Tarik Tesfu startet Show im Südblock: „Ich bin der Heimathorst der Herzen“
Tarik Tesfu geht es um Themen wie Feminismus, Rassismus und Schokoriegel. Seine Late-Night-Show im Südblock verspricht Empowerment-Kuscheln.
taz: Herr Tesfu, am Freitag startet die „Trallafitti-Show“ im Südblock. Was bitte ist Trallafitti?
Tarik Tesfu: Ich komme aus dem Ruhrgebiet, ausm Pott, und meine Oma hat mich, wenn ich am Wochenende aus war, immer gefragt: „Na Junge, waa’se wieder auf trallafitti?“ Das bedeutet ausgehen, Party machen, Spaß haben. Also genau das, was ich vorhabe. Wenn man mal guckt, wer macht in Deutschland Late Night, dann passt mein Gesicht da überhaupt nicht rein. Alles heterosexuelle weiße Männer! Stefan Raab, Harald Schmidt, Jan Böhmermann sind Typen, die in meinen Augen viele Dinge aus einer sehr privilegierten Attitüde heraus machen. Da fühle ich mich gar nicht abgeholt. Das ist auch nicht mein Humor. Es sind unfassbar viele Menschen, die nicht abgeholt werden, und ich habe halt Bock, das ein bisschen anders zu machen.
Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich trat erstmals im Dezember 2018 in der Kreuzberger Blogfabrik mit einer Showidee auf, die „Kartoffelsalat“ hieß.
„Kartoffelsalat“, auch schön. Ging es um, lassen Sie mich raten: Kartoffeln?
Eher um Rassismus. Es ging viel um die AfD, weil sie den Weihnachtskalender mit den AfD-Männern herausbrachte, mit dem Hashtag „Weiße Weihnachten“, und um einen Werbeclip einer bekannten Wurstmarke, wo man am Tisch für zwei Sekunden einen Schwarzen sitzen sieht, der am Tisch mitisst. Ein AfD-Politiker hat sich darüber echauffiert, wie ein Traditionshaus wie diese Wurstmarke da jetzt einen Schwarzen hinpacken kann. Dumme Sachen, die habe ich gezeigt und kommentiert. Im Vorfeld fragte ich mich, kann ich das überhaupt, Leute offline entertainen? Weil ich durch meine Videos die Leute nie sehe, da kriege ich wenig mit. Und ich dachte: Probieren wir’s mal. 200 Leute kamen, es war bumsvoll. Das war meine Feuertaufe.
Sie sind Moderator in einem jungen Format bei Funk, hatten mit „Genderkrise“eine eigenen YouTube-Kanal, werden als Referent für Jugendkulturen im Netz gebucht …
Genau. Und seit dem letzten Jahr bin ich Heimatminister.
Ach?
Wenn Deutschland ein Heimatministerium braucht, dann muss der Heimatminister doch Tarik Tesfu heißen. Ansonsten funktioniert die Nummer nicht. Ich bin der Heimathorst der Herzen.
Late-Night-Talk Die „Trallafitti-Show“ startet am 26. April um 22 Uhr im Südblock, in der Admiralstr. 1–2 in Kreuzberg. Eingeladen sind Rapperin Sokee und Moderatorin Esra Karakaya. Die Show dauert etwa eine Stunde, der Eintritt ist frei. Die Show soll künftig regelmäßig stattfinden. (taz)
Dann darf ich fragen, Herr Minister, was Sie in Ihrer Amtszeit erreichen wollen?
Ich werde das Heimatministerium einfach abschaffen. Heimat ist so vielfältig. Das kann kaum über ein Ministerium geregelt werden, was zur Heimat gehört und was eben nicht.
Bevor Sie Heimathorst der Herzen wurden, wurden Sie 2015 mit der wöchentlichen Kolumne „Tariks Genderkrise“ in den sozialen Medien bekannt. Was genau wurde da verhandelt?
Das waren kurze Videos zum Thema Feminismus. Ich war sehr genervt von den ausschließlich akademischen Diskursen darüber. Ich habe das ja studiert. Judith Butler zum Beispiel: tolle Wissenschaftlerin, aber wer versteht’s? Kein Mensch. Auch nicht die, die im Genderseminar hocken. Und ich habe mich da als Übersetzer gesehen. Ich finde, feministische Themen gehören in den Mainstream. Jeder Mensch sollte sich eigentlich als Feminist*in bezeichnen – weil es eben nicht nur um die Gleichberechtigung von Frauen geht, sondern um die Gleichberechtigung aller Geschlechter. Es geht für mich auch immer um Rassismus, Sexismus und Homophobie. Diese Dinge, die mich im Alltag stören, habe ich humoristisch aufgearbeitet.
Sie engagieren sich sehr gegen den Hass im Netz …
Ich habe vergangenes Jahr viel zum Thema Hate Speech gemacht, mache das aber gar nicht mehr.
Warum?
Ich möchte nicht als der wahrgenommen werden, der Hasskommentare abbekommt, sondern ich mache halt Content und da geht es um Rassismus. Ich brauche den Begriff „Hate Speech“ nicht. Denn es geht um Rassismus und um Homofeindlichkeit. Da brauche ich keinen neuen Begriff, der suggeriert, das wäre etwas Neues, weil es im Netz passiert. Leute, die mich im Netz rassistisch beleidigen, finden mich auf der Straße auch nicht toll. Deswegen habe ich mich davon emanzipiert. Und ich möchte den Hassenden nicht das Recht geben zu bestimmen, wie meine Laune sein soll. Meine Energie stecke ich in meine Arbeit.
Apropos Arbeit. Was erwartet das Publikum in der Trallafitti-Show?
Es wird Drinks geben, auf jeden Fall. Weil meine zwei Gäst*innen zu Beginn ihren Lieblingssnack und ihren Lieblingsdrink bekommen. Und wir werden dann ein wenig über Do’s and Dont’s bei Snacks quatschen.
Ausgebildet als Erzieher, studierte Tarik Tesfu Medienwissenschaften und Gender Studies. Er kreierte die vielbeachtete wöchentliche Meinungskolumne „Genderkrise“ auf YouTube und Facebook. Seit 2017 moderiert er regelmäßig die Sendung „Jäger & Sammler“ im Jugendkanal der ARD und ZDF, Funk. Mit seiner „Trallafitti-Show“ im Südblock wagt er sich jetzt auch auf die Bühne und vor Publikum.
Und die wären?
Bounty zum Beispiel geht gar nicht. Aber ich liebe Snickers. Noch besser ist ja das Eis.
Okay. Und wie weiter?
Dann wählen wir zusammen den „Horst des Monats“! Aber auch die „Whitney des Monats“, also eine Person, eine NGO, die geilen Scheiß macht und Aufmerksamkeit verdient. Toll wird auch der Auftritt der „Parallelgesellschaft“, eine Lesebühne mit tollen Autor*innen, die kurze Texte vortragen und Musik machen.
Aber es gibt keine kontroversen Diskussionen bei der Late-Night-Show?
Ich habe keinen Bock auf kontroverse Diskussionen. Es wird Stunk geben, weil ich die Gesellschaft kritisiere. Aber ich möchte in der Show und mit meinen Gäst*innen eine schöne Zeit haben. Ich will Leute empowern. All die schlimmen Dinge passieren eh in unserem Alltag und es gibt so viele coole Menschen, die einfach nicht sichtbar sind. Mit Rechten reden, darauf habe ich keinen Bock. Wenn die Leute unbedingt die AfD wählen wollen, dann bitte, aber geht mir nicht auf den Keks. Ich kümmere mich um die 87 Prozent, die nicht die AfD wählen, und gucke, dass die die weiterhin nicht wählen.
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