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Ein halbes Prozent mehr für die AfD

Die Leipziger Jahresausstellung findet jetzt doch statt – ohne Axel Krause. Dem kann das nur recht sein

Von Juliane Streich

Nun also doch. Nachdem der Vorstand der Leipziger Jahresausstellung (LJA) erst den Künstler Axel Krause eingeladen, dann ausgeladen hatte, dann zurückgetreten war und die ganze Ausstellung abgesagt hatte, hat er sie nun wieder angekündigt. Allerdings ohne Axel Krause. Der Künstler ist AfD-Anhänger und Anlass des ganzen Hickhacks über die Frage, wie die Kunst mit Rechten umgehen solle. Sie wird seit einer Woche in Leipzig immer wieder anders beantwortet.

Ein Großteil der über 30 ausstellenden Künstler hatte die Entscheidung, die Veranstaltung abzusagen, als falsches Signal und als Fehler bezeichnet. „Es stimmt uns traurig und nachdenklich, dass der Leipziger Jahresausstellung e. V., der sich für Kunst und Kultur einsetzt, angesichts einer politisierten Situation keinen anderen Ausweg sieht, als das Feld zu räumen.“ Sie hatten den Verein in einer Stellungnahme aufgefordert, die Entscheidung zu überdenken und die LJA doch stattfinden zu lassen – was er jetzt auch tut. Die Künstler hatten schon im Vorfeld Protestaktionen während der Ausstellung angekündigt, als erstmals bekannt wurde, dass Krause teilnimmt, sie hatten aber weder zur Ausladung Krauses noch zur Absage der Ausstellung aufgerufen.

Die hat vor allem dem kritisierten Künstler zu viel Aufmerksamkeit verholfen. Er selbst finde es „etwas schade“, wenn er nun nicht mitmachen darf, doch es sei keineswegs schwerwiegend, zwei Bilder nicht zu zeigen, zumal die Bilder in so vielen Medien präsent sind, dass sie jeder Interessent schon gesehen habe. Denn tatsächlich führte die Absage zu einem breiten Medienecho von regionalen Zeitungen über 3sat bis zur Neuen Zürcher Zeitung – zu noch mehr Aufmerksamkeit also als vor einem Jahr, als sich die Galerie Kleindienst von dem Künstler wegen seiner AfD- und Pegida-freundlichen Meinungen trennte. Seitdem wird er vor allem von der rechten Szene hofiert, selbst die Artothek des Bundestags hat mit Unterstützung des AfD-Politikers Marc Jongen ein Gemälde von Krause gekauft. Mit ihm sitzt Krause im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung, deren Vorsitzende Erika Steinbach nun erklärte, dem Verein Jahresausstellung sei nicht an Kunst- und Meinungsfreiheit gelegen. Auch Krause schreibt auf Facebook, dass der Verein das Signal aussende, sich dem politischen Druck von links zu beugen. Vielleicht bringe sein Ausschluss der AfD einen halben Prozentpunkt bei den Landtagswahlen, überlegt er. „Da war mein Ausschluss dann doch nicht umsonst!“

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, Schirmherr der LJA, äußerte sich – auch auf taz-Anfrage – bislang nicht zu der Debatte. Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke sagte in einem Radiointerview mit MDR Kultur, es sei „symptomatisch für unsere Zeit, dass es so stark aufeinandertreffende Positionen gibt“. Diese sollten und müssten im öffentlichen Diskurs besprochen werden.

Den wird es nun auch geben. Bei einer Podiumsdiskussion, zu der allerdings nicht die LJA geladen hat, sondern das Leipziger Museum der Bildenden Künste, wird neben ausstellenden Künstlern und dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Leipziger Jahresausstellung, Rainer Schade, auch der Mann sitzen, der zu dem Hin und Her Anlass gegeben hat: Axel Krause.

Ab 12. Juni, Baumwollspinnerei Leipzig. Podiumsdiskussion: 11. Juni, 19 Uhr, MdBK Leipzig

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