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​Linken-Fraktion verschiebt NeuwahlWagenknecht macht erst mal weiter

Die Linke will nun doch nicht im Juni über die Nachfolge der Fraktionsvorsitzenden entscheiden. Co-Chef Bartsch nennt als Grund das Chaos in der Groko.

Es geht wohl erstmal weiter mit Sahra Wagenknecht – Bartsch will jetzt keine Neuwahl Foto: dpa

BERLIN taz | Die Fraktion Die Linke will sich offenbar mehr Zeit lassen, mit der Wahl einer Nachfolgerin für die scheidende Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht. Wie Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch am Montag im ZDF-Morgenmagazin ankündigte, möchte er die Neuwahl des Fraktionsvorstands auf die Zeit nach den Landtagswahlen im Herbst verschieben. Bartsch begründete das mit dem Chaos in der Großen Koalition: „Angesichts dieser Lage, kann man nicht ernsthaft jetzt chaotische Verhältnisse in der Linken produzieren“, so Bartsch. Die Verschiebung habe er mit Wagenknecht zuvor besprochen.

Zustimmung signalisierte auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Caren Lay. „Ich finde es richtig, die Vorstandswahlen auf die Zeit nach den Landtagswahlen zu verschieben“, sagte sie der taz. Sie gehe davon aus, dass in diesem Sommer nicht mehr gewählt werde. Lay ist eine von mehreren Frauen in der Fraktion, die als Nachfolgerin von Wagenknecht gehandelt werden.

Der Fraktionsvorstand wollte ursprünglich schon an diesem Montag den Fahrplan für eine Neuwahl des Vorstands beraten. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Jan Korte, hatte kurz vor der Europawahl in der taz verkündet, dass beide Vorsitzende, also Bartsch und Wagenknecht, noch vor der Sommerpause die Neuwahl des Fraktionsvorsitzes anstrebten.

Beide führen die Fraktion seit 2015 und sind regulär bis zum Herbst 2019 gewählt. Wagenknecht hatte im März nach einer krankheitsbedingten Auszeit angekündigt, nicht noch einmal für den Fraktionsvorsitz zu kandidieren und dies mit Stress und Überlastung begründet. In der Fraktion ward sie davor und danach selten gesehen, es hieß sie wolle ihren Posten lieber heute als morgen aufgeben.

Gregor Gysi hatte angeregt, dass Dietmar Bartsch die Fraktion für eine Übergangszeit allein führen könne. Dieser Vorschlag kam in der Fraktion aber gar nicht gut an. Mehrere Frauen in der mehrheitlich weiblich besetzten Fraktion sprachen sich öffentlich für eine paritätische Doppelspitze aus. Auch der ehemalige Parteichef Klaus Ernst sagte im Tagesspiegel, das wäre ein „Armutszeugnis“.

Bartsch hatte sich öffentlich nie zu Gysis Vorschlag geäußert. Doch kann ihm und seiner Partei das Chaos in der SPD nicht unrecht kommen. Verschafft es der Linkspartei doch etwas Zeit. Bei der Europawahl hatte die Linke ihr schlechtestes bundesweites Wahlergebnis seit Gründung erzielt und nur 5,5 Prozent der WählerInnen überzeugt. Prominente Politiker wie Stefan Liebich hatten danach einen Neustart sowohl an der Partei- als auch an der Fraktionsspitze gefordert. Auch dieser dürfte sich nun verschieben.

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15 Kommentare

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  • Wenn das das Ergebnis der EU Wahl ist, kann man alle Protestwähler die nicht die Linke wählten, wegen dem Kurs von Kipping und Riexinger, nur gratulieren.

  • Offenbar eine erste Einsicht, dass die Anti-Wagenknecht-Stimmungsmache eben entscheidende Stimmen kostet.

    • @Linksman:

      Nö, es war die eklatante Programmschwäche in den bei dieen Wahlen wichtigen Themen.

  • Können diese Gockel wie Korte, Bartsch und leider auch Gysi nicht einfach mal ruhig sein, erst einmal Diskussionen in Fraktion und Partei führen und sich dann auch an gemeinsame Entschlüsse halten?



    Die Entwicklung an der Parteibassis und bei den Wählern der Linken zu mehr ZusammenArbeit mit den sozialen und ökologischen Bewegungen geht so an diesen Egomanen leider völlig vorbei.

  • Sicher gibt es zahlreiche Linke, die mit Wagenknecht nichts anfangen können. Aber sie ist sehr beliebt, besonders duch ihre Bücher, die sehr überzeugend sind. Das schlechte Ergebnis hat sicher mit ihrem Rückzug zu tun. Aber wenn das so ist, bringt es nichts, ihren Rückzug nur zu verschieben. Daher halte ich den Vorschlag Liebichs für das vernünftigste.

    Und außerdem ist Liebich mein Favorit, hihihi

  • Wie? Wagenknecht macht erst mal weiter. Kein Wort darüber, was denn Sahra Wagenknecht dazu sagt. Und auch kein Wort darüber, was denn die Frauen sagen, die in erster Linie mit der innerparteilichen Demontage von Wagenknecht beschäftigt waren. Und Frau Lehmann war ja tatkräftig daran beteiligt.



    Wenn Sahra Wagenknecht erst mal weiter macht, bestätigt sich für mich ihr tadelloser Charakter. Mal sehen, wie sich die Intrigantinnen verhalten.

    • 7G
      76530 (Profil gelöscht)
      @Rolf B.:

      Ich bin da weniger gespannt als Sie.

      Jeder tut das, was er kann.

      IntrigantInnen vor allem intrigieren.

  • ... dem der Mittelfinger mit mildem Lächeln durchgewunken wurde".



    "durchgewunken"? stark gebeugt: "winken, wank, gewunken"? oder korrekt schwach: "winken, winkte, gewinkt"?

  • Glücklicherweise wissen wenigstens die Linken, dass sie wohl ohne Frau Wagenknecht gerade mal an der 5%-Grenze hängen werden.



    Man kann Frau Wagenknecht nur wünschen, dass sie bald wieder voll dabei sein kann oder dass irgendjemand auftaucht, der ihre Rolle ausfüllen kann.

    • @Age Krüger:

      Die Linken hängen an der 5%-Grenze, weil sie keine überzeugenden Antworten haben auf die gegenwärtigen drängensten Fragen wie Klimawandel, zivilgesellschaftliche Krise, Gefährdung der Demokratie oder einen umsetzbaren Neuanfang in der Sozialpolitik (Strichwort Grundsicherung und ihre Finanzierung). Sie haben kein klares Profil, weder für die jungen, noch für die urbanen Milieus, noch für die abgehängten in den ländlichen Ostgebieten. Und auch in der Arbeitswelt dringen sie - wie die SPD - nicht mehr durch. Das sind keine personellen, sondern inhaltliche Probleme. Auch für sie gilt, Rezepte aus der Mottenkiste der 80er oder 90er helfen nicht weiter, auch wenn es damals linke Rezepte waren.

    • @Age Krüger:

      Ich wünsche ihr, dass sie die Kippings dieser Welt und die Lehmanns nicht mehr ertragen muss.

    • @Age Krüger:

      Wer nach Wahlen wieder hinzu stößt war vor den Wahlen ungern gesehen. In Bremen hätte ihr Auftritt sicher die Ergebnisse verhagelt.

      Ich kann daher nicht verstehen wieso sie in der Linkspartei eine zweite Chance bekommt. Hat sie den Wenigsten auch ihre Beliebtheit als Koalitionsvorsitzende in der eigenen Koalition verbessern könnt?

      • @Rudolf Fissner:

        Naja, ich weiß nicht, wie z.B. Wagenknechts Haltung zu Maduro ist, den die Bremer Linke ja uneingeschränkt unterstützt. Kann sein, dass hier Differenzen bestehen und deshalb tatsächlich so ein Auftritt kontraproduktiv wäre.

        Nur ist Bremen eben ein völlig irrelevantes winziges Bundesland, das gerade mal 1/160 der BRD ausmacht. Insofern kann man nur sehr schlecht von dort auf die Stimmungslage in der BRD schließen. Da hat meine frühere Heimatstadt Essen mehr Einwohner.



        Und die Ergebnisse der Europawahl sprechen eben für sich.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    So wenig die Partei Die Linke besondere Sympathien für die SPD hegt, so sehr ist sie in den Abwärtssog der SPD hineingeraten. Nach meiner Wahrnehmung wie bei der "großen Schwester/ Tante" überwiegend selbstverschuldet.

    Wenn die Linke jetzt Zeit gewinnt, hat sie damit noch keinen neuen Kredit gewonnen. Sie wird diese Zeit auch sinnvoll nutzen müssen. Mit einer sozialistischen Politik für die Ausgegrenzten und Abgehängten, die ihren Namen verdient.

    Glückauf!