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Vor dem 1. Mai in BerlinGut gelaunte Drohung am Rande

Innensenator und Polizeipräsidentin geben sich vor dem 1. Mai gelassen. Den Linken raten sie von Krawallen ab, auch mit Blick auf ein Hausprojekt.

Andreas Geisel und Barbara Slowik Foto: dpa

Berlin taz | Dass ein bevorstehender 1. Mai dem Berliner Innensenator Schweißperlen auf die Stirn treibt, muss schon länger her sein. Andreas Geisel (SPD) jedenfalls gab sich auf einer Pressekonferenz am Montag vor seinem dritten 1. Mai in politischer Verantwortung betont gelassen. Die Zeiten heftiger Straßenkämpfe sind vorbei, und dass die Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration auch in diesem Jahr nicht angemeldet wurde, hat auch schon fast Traditionscharakter.

Allen Hardlinern, die den Autonomen ihre angekündigte, aber nicht mit der Versammlungsbehörde abgesprochene Tour vom Wismarplatz durch Friedrichshain gern verbieten würden, erteilte er eine klare Absage. Vor auffällig vielen Mikrofonen privater Fernseh- und Radiostationen sagte Geisel: „Demos verbieten ist nicht unser Weg. Es gelten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ – unabhängig von einer Anmeldung. Dass es ihm damit ernst ist, zeigte seine weitere Begründung: „Wenn die Demokratie unter Druck steht, muss man dar­auf achten, dass sie attraktiv bleibt.“

Die Polizei werde laut Geisel und der Polizeipräsidentin Barbara Slowik an der Strategie der vergangenen Jahre festhalten: Kommunikation und Deeskalation einerseits, Großaufgebot und konsequentes Einschreiten bei Gewalt andererseits. 5.500 Beamte aus Berlin, aus sechs weiteren Bundesländern und von der Bundespolizei werden im Einsatz sein – etwas mehr als im vergangenen Jahr –, um 15 relevante Kundgebungen und Demos zu begleiten, darunter auch ein Bürgerfest der AfD in Pankow.

Eine Spitze in Richtung der Linksradikalen setzte Geisel, als er darauf verwies, dass die Polizei bei unangemeldeten Demonstrationen von vornherein filmen darf, anstatt wie bei anderen Veranstaltungen erst, wenn es zu Gewalt kommt. Möglichen Ausschreitungen vor allem rings um die Szenehochburg Rigaer Straße begegnete Geisel mit einer subtilen Drohung: Er verweist auf Verhandlungen des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und der Finanzverwaltung mit dem Eigentümer über den Fortbestand des räumungsbedrohten, queeren Hausprojekts Liebigstraße 34 und sagte: „Auseinandersetzungen am 1. Mai würden es schwieriger machen eine Lösung zu finden“.

Der 1. Mai im Livestream

Am 1. Mai werden in zahlreichen deutschen Städten wieder große Polizeieinsätze und politische Auseinandersetzungen erwartet. Die taz berichtet aus vier Orten im Periscope-Livestream.

Martin Kaul wird ab etwa 9 Uhr über den Periscope-Account der taz: @tazgezwitscher aus Erfurt berichten. Aus Berlin ab etwa 12 Uhr Jasmin Kalarickal über @taz_berlin, Katharina Schipkowski ab etwa 12 Uhr über @taznord aus Hamburg und Anett Selle ab dem Mittag aus Duisburg über ihren Periscope-Account @anettselle.

Schutz für die CG-Gruppe

Ob die Demo durch jenes Teilstück der Rigaer Straße laufen darf, an dem der Immobilienunternehmer Christoph Gröner (CG Gruppe) ein umstrittenes Wohnprojekt errichten lässt, werde, so Slowik, vom Einsatzleiter entschieden. Dass es dazu kommt ist unwahrscheinlich. Momentan ist die Straße an dieser Stelle mit einem Bauzaun komplett gesperrt; Geisel wies auf die beengten Verhältnisse hin.

Ein weiterer Tagesschwerpunkt wird die Demo im Grunewald – 900 Polizisten sollen das Villenviertel schützen. Die Polizeipräsidentin freute sich über eine Ankündigung der Organisatoren, mit Anwohnern ins Gespräch kommen zu wollen und damit Gewalt zu begegnen. „Das begrüßen wir außerordentlich“, so Slowik ohne jede Ironie. Im vergangenen Jahr war es zu kleineren Sachbeschädigungen gekommen – in diesem Jahr kündigte das „Quartiersmanagement Grunewald“ an, die „Mai-Krawalle“ mit einem „Bürgerfest“ zu befrieden“.

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2 Kommentare

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  • Es ist schlimm, daß Gewalt mit Ansage in Berlin Jahr für Jahr hingenommen wird. So etwas ist einer Demokratie nichr würdig.

    • @Wellmann Juergen:

      Wer nimmt denn die Gewalt in Berlin Jahr für Jahr hin bitteschön? Ich wohne seit mehr als 30 Jahren in Kreuzberg und kann ihnen sagen, dass sehr viel zur Gewaltprävention getan wurde und getan wird. Dass man Gewalt hinnimmt ist doch wohl lediglich eine Behauptung ihrerseits. Unwürdig für eine Demokratie sind pauschale Verbote und Einschränkungen von Bürgerrechten wie dem Recht auf Demonstrationen und Versammlungen. Dass diese Rechte auch missbraucht werden können, ohne dass man sie nach einem Missbrauch einschränkt ist eben genau ein Merkmal einer funktionierenden Demokratie und deren Verfassung.