: Die Debatte erzwingen
Linke fordert Maßnahmen, um die Lage für Kinder in Schutzhäusern zu verbessern. Security soll dort weg
Michael Lezius, Yagmur-Stiftung
Von Kaija Kutter
Der in Hamburg übliche Einsatz von Security in der Jugendhilfe ist bundesweit wohl einmalig, aber eine Debatte darum im Fachausschuss wurde von SPD und Grünen bisher abgeblockt. Nachdem Recherchen von der Fraktion „Die Linke“ und der taz ergaben, dass ein Wachdienst sogar in Kinderschutzgruppen eingesetzt wird, will die Linke die Diskussion mit einem Antrag an die Bürgerschaft erzwingen.
Die Zustände in Hamburgs Kinderschutzhäusern seien insgesamt „nicht optimal“, sagt die Linke Sabine Boeddinghaus. Die Stadt baute zwar kräftig die Plätze aus, von ursprünglich 40 auf zuletzt 106, dennoch seien die Kinder mit im Schnitt drei Monaten und bis zu 191 Tagen zu lange in den Häusern, die eigentlich nur dafür da sind, in Obhut genommenen Kindern bis zur Klärung ihrer Lage ein „Übergangszuhause“ zu bieten. Auch sei dort die Fluktuation beim Personal zu hoch. „Die Kinderschutzhäuser haben massive Probleme“, sagt Boeddinghaus, aber Security sei „keine Lösung“.
In dem Antrag, der Ende April debattiert werden soll, schlägt die Linke nun ein ganzes Paket vor, um die Situation zu entspannen. So soll die Prävention verbessert werden, durch neue Erziehungsberatungsstellen und Familienzentren in den Bezirken, die verhindern sollen, dass sich die Lage in den Familien so zuspitzt, dass Kinder herausgenommen werden. Ferner soll es mehr Alternativen zu Kinderschutzhäusern geben. Stattdessen sollten Eltern und Kind gemeinsam in einer betreuten Einrichtung leben. Für sehr kleine Kinder soll es mehr Bereitschaftspflegestellen in Privathaushalten geben.
Und schließlich bräuchte man höhere Personalschlüssel für die Schutzhäuser. Eine Anfrage hatte ergeben, dass es seit 2016 bei insgesamt 114 Mitarbeitern 72 Personalwechsel gab. Dem solle man nun mit einem „systematischen Einarbeitungskonzept“ begegnen, so der Linken-Antrag. Und schließlich fordert Die Linke einen Verzicht auf die Security-Kräfte, die seit Oktober 21-mal zum Einsatz kamen und Kinder festhielten, darunter auch Vierjährige.
Die Linke hat jetzt mit dem Gründer der Yagmur-Stiftung, Michael Lezius, einen prominenten Fürsprecher erhalten. Dass kostengünstige Security-Dienste bei fehlender „pädagogischer Zugänglichkeit“ in den Kinderschutzhäusern eingesetzt werden, „ist ein unhaltbarer Zustand“, sagt er in einem Statement. Doch er stellt sich generell die Frage, ob Kinderschutzhäuser noch zeitgemäß sind oder nicht gar „kindeswohlgefährdend“. Denn die seien geprägt von der Arbeitswelt. „Der Drei- oder Zweischichtbetrieb ist üblich“, schreibt Lezius. „Ständig gibt es über Tag und Nacht verteilt andere Personen als Betreuer für das Kind. Wie soll sich da ein Baby, ein Dreijähriger oder eine Siebenjährige an eine Bezugsperson binden?“, fragt der Gründer der Stiftung, die an die 2013 ermordete Yagmur erinnert und deren Ziel es ist, Kinder besser zu schützen. Es dürfe nicht angehen, dass die Kinder länger als die empfohlenen drei Monate dort verweilen.
Derweil haben die Jugendpolitiker von SPD und Grünen, Uwe Lohmann und Anna Gallina, den Security-Einsatz verteidigt, da diese nicht pädagogisch agierten und ihr Einsatz „nur in seltenen Einzelfallsituationen“ und zur Sicherung der körperlichen Unversehrtheit von Kindern und Personal notwendig wäre. Einer „sachlichen Debatte“ im Familienausschuss über dieses Thema, würden die beiden Fraktionen sich „nicht verschließen“.
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