Absage der Leipziger Jahresausstellung: Der AfD liebster Maler
Die Leipziger Jahresausstellung wurde gecancelt, weil der AfD-nahe Künstler Axel Krause eingeladen war. Der kann davon aber sogar profitieren.
Ein Ausrufezeichen war der Titel der diesjährigen Leipziger Jahresausstellung (LJA). „!“ sollte sie heißen und am Donnerstag auf der Baumwollspinnerei in Leipzig eröffnen. Nun wurde sie abgesagt und hinterlässt viele Fragezeichen. Das erste steht hinter der Frage, warum der Künstler Axel Krause überhaupt eingeladen wurde.
Der Maler wird der Neuen Leipziger Schule zugerechnet und wurde vor allem dadurch bekannt, dass sich letzten Sommer die Galerie Kleindienst von ihm trennte. Sie wolle seine politischen Ansichten nicht mehr mittragen, so die Begründung. Seine politischen Ansichten tut Krause, der Mitglied im Kuratorium der von der AfD gegründeten Desiderats-Erasmus-Stiftung ist, auf Facebook (inzwischen auch in rechten Medien wie der Jungen Freiheit) kund, wo er von der „illegalen Massenmigration“ als „einem großen Fehler“ spricht und die AfD „für ein begrüßenswertes Korrektiv im maroden Politikbetrieb“ hält.
Die Galerie Kleindienst bekam nach der Trennung von Krause einen Shitstorm inklusive Morddrohungen, der Fall wurde überregional besprochen. Schließlich berührt er die aktuelle Frage: Wie soll man mit rechten Künstlern umgehen?
Die Antworten der Beteiligten fallen unterschiedlich aus: Das einzige Kriterium sei die Qualität der Arbeiten, verteidigte noch vor zwei Wochen der Vorsitzende des Vereins Leipziger Jahresausstellung, Rainer Schade, die Einladung Krauses und fragte in der Leipziger Volkszeitung: „Was wissen wir von anderen Künstlern, die ebenfalls in der Liste sind, was diese privat oder politisch tun? Es gibt ja nicht nur das rechte Spektrum. Wir können nicht die Gesinnung unserer Künstler recherchieren, um zu schauen, ob sie ausstellungswürdig sind.“
„Politische Neutralität unmöglich“
Der Künstler Moritz Frei sagte dagegen seine Teilnahme an der LJA wegen Krause ab. „Ihn als ausstellenden Künstler auszuwählen, vermittelt mir den Eindruck des Versuches einer Rehabilitierung“, schrieb er in seiner Absage. Der Name Axel Krause sei durch den medialen Wirbel nicht mehr ohne seine politische Haltung zu sehen. „Kunstfreiheit ist mir ein hohes Gut (im Gegensatz zur AfD) und ich habe nichts dagegen, dass Axel Krause seine Bilder ausstellt“, schrieb Frei. Doch er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, mit ihm an der Jahresausstellung teilzunehmen.
Auch andere teilnehmende Künstler der LJA teilten ihre Bedenken den Veranstaltern mit: „Werk und Künstler*innen zu trennen, ist aus unserer Sicht nicht zeitgemäß und in dem besonderen Fall Axel Krause schlicht unmöglich“, hieß es in ihrer Stellungnahme. Die Einladung Krauses könne „als Zeichen der Nähe und die Teilnahme der anderen eingeladenen Künstler*innen als Einverständnis mit seinen politischen Positionen gewertet werden“. Für die Eröffnung hatten sie Protestaktionen geplant. Die Absage der Ausstellung bedauern die Künstler. „Sie erscheint uns nicht richtig und überstürzt.“
Es ging tatsächlich sehr schnell. Am Freitag reagierten die Veranstalter auf die Proteste und luden Krause wieder aus, da seine öffentlichen Äußerungen den „ethischen Grundsätzen unseres Vereins“ widersprächen: „Politische Neutralität erweist sich in diesen Zeiten als unmöglich. Der Verein bekennt sich zur Freiheit der Kunst.“
Notgedrungene Absage
Ein Tag später dann die Absage der ganzen Ausstellung. „Der komplett ehrenamtlich arbeitende Verein sieht sich nicht in der Lage, einen Veranstaltungsablauf wie in den vergangenen 25 Jahren zu gewährleisten“, lautete die Begründung. „Zudem ist Vereinsmitgliedern, ausstellenden Künstlern, Förderern und Besuchern die insbesondere in den letzten beiden Tagen stark politisierte und aufgeheizte Situation nicht zuzumuten.“
Auch der eingeladene Künstler Felix Leffrank sagte gegenüber der taz, er halte die Absage der Ausstellung für die „einzige politisch verantwortungsbewusste Möglichkeit, aus der Situation irgendwie herauszukommen.“
Profitieren wird von der ganzen Diskussion wohl vor allem Axel Krause. Er wurde schon nach der Trennung der Galerie von den Rechten hofiert, bekam große Aufmerksamkeit und neue Ausstellungen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Humanitäre Lage im Gazastreifen
Neue Straßen für Gaza – aber kaum humanitäre Güter