: Krankenpfleger gesucht
Die Gewerkschaft Ver.di erinnert SPD, Linke und Grüne daran, dass sie vor der Wahl versprochen haben, sich für bessere Arbeitsbedingungen in Kliniken einzusetzen
VonEiken Bruhn
Mehr Personal in den Krankenhäusern – das fordert jetzt die Dienstleistunggewerkschaft Ver.di anlässlich der Koalitionsverhandlungen von SPD, Grünen und Linken. Schließlich hätten über 11.000 Bremer*innen Ende 2018 die Kampagne für ein Volksbegehren unterstützt, das per Gesetz verbindliche Personalschlüssel festlegen will. Nur: Es ist strittig, ob die Länder überhaupt solche Vorgaben machen dürfen. In Hamburg hat das Landesverfassungsgericht im Mai der Beschwerde des Senats gegen ein ähnliches Volksbegehren stattgegeben.
Der Bremer Senat hat am Dienstag entschieden, sich mit Thüringen im Bundesrat für eine verbindliche durchschnittliche Personalausstattung in Krankenhäusern einzusetzen.
Ein besserer Personalschlüssel sei die wichtigste Voraussetzung, um mehr Fachkräfte zu gewinnen, sagte am Freitag der Ver.di-Mitarbeiter Jörg Bracker. „Es muss ein klares Signal gesetzt werden, dass sich die Arbeitsbedingungen verbessern“, so Bracker. „Sonst wählt niemand freiwillig diesen Beruf.“
Wie groß der Fachkräftemangel in Kliniken ist, hatten vergangene Woche leitende Kinder*ärztinnen aus mehreren deutschen Kliniken in der Wochenzeitung Zeit beschrieben. Sie könnten oft schwerkranke Kinder nicht aufnehmen, sagten sie. Ärzt*innen seien in der Regel da, auch Betten, die aber nicht voll belegt werden können, weil es an Pflegekräften mangele.
In Bremen trifft dies auf die Behandlung von Frühgeborenen zu. Regelmäßig, so hatten es die städtischen Kliniken Nord und Links der Weser im Mai der taz gesagt, könnten die vorhandenen Plätze nicht ausgenutzt werden. Denn in der Intensivpflege für Kinder und Erwachsene gibt es Personaluntergrenzen, die der Gemeinsame Bundesausschuss aus Kassenärzt*innen, Krankenkassen und Krankenhäusern festgelegt hat.
Anders als jetzt in der Zeit beschrieben, müssten Bremer Kinderkliniken aber nur selten Patient*innen abweisen oder an andere Kliniken verteilen, sagte am Freitag Karen Matiszick, Sprecherin der städtischen Krankenhausgesellschaft Gesundheit Nord (Geno). „Es ist nicht so dramatisch wie an einigen anderen Häusern in Deutschland“, sagte Matiszick. Aber auch die Geno sei vom Fachkräftemangel betroffen. Engpässe gebe es vor allem in spezialisierten Bereichen wie der Anästhesie und Kinderkrankenpflege. In allen vier städtischen Kliniken sind derzeit jeweils sechs bis acht Pflegestellen ausgeschrieben – zusätzlich zu dem Springerpool, den die Geno vor einem Jahr aufgebaut hat. „Wir haben 30 Springkräfte und suchen noch weitere 20“, so Matiszick.
Der Springerpool sei gegründet worden, um nicht mehr so viel auf teure Personalleasing-Firmen zurückgreifen zu müssen, sagte die Sprecherin. Derzeit seien durchschnittlich 40 bis 45 Leiharbeiter*innen im Einsatz. Bei der Geno sind 2.867 Mitarbeiter*innen in der Pflege angestellt, verteilt auf 2.053 Vollzeitstellen.
Das Attraktive am Springerpool ist Matiszick zufolge nicht das geringfügig höhere Gehalt. Sondern die Möglichkeit, die Arbeitszeiten selbst aussuchen zu können. „Wir bekommen die Rückmeldung, dass es für jüngere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entscheidend ist, nicht alles dem Job unterordnen zu müssen“, sagte Matiszick.
Die drei Parteien, die gerade über einen Koalitionsvertrag für die nächsten vier Jahre verhandeln, haben alle in ihre Wahlprogramme geschrieben, dass sie sich für eine Aufwertung des Pflegeberufs in Kliniken und Heimen sowie eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen einsetzen wollen.
Während SPD und Linke darunter auch eine bessere Bezahlung verstehen, schreiben die Grünen dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe: „Wir halten die Tariflöhne in der Pflege in den staatlichen Krankenhäusern für nicht unangemessen.“
Das sagt auch Jörg Bracker von der Gewerkschaft Ver.di. „Die Situation in Bremen ist vergleichsweise gut.“ Das liege daran, dass über die Hälfte der Pflegekräfte bei der Geno angestellt sind, die nach dem Tarif des öffentlichen Diensts bezahlt.
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