bisweilen dem Druck nicht gewachsen wie im engen Achtelfinalspiel gegen Brasilien und genoss dann doch die Zuneigung, die ihr zuteil wurde, in vollen Zügen. Jetzt steht das Viertelfinale an (Freitag, 21 Uhr). Das große Spiel, auf das alle warten, seit das Turnier ausgelost worden sei, wie Bouhaddi meinte. Und daraufhin wird jetzt gearbeitet. „Ohne Journalisten“, wie die Keeperin von Olympique Lyon angemerkt hat.

Die Mannschaft scheint sich belästigt zu fühlen von den Reportern. In der Tat ist es interessant, wie die französische Sporttageszeitung L’Équipe die Nation auf das Viertelfinale der zwei großen Turnierfavoritinnen vorbereitet. Am Mittwoch porträtierte die Zeitung den Psychologen des Teams. Mit Richard Ouvrard arbeiten die Fußballerinnen das erste Mal richtig professionell mit einem psychologischen Ratgeber zusammen. Ouvrards Qualifikation steht dabei außer Frage. Er gehörte zu dem Betreuerteam, das die französische Handballnationalmannschaft der Frauen zum WM-Titel 2017 geführt hat.

Doch statt ein kreuzbraves Porträt seiner Arbeit zu machen, präsentiert L’Équipe die Aussagen eines anonymen Zeugen aus dem Teamumfeld, aus dessen Aussagen hervorgeht, dass der Psychologe zwar durchaus einen Draht zu den Spielerinnen gefunden habe, Nationaltrainerin Corinne Diacre hingegen mit seinem Ansatz wenig anfangen könne.

Kurz vor dem Turnier sei er kurz davor gewesen hinzuschmeißen, weil ihm das Vertrauen der gestrengen Trainerin gefehlt habe, er nicht zurechtgekommen sei mit ihren eingefahrenen Methoden und ihrem Drang, alles unter Kontrolle zu haben. „Richard versteht sich gut mit den Spielerinnen, aber mit Corinne Diacre ist das anders“, wird der Informant zitiert.

Am Tag vor dem Spiel wärmt die Sportpostille den längst beigelegten Konflikt der Trainerin mit Innenverteidigerin Wendie Renard auf. Die war als Kapitänin abgesetzt worden, als Diacre im September 2017 das Amt als Trainerin übernommen hat. „Sie solle sich auf ihr Spiel konzentrieren“, hat Diacre seinerzeit gesagt. Renard soll der Trainerin gegenüber nicht respektvoll genug aufgetreten sein. Ihr fehle es an der nötigen Erziehung, soll Diacre gesagt haben.

Wer möchte vor dem Viertelfinale gegen die USA, das für viele ein vorgezogenes Finale ist, schon über Sport sprechen?

Und zu allem Überfluss fragt L’Équipe dann auch noch den Präsidenten des Französischen Fußballverbands FFF, Noël Le Graët, ob Diacre ihren Posten behalten dürfe, wenn die Französinnen schon im Achtelfinale scheitern. Der immerhin glaubt an einen Erfolg der Blauen, was auch nicht wirklich eine Antwort ist. Das Minimalziel Viertelfinale ist jedenfalls erreicht.

Wie es wirklich im Team aussieht, das lässt sich an den Tagen vor einem derart wichtigen Spiel ohnehin schlecht sagen. Bouhaddi jedenfalls meinte, sie trainiere nicht anders als vor anderen Spielen auch. Dass sie das Spiel von Alex Morgan und Megan Rapinoe ganz gut kennt, weil beide mal kurz mit ihr zusammen bei Olympique Lyon gespielt haben, sei dabei natürlich von Vorteil. Für ein mögliches Elfmeterschießen trainiert sie nicht speziell. Über die Vorlieben der amerikanischen Schützinnen hat sie sich natürlich informiert. Das habe sie auch von dem Achtelfinale gegen Brasilien so gemacht. Klingt, als liefe alles nach Plan.

Den wiederum würden viele in Frankreich gerne mal sehen. Das Spiel mit zwei Angreiferinnen hat gegen Brasilien nur phasenweise funktioniert. Die Rückversetzung von Eugénie Le Sommer ins linke Mittelfeld hat nur mäßig funktioniert. Auch ob es richtig war, die erfahrene Mittelfeldstrategin Gaëtane Thiney ausgerechnet mitten im Turnier zu degradieren und auf die Bank zu setzen, wo sie im Spiel gegen Brasilien bis zur 80. Minute sitzen blieb, wird auch kritisch gesehen.

Immerhin eine Spielerin hat sich während des Turniers in die Herzen der Nation gespielt. Die kraftstrotzenden Flankenläufe von Kadidiatou Diani im Spiel gegen Brasilien waren in der Tat eine Augenweide. Doch wer möchte vor dem Viertelfinale, das für viele ein vorgezogenes Finale ist, schon über Sport sprechen? Es geht um die Stimmung im Team und die könnte schlechter kaum sein, glaubt man der Berichterstattung.

Trösten mag die Französinnen, dass auch bei ihrem Gegner der Sport zur Nebensache geworden ist vor dem großen Spiel in Paris. Bei den USA spielt mit einem Mal sogar Donald Trump mit.

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